Vom 15.5.1871, RGBl. S. 127
BGBl III 450-2
In der Fassung der Bekanntmachung
vom 13.11.1998, BGBl I S. 3322
Zuletzt geändert durch
Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes vom
11.8.1999, BGBl I S. 1818
Besonderer Teil
Sechzehnter Abschnitt
Straftaten gegen das Leben
§ 211 Mord
(1) 1Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) 1Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder
sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln
oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
§ 212 Totschlag
(1) 1Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird
als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) 1In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
§ 213 Minder schwerer Fall des Totschlags
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem
Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung
von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der
Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer
Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn
Jahren.
§§ 214 und 215 (weggefallen)
§ 216 Tötung auf Verlangen
(1) 1Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen
des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe
von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(2) 1Der Versuch ist strafbar.
§ 217 (weggefallen)
§ 218 Schwangerschaftsabbruch
(1) 1Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 2Handlungen, deren Wirkung
vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter
eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.
(2) 1In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe
von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. 2Ein besonders schwerer Fall
liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. gegen den Willen der Schwangeren handelt oder
2. leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung
der Schwangeren verursacht.
(3) 1Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(4) 1Der Versuch ist strafbar. 2Die Schwangere wird nicht wegen Versuchs bestraft.
§ 218a Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs
(1) 1Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn
1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt
durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat,
daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
2. der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
3. seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen
sind.
(2) 1Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.
(3) 1Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 179 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.
(4) 1Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. 2Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat.
§ 218b Schwangerschaftsabbruch ohne ärztliche Feststellung;
unrichtige ärztliche Feststellung
(1) 1Wer in den Fällen des § 218a Abs. 2 oder 3 eine Schwangerschaft
abbricht, ohne daß ihm die schriftliche Feststellung eines Arztes,
der nicht selbst den Schwangerschaftsabbruch vornimmt, darüber vorgelegen
hat, ob die Voraussetzungen des § 218a Abs. 2 oder 3 gegeben sind,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft,
wenn die Tat nicht in § 218 mit Strafe bedroht ist. 2Wer als Arzt
wider besseres Wissen eine unrichtige Feststellung über die Voraussetzungen
des § 218a Abs. 2 oder 3 zur Vorlage nach Satz 1 trifft, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die
Tat nicht in § 218 mit Strafe bedroht ist. 3Die Schwangere ist nicht
nach Satz 1 oder 2 strafbar.
(2) 1Ein Arzt darf Feststellungen nach § 218a Abs. 2 oder 3 nicht treffen, wenn ihm die zuständige Stelle dies untersagt hat, weil er wegen einer rechtswidrigen Tat nach Absatz 1, den §§ 218, 219a oder 219b oder wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die er im Zusammenhang mit einem Schwangerschaftsabbruch begangen hat, rechtskräftig verurteilt worden ist. 2Die zuständige Stelle kann einem Arzt vorläufig untersagen, Feststellungen nach § 218a Abs. 2 und 3 zu treffen, wenn gegen ihn wegen des Verdachts einer der in Satz 1 bezeichneten rechtswidrigen Taten das Hauptverfahren eröffnet worden ist.
§ 218c Ärztliche Pflichtverletzung bei einem Schwangerschaftsabbruch
(1) 1Wer eine Schwangerschaft abbricht,
1. ohne der Frau Gelegenheit gegeben zu haben, ihm die Gründe
für ihr Verlangen nach Abbruch der Schwangerschaft darzulegen,
2. ohne die Schwangere über die Bedeutung des Eingriffs, insbesondere
über Ablauf, Folgen, Risiken, mögliche physische und psychische
Auswirkungen ärztlich beraten zu haben,
3. ohne sich zuvor in den Fällen des § 218a Abs. 1 und 3
auf Grund ärztlicher Untersuchung von der Dauer der Schwangerschaft
überzeugt zu haben oder
4. obwohl er die Frau in einem Fall des § 218a Abs. 1 nach §
219 beraten hat,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft,
wenn die Tat nicht in § 218 mit Strafe bedroht ist.
(2) 1Die Schwangere ist nicht nach Absatz 1 strafbar.
§ 219 Beratung der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage
(1) 1Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. 2Sie hat
sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der
Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit
dem Kind zu eröffnen; sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und
gewissenhafte Entscheidung zu treffen. 3Dabei muß der Frau bewußt
sein, daß das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch
ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat und daß deshalb
nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen
in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine
Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich ist,
daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. 4Die Beratung
soll durch Rat und Hilfe dazu beitragen, die in Zusammenhang mit der Schwangerschaft
bestehende Konfliktlage zu bewältigen und einer Notlage abzuhelfen.
5Das Nähere regelt das Schwangerschaftskonfliktgesetz.
(2) 1Die Beratung hat nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz durch eine anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle zu erfolgen. 2Die Beratungsstelle hat der Schwangeren nach Abschluß der Beratung hierüber eine mit dem Datum des letzten Beratungsgesprächs und dem Namen der Schwangeren versehene Bescheinigung nach Maßgabe des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auszustellen. 3Der Arzt, der den Abbruch der Schwangerschaft vornimmt, ist als Berater ausgeschlossen.
§ 219a Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft
(1) 1Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten
von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder
in grob anstößiger Weise
1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines
Schwangerschaftsabbruchs oder
2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft
geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung
anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts
bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
(2) 1Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen.
(3) 1Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird.
§ 219b Inverkehrbringen von Mitteln zum Abbruch der Schwangerschaft
(1) 1Wer in der Absicht, rechtswidrige Taten nach § 218 zu fördern,
Mittel oder Gegenstände, die zum Schwangerschaftsabbruch geeignet
sind, in den Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) 1Die Teilnahme der Frau, die den Abbruch ihrer Schwangerschaft vorbereitet, ist nicht nach Absatz 1 strafbar.
(3) 1Mittel oder Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können eingezogen werden.
§ 220 (weggefallen)
§ 220a Völkermord
(1) 1Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse
oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe als solche ganz oder teilweise
zu zerstören,
1. Mitglieder der Gruppe tötet,
2. Mitgliedern der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden,
insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zufügt,
3. die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren
körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
4. Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe
verhindern sollen,
5. Kinder der Gruppe in eine andere Gruppe gewaltsam überführt,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) 1In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.
§ 221 Aussetzung
(1) 1Wer einen Menschen
1. in eine hilflose Lage versetzt oder
2. in einer hilflosen Lage im Stich läßt, obwohl er ihn
in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist,
und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung
aussetzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren
bestraft.
(2) 1Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen,
wenn der Täter
1. die Tat gegen sein Kind oder eine Person begeht, die ihm zur Erziehung
oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, oder
2. durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers
verursacht.
(3) 1Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(4) 1In minder schweren Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
§ 222 Fahrlässige Tötung
1Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.