Vom 15.5.1871, RGBl. S. 127
BGBl III 450-2
In der Fassung der Bekanntmachung
vom 13.11.1998, BGBl I S. 3322
Zuletzt geändert durch
Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes vom
11.8.1999, BGBl I S. 1818
Besonderer Teil
Vierter Abschnitt
Straftaten gegen Verfassunsorgane sowie bei Wahlen
und Abstimmungen
§ 105 Nötigung von Verfassungsorganen
(1) Wer
1. ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder einen seiner
Ausschüsse,
2. die Bundesversammlung oder einen ihrer Ausschüsse oder
3. die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines
Landes
rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt nötigt,
ihre Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
§ 106 Nötigung des Bundespräsidenten und von
Mitgliedern eines Verfassungsorgans
(1) Wer
1. den Bundespräsidenten oder
2. ein Mitglied
a) eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes,
b) der Bundesversammlung oder
c) der Regierung oder des Verfassungsgerichts des Bundes oder
eines Landes
rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, seine Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) 1Der Versuch ist strafbar.
(3) 1In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
§ 106a (aufgehoben)
§ 106b Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans
(1) 1Wer gegen Anordnungen verstößt, die ein Gesetzgebungsorgan
des Bundes oder eines Landes oder sein Präsident über die Sicherheit
und Ordnung im Gebäude des Gesetzgebungsorgans oder auf dem dazugehörenden
Grundstück allgemein oder im Einzelfall erläßt, und dadurch
die Tätigkeit des Gesetzgebungsorgans hindert oder stört, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) 1Die Strafvorschrift des Absatzes 1 gilt bei Anordnungen eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder des Bundestages noch für die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre Beauftragten, bei Anordnungen eines Gesetzgebungsorgans eines Landes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder der Gesetzgebungsorgane dieses Landes noch für die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten.
§ 107 Wahlbehinderung
(1) 1Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt eine Wahl oder die
Feststellung ihres Ergebnisses verhindert oder stört, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe, in besonders schweren Fällen
mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) 1Der Versuch ist strafbar.
§ 107a Wahlfälschung
(1) 1Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer
Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) 1Ebenso wird bestraft, wer das Ergebnis einer Wahl unrichtig verkündet oder verkünden läßt.
(3) 1Der Versuch ist strafbar.
§ 107b Fälschung von Wahlunterlagen
(1) Wer
1. seine Eintragung in die Wählerliste (Wahlkartei) durch falsche
Angaben erwirkt,
2. einen anderen als Wähler einträgt, von dem er weiß,
daß er keinen Anspruch auf Eintragung hat,
3. die Eintragung eines Wahlberechtigten als Wähler verhindert,
obwohl er dessen Wahlberechtigung kennt,
4. sich als Bewerber für eine Wahl aufstellen läßt,
obwohl er nicht wählbar ist,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis
zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft, wenn die Tat nicht in anderen
Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) 1Der Eintragung in die Wählerliste als Wähler entspricht die Ausstellung der Wahlunterlagen für die Urwahlen in der Sozialversicherung.
§ 107c Verletzung des Wahlgeheimnisses
Wer einer dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienenden Vorschrift in der
Absicht zuwiderhandelt, sich oder einem anderen Kenntnis davon zu verschaffen,
wie jemand gewählt hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 108 Wählernötigung
(1) 1Wer rechtswidrig mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen
Übel, durch Mißbrauch eines beruflichen oder wirtschaftlichen
Abhängigkeitsverhältnisses oder durch sonstigen wirtschaftlichen
Druck einen anderen nötigt oder hindert, zu wählen oder sein
Wahlrecht in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe, in besonders schweren Fällen
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) 1Der Versuch ist strafbar.
§ 108a Wählertäuschung
(1) 1Wer durch Täuschung bewirkt, daß jemand bei der Stimmabgabe
über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen
nicht oder ungültig wählt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) 1Der Versuch ist strafbar.
§ 108b Wählerbestechung
(1) 1Wer einem anderen dafür, daß er nicht oder in einem
bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht
oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
mit Geldstrafe bestraft.
(2) 1Ebenso wird bestraft, wer dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt.
§ 108c Nebenfolgen
Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer
Straftat nach den §§ 107, 107a, 108 und 108b kann das Gericht
die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und
das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu
stimmen, aberkennen (§ 45 Abs. 2 und 5).
§ 108d Geltungsbereich
Die §§ 107 bis 108c gelten für Wahlen zu den Volksvertretungen,
für die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, für
sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes im Bund, in den Ländern,
Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie für Urwahlen in der Sozialversicherung.
2Einer Wahl oder Abstimmung steht das Unterschreiben eines Wahlvorschlags
oder das Unterschreiben für ein Volksbegehren gleich.
§ 108e Abgeordnetenbestechung
(1) 1Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen
Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden
oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) 1Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer Straftat nach Absatz 1 kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.