Vom 15.5.1871, RGBl. S. 127
BGBl III 450-2
In der Fassung der Bekanntmachung
vom 13.11.1998, BGBl I S. 3322
Zuletzt geändert durch
Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes vom
11.8.1999, BGBl I S. 1818
Besonderer Teil
Zweiter Abschnitt
Landesverrat und Gefährdung
der äußeren Sicherheit
§ 93 Begriff des Staatsgeheimnisses
(1) 1Staatsgeheimnisse sind Tatsachen, Gegenstände
oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich
sind und vor einer fremden Macht geheimgehalten werden müssen, um
die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit
der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden.
(2) 1Tatsachen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder unter Geheimhaltung gegenüber den Vertragspartnern der Bundesrepublik Deutschland gegen zwischenstaatlich vereinbarte Rüstungsbeschränkungen verstoßen, sind keine Staatsgeheimnisse.
§ 94 Landesverrat
(1) 1Wer ein Staatsgeheimnis
1. einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner
mitteilt oder
2. sonst an einen Unbefugten gelangen läßt
oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland zu
benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen,
und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils
für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland
herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) 1In besonders schweren Fällen ist die
Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter fünf
Jahren. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. eine verantwortliche Stellung mißbraucht,
die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet, oder
2. durch die Tat die Gefahr eines besonders schweren
Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland herbeiführt.
§ 95 Offenbaren von Staatsgeheimnissen
(1) 1Wer ein Staatsgeheimnis, das von einer amtlichen
Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten wird, an einen Unbefugten
gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch
die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit
der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe
von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wenn die Tat nicht
in § 94 mit Strafe bedroht ist.
(2) 1Der Versuch ist strafbar.
(3) 1In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. 2§ 94 Absatz 2 Satz 2 ist anzuwenden.
§ 96 Landesverräterische Ausspähung;
Auskundschaften von Staatsgeheimnissen
(1) 1Wer sich ein Staatsgeheimnis verschafft,
um es zu verraten (§ 94), wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr
bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) 1Wer sich ein Staatsgeheimnis, das von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten wird, verschafft, um es zu offenbaren (§ 95), wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2Der Versuch ist strafbar.
§ 97 Preisgabe von Staatsgeheimnissen
(1) 1Wer ein Staatsgeheimnis, das von einer amtlichen
Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten wird, an einen Unbefugten
gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch
fahrlässig die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere
Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verursacht, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) 1Wer ein Staatsgeheimnis, das von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten wird und das ihm kraft seines Amtes, seiner Dienststellung oder eines von einer amtlichen Stelle erteilten Auftrags zugänglich war, leichtfertig an einen Unbefugten gelangen läßt und dadurch fahrlässig die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) 1Die Tat wird nur mit Ermächtigung der Bundesregierung verfolgt.
§ 97a Verrat illegaler Geheimnisse
1Wer ein Geheimnis, das wegen eines der in §
93 Abs. 2 bezeichneten Verstöße kein Staatsgeheimnis ist, einer
fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt und dadurch
die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit
der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird wie ein Landesverräter
(§ 94) bestraft. 2§ 96 Abs. 1 in Verbindung mit § 94 Abs.
1 Nr. 1 ist auf Geheimnisse der in Satz 1 bezeichneten Art entsprechend
anzuwenden.
§ 97b Verrat in irriger Annahme
eines illegalen Geheimnisses
(1) 1Handelt der Täter in den Fällen
der §§ 94 bis 97 in der irrigen Annahme, das Staatsgeheimnis
sei ein Geheimnis der in § 97a bezeichneten Art, so wird er, wenn
1. dieser Irrtum ihm vorzuwerfen ist,
2. er nicht in der Absicht handelt, dem vermeintlichen
Verstoß entgegenzuwirken, oder
3. die Tat nach den Umständen kein angemessenes
Mittel zu diesem Zweck ist,
nach den bezeichneten Vorschriften bestraft.
2Die Tat ist in der Regel kein angemessenes Mittel, wenn der Täter
nicht zuvor ein Mitglied des Bundestages um Abhilfe angerufen hat.
(2) 1War dem Täter als Amtsträger oder als Soldat der Bundeswehr das Staatsgeheimnis dienstlich anvertraut oder zugänglich, so wird er auch dann bestraft, wenn nicht zuvor der Amtsträger einen Dienstvorgesetzten, der Soldat einen Disziplinarvorgesetzten um Abhilfe angerufen hat. 2Dies gilt für die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten und für Personen, die im Sinne des § 353b Abs. 2 verpflichtet worden sind, sinngemäß.
§ 98 Landesverräterische Agententätigkeit
(1) 1Wer
1. für eine fremde Macht eine Tätigkeit
ausübt, die auf die Erlangung oder Mitteilung von Staatsgeheimnissen
gerichtet ist, oder
2. gegenüber einer fremden Macht oder einem
ihrer Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder §
96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist. 2In besonders schweren Fällen ist
die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren; § 94
Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 gilt entsprechend.
(2) 1Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter freiwillig sein Verhalten aufgibt und sein Wissen einer Dienststelle offenbart. 2Ist der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 von der fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner zu seinem Verhalten gedrängt worden, so wird er nach dieser Vorschrift nicht bestraft, wenn er freiwillig sein Verhalten aufgibt und sein Wissen unverzüglich einer Dienststelle offenbart.
§ 99 Geheimdienstliche Agententätigkeit
(1) 1Wer
1. für den Geheimdienst einer fremden Macht
eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland
ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen
oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2. gegenüber dem Geheimdienst einer fremden
Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit
bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder §
96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94
oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.
(2) 1In besonders schweren Fällen ist die
Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. 2Ein besonders
schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände
oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung
geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er
1. eine verantwortliche Stellung mißbraucht,
die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2. durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils
für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.
(3) 1§ 98 Abs. 2 gilt entsprechend.
§ 100 Friedensgefährdende Beziehungen
(1) 1Wer als Deutscher, der seine Lebensgrundlage
im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, in der Absicht,
einen Krieg oder ein bewaffnetes Unternehmen gegen die Bundesrepublik Deutschland
herbeizuführen, zu einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb
des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes oder zu einem ihrer
Mittelsmänner Beziehungen aufnimmt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe
nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) 1In besonders schweren Fällen ist die
Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter fünf
Jahren. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
durch die Tat eine schwere Gefahr für den Bestand der Bundesrepublik
Deutschland herbeiführt.
(3) 1In minder schweren Fällen ist die Strafe
Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren.
§ 100a Landesverräterische
Fälschung
(1) 1Wer wider besseres Wissen gefälschte
oder verfälschte Gegenstände, Nachrichten darüber oder unwahre
Behauptungen tatsächlicher Art, die im Falle ihrer Echtheit oder Wahrheit
für die äußere Sicherheit oder die Beziehungen der Bundesrepublik
Deutschland zu einer fremden Macht von Bedeutung wären, an einen anderen
gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht, um einer fremden
Macht vorzutäuschen, daß es sich um echte Gegenstände oder
um Tatsachen handele, und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für
die äußere Sicherheit oder die Beziehungen der Bundesrepublik
Deutschland zu einer fremden Macht herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe
von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) 1Ebenso wird bestraft, wer solche Gegenstände durch Fälschung oder Verfälschung herstellt oder sie sich verschafft, um sie in der in Absatz 1 bezeichneten Weise zur Täuschung einer fremden Macht an einen anderen gelangen zu lassen oder öffentlich bekanntzumachen und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit oder die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu einer fremden Macht herbeizuführen.
(3) 1Der Versuch ist strafbar.
(4) 1In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter durch die Tat einen besonders schweren Nachteil für die äußere Sicherheit oder die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu einer fremden Macht herbeiführt.
§ 101 Nebenfolgen
1Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs
Monaten wegen einer vorsätzlichen Straftat nach diesem Abschnitt kann
das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden,
die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und
das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu
stimmen, aberkennen (§ 45 Abs. 2 und 5).
§ 101a Einziehung
Ist eine Straftat nach diesem Abschnitt begangen
worden, so können
1. Gegenstände, die durch die Tat hervorgebracht
oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt
gewesen sind, und
2. Gegenstände, die Staatsgeheimnisse sind,
und Gegenstände der in § 100a bezeichneten Art, auf die sich
die Tat bezieht,
eingezogen werden. 2§ 74a ist anzuwenden.
3Gegenstände der in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Art werden auch ohne
die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 eingezogen, wenn dies erforderlich
ist, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere
Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden; dies gilt auch dann,
wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat.