Vom 15.5.1871, RGBl. S. 127
BGBl III 450-2
In der Fassung der Bekanntmachung
vom 13.11.1998, BGBl I S. 3322
Zuletzt geändert durch
Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes vom
11.8.1999, BGBl I S. 1818
Allgemeiner Teil
Zweiter Abschnitt
Erster Titel
Die Tat
Grundlagen der Strafbarkeit
§ 13 Begehen durch Unterlassen
(1) 1Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum
Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur
dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß
der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung
des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.
(2) 1Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
§ 14 Handeln für einen anderen
(1) 1Handelt jemand
1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder
als Mitglied eines solchen Organs,
2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft
oder
3. als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften,
Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale)
die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn
diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.
(2) 1Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu
Befugten
1. beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2. ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben
wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem
besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch
auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm,
aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. 2Dem Betrieb im Sinne des
Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. 3Handelt jemand auf Grund eines
entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.
(3) 1Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.
§ 15 Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz
fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.
§ 16 Irrtum über Tatumstände
(1) 1Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen
Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. 2Die Strafbarkeit
wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.
(2) 1Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.
§ 17 Verbotsirrtum
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu
tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.
2Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach §
49 Abs. 1 gemildert werden.
§ 18 Schwerere Strafe bei besonderen Tatfolgen
Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere
Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm
hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt.
§ 19 Schuldunfähigkeit des Kindes
1Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn
Jahre alt ist.
§ 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften
seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung
oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit
unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht
zu handeln.
§ 21 Verminderte Schuldfähigkeit
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen
oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten
Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe
nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Zweiter Titel
Versuch
§ 22 Begriffsbestimmung
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur
Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
§ 23 Strafbarkeit des Versuchs
(1) 1Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch
eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) 1Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) 1Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
§ 24 Rücktritt
(1) 1Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere
Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. 2Wird
die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er
straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung
zu verhindern.
(2) 1Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht
bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. 2Jedoch genügt
zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen,
die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet
oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
Dritter Titel
Täterschaft und Teilnahme
§ 25 Täterschaft
(1) 1Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch
einen anderen begeht.
(2) 1Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).
§ 26 Anstiftung
Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich
einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat
bestimmt hat.
§ 27 Beihilfe
(1) 1Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen
zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet
hat.
(2) 1Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. 2Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
§ 28 Besondere persönliche Merkmale
(1) 1Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Absatz 1),
welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer
(Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu
mildern.
(2) 1Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.
§ 29 Selbständige Strafbarkeit des Beteiligten
Jeder Beteiligte wird ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen
nach seiner Schuld bestraft.
§ 30 Versuch der Beteiligung
(1) 1Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen
oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch
des Verbrechens bestraft. 2Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1
zu mildern. 3§ 23 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) 1Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.
§ 31 Rücktritt vom Versuch der Beteiligung
(1) 1Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig
1. den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen,
und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet,
2. nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein
Vorhaben aufgibt oder,
3. nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen
zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.
(2) 1Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird
sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt
zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen,
die Tat zu verhindern.
Vierter Titel
Notwehr und Notstand
§ 32 Notwehr
(1) 1Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht
rechtswidrig.
(2) 1Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
§ 33 Überschreitung der Notwehr
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung,
Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.
§ 34 Rechtfertigender Notstand
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für
Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat
begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht
rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich
der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren,
das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt.
2Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die
Gefahr abzuwenden.
§ 35 Entschuldigender Notstand
(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr
für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die
Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden
Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter
nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht
hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet
werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach §
49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht
auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.
(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an,
welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann
bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. 2Die Strafe ist nach §
49 Abs. 1 zu mildern.
Fünfter Titel
Straflosigkeit parlamentarischer Äußerungen
und Berichte
§ 36 Parlamentarische Äußerungen
Mitglieder des Bundestages, der Bundesversammlung oder eines Gesetzgebungsorgans
eines Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen
einer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder in einem
ihrer Ausschüsse getan haben, außerhalb der Körperschaft
zur Verantwortung gezogen werden. 2Dies gilt nicht für verleumderische
Beleidigungen.
§ 37 Parlamentarische Berichte
Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen
der in § 36 bezeichneten Körperschaften oder ihrer Ausschüsse
bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.