Vom 1.2.1877, RGBl. S. 253
BGBl III 312-2
In der Fassung der Bekanntmachung vom 7.4.1987, BGBl I S. 1074, 1319
Zuletzt geändert durch Gesetz zur strafverfahrensrechtlichen
Verankerung
des Täter-Opfer-Ausgleichs und zur Änderung
des Gesetzes über Fernmeldeanlagen
vom 20.12.1999, BGBl I S. 2491
Erstes Buch
Allgemeine Vorschriften
Erster Abschnitt
Sachliche Zuständigkeit der Gerichte
§ 1 [Sachliche Zuständigkeit]
Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz
über die Gerichtsverfassung bestimmt.
§ 2 [Verbindung und Trennung zusammenhängender Sachen]
(1) 1Zusammenhängende Strafsachen, die einzeln zur Zuständigkeit
von Gerichten verschiedener Ordnung gehören würden,
können verbunden bei dem Gericht anhängig gemacht werden,
dem die höhere Zuständigkeit beiwohnt. 2Zusammenhängende
Strafsachen, von denen einzelne zur Zuständigkeit besonderer Strafkammern
nach § 74 Abs. 2 sowie den §§ 74a und 74c des
Gerichtsverfassungsgesetzes gehören würden, können verbunden
bei der Strafkammer anhängig gemacht werden, der nach §
74e des Gerichtsverfassungsgesetzes der Vorrang zukommt.
(2) 1Aus Gründen der Zweckmäßigkeit kann durch Beschluß
dieses Gerichts die Trennung der verbundenen Strafsachen
angeordnet werden.
§ 3 [Zusammenhang mehrerer Straftaten]
1Ein Zusammenhang ist vorhanden, wenn eine Person mehrerer Straftaten
beschuldigt wird oder wenn bei einer Tat mehrere
Personen als Täter, Teilnehmer oder der Begünstigung, Strafvereitelung
oder Hehlerei beschuldigt werden.
§ 4 [Verbindung oder Trennung rechtshängiger Sachen]
(1) 1Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener
Strafsachen kann auch nach Eröffnung des
Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten
oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß
angeordnet werden.
(2) 1Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer
Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören.
2Fehlt
ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.
§ 5 [Maßgebender Straffall]
Für die Dauer der Verbindung ist der Straffall, der zur Zuständigkeit
des Gerichts höherer Ordnung gehört, für das Verfahren
maßgebend.
§ 6 [Prüfung der sachlichen Zuständigkeit]
1Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des
Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.
§ 6a [Besondere Strafkammern]
Die Zuständigkeit besonderer Strafkammern nach den Vorschriften
des Gerichtsverfassungsgesetzes (§ 74 Abs. 2, §§ 74a,
74c des Gerichtsverfassungsgesetzes) prüft das Gericht bis zur
Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen. 2Danach darf
es seine Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten beachten.
3Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn
seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend machen.
Zweiter Abschnitt
Gerichtsstand
§ 7 [Gerichtsstand des Begehungsortes]
(1) 1Der Gerichtsstand ist bei dem Gericht begründet, in dessen
Bezirk die Straftat begangen ist.
(2) 1Wird die Straftat durch den Inhalt einer im Geltungsbereich dieses
Bundesgesetzes erschienenen Druckschrift verwirklicht,
so ist als das nach Absatz 1 zuständige Gericht nur das Gericht
anzusehen, in dessen Bezirk die Druckschrift erschienen ist.
Jedoch ist in den Fällen der Beleidigung, sofern die Verfolgung
im Wege der Privatklage stattfindet, auch das Gericht, in
dessen Bezirk die Druckschrift verbreitet worden ist, zuständig,
wenn in diesem Bezirk die beleidigte Person ihren Wohnsitz
oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
§ 8 [Gerichtsstand des Wohnsitzes oder Aufenthalsortes]
(1) 1Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in
dessen Bezirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der
Klage seinen Wohnsitz hat.
(2) 1Hat der Angeschuldigte keinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses
Bundesgesetzes, so wird der Gerichtsstand auch
durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort und, wenn ein solcher nicht
bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt.
§ 9 [Gerichtsstand des Ergreifungsortes]
Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen
Bezirk der Beschuldigte ergriffen worden ist.
§ 10 [Straftaten außerhalb des Geltungsbereiches]
(1) 1Ist die Straftat auf einem Schiff, das berechtigt ist, die Bundesflagge
zu führen, außerhalb des Geltungsbereichs dieses
Gesetzes begangen, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk
der Heimathafen oder der Hafen im Geltungsbereich dieses
Gesetzes liegt, den das Schiff nach der Tat zuerst erreicht.
(2) 1Absatz 1 gilt entsprechend für Luftfahrzeuge, die berechtigt
sind, das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik
Deutschland zu führen.
§ 10a [Gerichtsstand bei Straftaten im Bereich des Meeres]
1Ist für eine Straftat, die außerhalb des Geltungsbereichs
dieses Gesetzes im Bereich des Meeres begangen wird, ein
Gerichtsstand nicht begründet, so ist Hamburg Gerichtsstand; zuständiges
Amtsgericht ist das Amtsgericht Hamburg.
§ 11 [Gerichtsstand für Exterritoriale oder Beamte im Ausland]
(1) 1Deutsche, die das Recht der Exterritorialität genießen,
sowie die im Ausland angestellten Beamten des Bundes oder eines
deutschen Landes behalten hinsichtlich des Gerichtsstandes den Wohnsitz,
den sie im Inland hatten. 2Wenn sie einen solchen
Wohnsitz nicht hatten, so gilt der Sitz der Bundesregierung als ihr
Wohnsitz.
(2) 1Auf Wahlkonsuln sind diese Vorschriften nicht anzuwenden.
§ 12 [Zusammentreffen mehrerer Gerichtsstände]
(1) 1Unter mehreren nach den Vorschriften der §§ 7 bis 11
zuständigen Gerichten gebührt dem der Vorzug, das die
Untersuchung zuerst eröffnet hat.
(2) 1Jedoch kann die Untersuchung und Entscheidung einem anderen der
zuständigen Gerichte durch das gemeinschaftliche
obere Gericht übertragen werden.
§ 13 [Gerichtsstand des Zusammenhangs]
(1) 1Für zusammenhängende Strafsachen, die einzeln nach den
Vorschriften der §§ 7 bis 11 zur Zuständigkeit verschiedener
Gerichte gehören würden, ist ein Gerichtsstand bei jedem
Gericht begründet, das für eine der Strafsachen zuständig
ist.
(2) 1Sind mehrere zusammenhängende Strafsachen bei verschiedenen
Gerichten anhängig gemacht worden, so können sie
sämtlich oder zum Teil durch eine den Anträgen der Staatsanwaltschaft
entsprechende Vereinbarung dieser Gerichte bei einem
unter ihnen verbunden werden. 2Kommt eine solche Vereinbarung nicht
zustande, so entscheidet, wenn die Staatsanwaltschaft
oder ein Angeschuldigter hierauf anträgt, das gemeinschaftliche
obere Gericht darüber, ob und bei welchem Gericht die
Verbindung einzutreten hat.
(3) 1In gleicher Weise kann die Verbindung wieder aufgehoben werden.
§ 13a [Bestimmung der Zuständigkeit durch den BGH]
1Fehlt es im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes an einem zuständigen
Gericht oder ist dieses nicht ermittelt, so bestimmt
der Bundesgerichtshof das zuständige Gericht.
§ 14 [Streit über die Zuständigkeit]
1Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit,
so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das
Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen
hat.
§ 15 [Verhinderung des zuständigen Gerichts]
1Ist das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Falle an
der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich
verhindert oder ist von der Verhandlung vor diesem Gericht eine Gefährdung
der öffentlichen Sicherheit zu besorgen, so hat das
zunächst obere Gericht die Untersuchung und Entscheidung dem gleichstehenden
Gericht eines anderen Bezirks zu übertragen.
§ 16 [Einwand der Unzuständigkeit]
1Das Gericht prüft seine örtliche Zuständigkeit bis
zur Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen. 2Danach darf es
seine
Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten aussprechen. 3Der
Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn seiner
Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend machen.
§§ 17 bis 18 (weggefallen)
§ 19 [Bestimmung bei negativem Zuständigkeitsstreit]
1Haben mehrere Gerichte, von denen eines das zuständige ist, durch
Entscheidungen, die nicht mehr anfechtbar sind, ihre
Unzuständigkeit ausgesprochen, so bezeichnet das gemeinschaftliche
obere Gericht das zuständige Gericht.
§ 20 [Untersuchungshandlungen eines unzuständigen Gerichts]
1Die einzelnen Untersuchungshandlungen eines unzuständigen Gerichts
sind nicht schon dieser Unzuständigkeit wegen ungültig.
§ 21 [Untersuchungshandlungen bei Gefahr im Verzug]
Ein unzuständiges Gericht hat sich den innerhalb seines Bezirks
vorzunehmenden Untersuchungshandlungen zu unterziehen, bei
denen Gefahr im Verzug ist.
Dritter Abschnitt
Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen
§ 22 [Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes]
Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes
ausgeschlossen,
1. wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;
2. wenn er Ehegatte, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des
Verletzten ist oder gewesen ist;
3. wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader
Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis
zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert
ist oder war;
4. wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter,
als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger
tätig gewesen ist;
5. wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen
ist.
§ 23 [Mitwirkung in früheren Verfahren]
(1) 1Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen
Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei
der Entscheidung in einem höheren Rechtszuge kraft Gesetzes ausgeschlossen.
(2) 1Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme
des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt
hat, ist von der Mitwirkung bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren
kraft Gesetzes ausgeschlossen. 2Ist die
angefochtene Entscheidung in einem höheren Rechtszug ergangen,
so ist auch der Richter ausgeschlossen, der an der ihr
zugrunde liegenden Entscheidung in einem unteren Rechtszug mitgewirkt
hat. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die
Mitwirkung bei Entscheidungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens.
§ 24 [Ablehnung eines Richters]
(1) 1Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist,
als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) 1Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn
ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen
die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) 1Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger
und dem Beschuldigten zu. 2Den zur Ablehnung
Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung
berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.
§ 25 [Letzter Zeitpunkt der Ablehnung]
(1) 1Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
ist bis zum Beginn der Vernehmung des
ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse,
in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum
Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. 2Alle Ablehnungsgründe
sind gleichzeitig vorzubringen.
(2) 1Nach diesem Zeitpunkt darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn
1. die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird,
erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst
später bekanntgeworden sind und
2. die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr
zulässig.
§ 26 [Verfahren der Ablehnung]
(1) 1Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört,
anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu
Protokoll erklärt werden. 2§ 257a findet keine Anwendung.
(2) 1Der Ablehnungsgrund und in den Fällen des § 25 Abs. 2
die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens sind glaubhaft
zu machen. 2Der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen.
3Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des
abgelehnten Richters Bezug genommen werden.
(3) 1Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.
§ 26a [Unzulässigkeit der Ablehnung]
(1) 1Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig,
wenn
1. die Ablehnung verspätet ist,
2. ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht
angegeben wird oder
3. durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt
oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.
(2) 1Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1,
ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. 2Im Falle des
Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe
der Umstände, welche den Verwerfungsgrund
ergeben. 3Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter
im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter
abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung
als unzulässig zu verwerfen ist.
§ 27 [Zuständigkeit zur Entscheidung über die Ablehnung]
(1) 1Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet
über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der
Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.
(2) 1Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt,
so entscheidet die Strafkammer in der für
Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen
Besetzung.
(3) 1Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein
anderer Richter dieses Gerichts. 2Einer Entscheidung
bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für
begründet hält.
(4) 1Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des
abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet
das zunächst obere Gericht.
§ 28 [Rechtsmittel]
(1) 1Der Beschluß, durch den die Ablehnung für begründet
erklärt wird, ist nicht anfechtbar.
(2) 1Gegen den Beschluß, durch den die Ablehnung als unzulässig
verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ist
sofortige Beschwerde zulässig. 2Betrifft die Entscheidung einen
erkennenden Richter, so kann sie nur zusammen mit dem Urteil
angefochten werden.
§ 29 [Unaufschiebbare Handlungen]
(1) 1Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs
nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen
Aufschub gestatten.
(2) 1Wird ein Richter während der Hauptverhandlung abgelehnt und
würde die Entscheidung über die Ablehnung (§§ 26a,
27)
eine Unterbrechung der Hauptverhandlung erfordern, so kann diese so
lange fortgesetzt werden, bis eine Entscheidung über die
Ablehnung ohne Verzögerung der Hauptverhandlung möglich ist;
über die Ablehnung ist spätestens bis zum Beginn des
übernächsten Verhandlungstages und stets vor Beginn der Schlußvorträge
zu entscheiden. 2Wird die Ablehnung für begründet
erklärt und muß die Hauptverhandlung nicht deshalb ausgesetzt
werden, so ist ihr nach der Anbringung des Ablehnungsgesuchs
liegender Teil zu wiederholen; dies gilt nicht für solche Handlungen,
die keinen Aufschub gestatten. 3Nach Anbringung des
Ablehnungsgesuchs dürfen Entscheidungen, die auch außerhalb
der Hauptverhandlung ergehen können, unter Mitwirkung des
Abgelehnten nur getroffen werden, wenn sie keinen Aufschub gestatten.
§ 30 [Selbstanzeige des Richters]
1Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige
Gericht hat auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch
nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige
macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder
wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein
Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.
§ 31 [Schöffen, Urkundsbeamte, Protokollführer]
(1) 1Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für Schöffen
sowie für Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und andere als
Protokollführer zugezogene Personen entsprechend.
(2) 1Die Entscheidung trifft der Vorsitzende. 2Bei der großen
Strafkammer und beim Schwurgericht entscheiden die
richterlichen Mitglieder. 3Ist der Protokollführer einem Richter
beigegeben, so entscheidet dieser über die Ablehnung oder
Ausschließung.
§ 32 (weggefallen)
Vierter Abschnitt
Gerichtliche Entscheidungen und ihre Bekanntmachung
§ 33 [Anhörung der Beteiligten]
(1) 1Eine Entscheidung des Gerichts, die im Laufe einer Hauptverhandlung
ergeht, wird nach Anhörung der Beteiligten erlassen.
(2) 1Eine Entscheidung des Gerichts, die außerhalb einer Hauptverhandlung
ergeht, wird nach schriftlicher oder mündlicher
Erklärung der Staatsanwaltschaft erlassen.
(3) 1Bei einer in Absatz 2 bezeichneten Entscheidung ist ein anderer
Beteiligter zu hören, bevor zu seinem Nachteil Tatsachen
oder Beweisergebnisse, zu denen er noch nicht gehört worden ist,
verwertet werden.
(4) 1Bei Anordnung der Untersuchungshaft, der Beschlagnahme oder anderer
Maßnahmen ist Absatz 3 nicht anzuwenden,
wenn die vorherige Anhörung den Zweck der Anordnung gefährden
würde. 2Vorschriften, welche die Anhörung der Beteiligten
besonders regeln, werden durch Absatz 3 nicht berührt.
§ 33a [Nachholung der Anhörung]
Hat das Gericht in einem Beschluß zum Nachteil eines Beteiligten
Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen er
noch nicht gehört worden ist, und steht ihm gegen den Beschluß
keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, so hat es,
sofern der Nachteil noch besteht, von Amts wegen oder auf Antrag die
Anhörung nachzuholen und auf einen Antrag zu
entscheiden. 2Das Gericht kann seine Entscheidung auch ohne Antrag
ändern.
§ 34 [Begründung anfechtbarer oder ablehnender Entscheidungen]
1Die durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen sowie die,
durch welche ein Antrag abgelehnt wird, sind mit Gründen
zu versehen.
§ 34a [Eintritt der Rechtskraft]
Führt nach rechtzeitiger Einlegung eines Rechtsmittels ein Beschluß
unmittelbar die Rechtskraft der angefochtenen
Entscheidung herbei, so gilt die Rechtskraft als mit Ablauf des Tages
der Beschlußfassung eingetreten.
§ 35 [Bekanntmachung]
(1) 1Entscheidungen, die in Anwesenheit der davon betroffenen Personen
ergehen, werden ihr durch Verkündung
bekanntgemacht. 2Auf Verlangen ist ihr eine Abschrift zu erteilen.
(2) 1Andere Entscheidungen werden durch Zustellung bekanntgemacht. 2Wird
durch die Bekanntmachung der Entscheidung
keine Frist in Lauf gesetzt, so genügt formlose Mitteilung.
(3) 1Dem nicht auf freiem Fuß Befindlichen ist das zugestellte Schriftstück auf Verlangen vorzulesen.
§ 35a [Rechtsmittelbelehrung]
Bei der Bekanntmachung einer Entscheidung, die durch ein befristetes
Rechtsmittel angefochten werden kann, ist der
Betroffene über die Möglichkeiten der Anfechtung und die
dafür vorgeschriebenen Fristen und Formen zu belehren. 2Ist gegen
ein Urteil Berufung zulässig, so ist der Angeklagte auch über
die Rechtsfolgen des § 40 Abs. 3 und der §§ 329, 330 zu
belehren.
§ 36 [Zustellung und Vollstreckung]
(1) 1Die Zustellung von Entscheidungen ordnet der Vorsitzende an. 2Die
Geschäftsstelle sorgt dafür, daß die Zustellung
bewirkt wird.
(2) 1Entscheidungen, die der Vollstreckung bedürfen, sind der Staatsanwaltschaft
zu übergeben, die das Erforderliche
veranlaßt. 2Dies gilt nicht für Entscheidungen, welche die
Ordnung in den Sitzungen betreffen.
§ 37 [Zustellungsverfahren]
(1) 1Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die Vorschriften
der Zivilprozeßordnung entsprechend. 2Als Notfristen im Sinne
des § 187 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten die gesetzlichen
Fristen.
(2) 1Eine Zustellung im Ausland kann auch durch Einschreiben mit Rückschein
bewirkt werden, soweit aufgrund
völkerrechtlicher Vereinbarungen Schriftstücke unmittelbar
durch die Post übersandt werden dürfen.
(3) 1Wird die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere
Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die
Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.
§ 38 [Unmittelbare Ladung]
1Die bei dem Strafverfahren beteiligten Personen, denen die Befugnis
beigelegt ist, Zeugen und Sachverständige unmittelbar zu
laden, haben mit der Zustellung der Ladung den Gerichtsvollzieher zu
beauftragen.
§ 39 (weggefallen)
§ 40 [Öffentliche Zustellung]
(1) 1Kann eine Zustellung an einen Beschuldigten, dem eine Ladung zur
Hauptverhandlung noch nicht zugestellt war, nicht in
der vorgeschriebenen Weise im Inland bewirkt werden, und erscheint
die Befolgung der für Zustellungen im Ausland
bestehenden Vorschriften unausführbar oder voraussichtlich erfolglos,
so gilt die Zustellung als erfolgt, wenn der Inhalt des
zuzustellenden Schriftstücks durch ein deutsches oder ausländisches
Blatt bekanntgemacht worden ist und seit dem Erscheinen
dieses Blattes zwei Wochen verflossen sind oder wenn das zuzustellende
Schriftstück zwei Wochen an der Gerichtstafel des
Gerichts des ersten Rechtszuges angeheftet gewesen ist. 2Die Auswahl
des Blattes steht dem die Zustellung veranlassenden
Beamten zu.
(2) 1War die Ladung zur Hauptverhandlung dem Angeklagten schon vorher
zugestellt, so gilt eine weitere Zustellung an ihn,
wenn sie nicht in der vorgeschriebenen Weise im Inland bewirkt werden
kann, als erfolgt, sobald das zuzustellende Schriftstück
zwei Wochen an der Gerichtstafel des Gerichts des ersten Rechtszuges
angeheftet gewesen ist. 2Von Urteilen und Beschlüssen
wird nur der entscheidende Teil angeheftet.
(3) 1Die öffentliche Zustellung ist im Verfahren über eine
vom Angeklagten eingelegte Berufung bereits zulässig, wenn eine
Zustellung nicht unter einer Anschrift möglich ist, unter der
letztmals zugestellt wurde oder die der Angeklagte zuletzt angegeben
hat.
§ 41 [Zustellung an die Staatsanwaltschaft]
Zustellungen an die Staatsanwaltschaft erfolgen durch Vorlegung der
Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks. 2Wenn mit
der Zustellung der Lauf einer Frist beginnt, so ist der Tag der Vorlegung
von der Staatsanwaltschaft auf der Urschrift zu
vermerken.
Fünfter Abschnitt
Fristen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 42 [Tagesfristen]
Bei der Berechnung einer Frist, die nach Tagen bestimmt ist, wird der
Tag nicht mitgerechnet, auf den der Zeitpunkt oder das
Ereignis fällt, nach dem der Anfang der Frist sich richten soll.
§ 43 [Wochen- und Monatsfristen]
(1) 1Eine Frist, die nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, endet mit
Ablauf des Tages der letzten Woche oder des letzten
Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an
dem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag in dem
letzten Monat, so endet die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages
dieses Monats.
(2) 1Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen
Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit
Ablauf des nächsten Werktages.
§ 44 [Wiedereinsetzung in den vorigen Stand]
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so
ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren. 2Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist
als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den §§ 35a,
319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
§ 45 [Wiedereinsetzungsantrag]
(1) 1Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen
einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem
Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre.
2Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag
rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag
entscheidet.
(2) 1Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung
oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu
machen. 2Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung
nachzuholen. 3Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung
auch ohne Antrag gewährt werden.
§ 46 [Zuständigkeit und Rechtsmittel]
(1) 1Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger
Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen
gewesen wäre.
(2) 1Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.
(3) 1Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.
§ 47 [Keine Vollstreckungshemmung]
(1) 1Durch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird
die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung nicht
gehemmt.
(2) 1Das Gericht kann jedoch einen Aufschub der Vollstreckung anordnen.
Sechster Abschnitt
Zeugen
§ 48 [Ladung]
Die Ladung der Zeugen geschieht unter Hinweis auf die gesetzlichen
Folgen des Ausbleibens.
§ 49 [Vernehmung des Bundespräsidenten]
Der Bundespräsident ist in seiner Wohnung zu vernehmen. 2Zur Hauptverhandlung
wird er nicht geladen. 3Das Protokoll über
seine gerichtliche Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen.
§ 50 [Vernehmung von Parlamentariern oder Ministern]
(1) 1Die Mitglieder des Bundestages, des Bundesrates, eines Landtages
oder einer zweiten Kammer sind während ihres
Aufenthaltes am Sitz der Versammlung dort zu vernehmen.
(2) 1Die Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung sind
an ihrem Amtssitz oder, wenn sie sich außerhalb ihres
Amtssitzes aufhalten, an ihrem Aufenthaltsort zu vernehmen.
(3) 1Zu einer Abweichung von den vorstehenden Vorschriften bedarf es
für die Mitglieder eines in Absatz 1 genannten Organs der Genehmigung
dieses Organs,
für die Mitglieder der Bundesregierung der Genehmigung der Bundesregierung,
für die Mitglieder einer Landesregierung der Genehmigung der Landesregierung.
(4) 1Die Mitglieder der in Absatz 1 genannten Organe der Gesetzgebung
und die Mitglieder der Bundesregierung oder einer
Landesregierung werden, wenn sie außerhalb der Hauptverhandlung
vernommen worden sind, zu dieser nicht geladen. 2Das
Protokoll über ihre richterliche Vernehmung ist in der Hauptverhandlung
zu verlesen.
§ 51 [Folgen des Ausbleibens]
(1) 1Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint,
werden die durch das Ausbleiben verursachten Kosten
auferlegt. 2Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den
Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann,
Ordnungshaft festgesetzt. 3Auch ist die zwangsweise Vorführung
des Zeugen zulässig; § 135 gilt entsprechend. 4Im Falle
wiederholten Ausbleibens kann das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt
werden.
(2) 1Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels
unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen
rechtzeitig genügend entschuldigt wird. 2Erfolgt die Entschuldigung
nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleibt die Auferlegung
der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn
glaubhaft gemacht wird, daß den Zeugen an der
Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. 3Wird der
Zeuge nachträglich genügend entschuldigt, so werden die
getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben.
(3) 1Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im
Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter
zu.
§ 52 [Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen]
(1) 1Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt
1. der Verlobte des Beschuldigten;
2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
3. wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert,
in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt
oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.
(2) 1Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder
haben Minderjährige oder Betreute wegen einer
psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung
von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts
keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen
werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher
Vertreter der Vernehmung zustimmt. 2Ist der gesetzliche Vertreter selbst
Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des
Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für
den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche
Vertretung beiden Eltern zusteht.
(3) 1Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den
Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung
über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte
Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren.
2Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der
Vernehmung widerrufen.
§ 53 [Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen]
(1) 1Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt
1. Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger
anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2. Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser
Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3. Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer,
vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte,
Ärzte, Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder-
und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und
Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut
worden oder bekanntgeworden ist, Rechtsanwälten stehen
dabei sonstige Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer gleich;
3a. Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach
den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder
bekanntgeworden ist;
3b. Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit
in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft,
Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei
sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft
anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4. Mitglieder des Bundestages, eines Landtages oder einer zweiten Kammer
über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als
Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen
anvertraut haben sowie über diese Tatsachen selbst;
5. Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung
von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen
berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die
Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen
und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit
gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge,
Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt.
(2) 1Die in Absatz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis
nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur
Verschwiegenheit entbunden sind.
§ 53a [Zeugnisverweigerungsrecht der Hilfspersonen]
(1) 1Den in § 53 Abs. 1 Nummer 1 bis 4 Genannten stehen ihre Gehilfen
und die Personen gleich, die zur Vorbereitung auf den
Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen. 2Über
die Ausübung des Rechtes dieser Hilfspersonen, das Zeugnis zu
verweigern, entscheiden die in § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 Genannten,
es sei denn, daß diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht
herbeigeführt werden kann.
(2) 1Die Entbindung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit (§ 53 Abs. 2) gilt auch für die Hilfspersonen.
§ 54 [Aussagegenehmigung für Richter und Beamte]
(1) 1Für die Vernehmung von Richtern, Beamten und anderen Personen
des öffentlichen Dienstes als Zeugen über Umstände,
auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, und für
die Genehmigung zur Aussage gelten die besonderen
beamtenrechtlichen Vorschriften.
(2) 1Für die Mitglieder des Bundestages, eines Landtages, der Bundes-
oder einer Landesregierung sowie für die Angestellten
einer Fraktion des Bundestages und eines Landtages gelten die für
sie maßgebenden besonderen Vorschriften.
(3) 1Der Bundespräsident kann das Zeugnis verweigern, wenn die
Ablegung des Zeugnisses dem Wohl des Bundes oder eines
deutschen Landes Nachteile bereiten würde.
(4) 1Diese Vorschriften gelten auch, wenn die vorgenannten Personen
nicht mehr im öffentlichen Dienst oder Angestellte einer
Fraktion sind oder ihre Mandate beendet sind, soweit es sich um Tatsachen
handelt, die sich während ihrer Dienst-,
Beschäftigungs- oder Mandatszeit ereignet haben oder ihnen während
ihrer Dienst-, Beschäftigungs- oder Mandatszeit zur
Kenntnis gelangt sind.
§ 55 [Auskunftsverweigerungsrecht]
(1) 1Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs.
1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen
einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu
werden.
(2) 1Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.
§ 56 [Glaubhaftmachung des Verweigerungsgrundes]
1Die Tatsache, auf die der Zeuge die Verweigerung des Zeugnisses in
den Fällen der §§ 52, 53 und 55 stützt, ist auf Verlangen
glaubhaft zu machen. 2Es genügt die eidliche Versicherung des
Zeugen.
§ 57 [Zeugenbelehrung]
1Vor der Vernehmung sind die Zeugen zur Wahrheit zu ermahnen und darauf
hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen
haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt.
2Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides,
die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser
oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen
Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.
§ 58 [Vernehmung; Zulässigkeit der Gegenüberstellung]
(1) 1Die Zeugen sind einzeln und in Abwesenheit der später zu
hörenden Zeugen zu vernehmen.
(2) 1Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten
im Vorverfahren ist zulässig, wenn es für das
weitere Verfahren geboten erscheint.
§ 58a [Aufzeichnung der Zeugenvernehmung]
(1) 1Die Vernehmung eines Zeugen kann auf Bild-Ton-Träger aufgezeichnet
werden. 2Sie soll aufgezeichnet werden
1. bei Personen unter sechzehn Jahren, die durch die Straftat verletzt
worden sind, oder
2. wenn zu besorgen ist, daß der Zeuge in der Hauptverhandlung
nicht vernommen werden kann und die Aufzeichnung zur
Erforschung der Wahrheit erforderlich ist.
(2) 1Die Verwendung der Bild-Ton-Aufzeichnung ist nur für Zwecke
der Strafverfolgung und nur insoweit zulässig, als dies zur
Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. 2§ 100b Abs. 6, §§
147 und 406e finden entsprechende Anwendung.
§ 59 [Vereidigung]
Die Zeugen sind einzeln und nach ihrer Vernehmung zu vereidigen. 2Die
Vereidigung erfolgt, soweit nichts anderes bestimmt
ist, in der Hauptverhandlung.
§ 60 [Absehen von Vereidigung]
1Von der Vereidigung ist abzusehen
1. bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte Lebensjahr
noch nicht vollendet haben oder die wegen
mangelnder Verstandesreife oder wegen einer psychischen Krankheit oder
einer geistigen oder seelischen Behinderung vom
Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung
haben;
2. bei Personen, die der Tat, welche den Gegenstand der Untersuchung
bildet, oder der Beteiligung an ihr oder der
Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig oder
deswegen bereits verurteilt sind.
§ 61 [Absehen von Vereidigung nach Ermessen]
Von der Vereidigung kann nach dem Ermessen des Gerichts abgesehen werden
1. bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte, aber noch
nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben;
2. beim Verletzten sowie bei Personen, die im Sinne des § 52 Abs.
1 Angehörige des Verletzten oder des Beschuldigten sind;
3. wenn das Gericht der Aussage keine wesentliche Bedeutung beimißt
und nach seiner Überzeugung auch unter Eid keine
wesentliche Aussage zu erwarten ist;
4. bei Personen, die wegen Meineids (§§ 154, 155 des Strafgesetzbuches)
verurteilt worden sind;
5. wenn die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte
auf die Vereidigung verzichten.
§ 62 [Vereidigung im Privatklageverfahren]
Im Privatklageverfahren werden Zeugen nur vereidigt, wenn es das Gericht
wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der
Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage für notwendig
hält.
§ 63 [Eidesverweigerungsrecht]
Die in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen des Beschuldigten
haben das Recht, die Beeidigung des Zeugnisses zu
verweigern; darüber sind sie zu belehren.
§ 64 [Protokollierung der Nichtvereidigung]
Unterbleibt die Vereidigung eines Zeugen, so ist der Grund dafür
im Protokoll anzugeben.
§ 65 [Vereidigung im vorbereitenden Verfahren]
Im vorbereitenden Verfahren ist die Vereidigung nur zulässig,
wenn
1. Gefahr im Verzug ist,
2. der Eid als Mittel zur Herbeiführung einer wahren Aussage über
einen für das weitere Verfahren erheblichen Punkt
erforderlich erscheint oder
3. der Zeuge voraussichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung
verhindert sein wird.
§ 66 (weggefallen)
§ 66a [Vereidigung außerhalb der Hauptverhandlung]
Wird ein Zeuge außerhalb der Hauptverhandlung vereidigt, so ist
der Grund der Vereidigung im Protokoll anzugeben.
§ 66b [Vereidigung bei kommissarischer Vertretung]
(1) 1Wird ein Zeuge durch einen beauftragten oder ersuchten Richter
vernommen, so entscheidet zunächst dieser über die
Vereidigung.
(2) 1Die Vereidigung muß, soweit sie zulässig ist, erfolgen,
wenn es in dem Auftrag oder in dem Ersuchen des Gerichts verlangt
wird. 2Der vernehmende Richter kann die Vereidigung aussetzen und einer
neuen Entschließung des beauftragenden oder
ersuchenden Gerichts vorbehalten, wenn bei der Vernehmung Tatsachen
hervortreten, die zu uneidlicher Vernehmung
berechtigen würden. 3Diese Tatsachen sind in das Protokoll aufzunehmen.
(3) 1Die Vereidigung darf nicht erfolgen, wenn die uneidliche Vernehmung verlangt wird.
§ 66c [Eidesformel]
(1) 1Der Eid mit religiöser Beteuerung wird in der Weise geleistet,
daß der Richter an den Zeugen die Worte richtet:
,,Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden,
daß Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts
verschwiegen haben''
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
,,Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.''
(2) 1Der Eid ohne religiöse Beteuerung wird in der Weise geleistet,
daß der Richter an den Zeugen die Worte richtet:
,,Sie schwören, daß Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit
gesagt und nichts verschwiegen haben''
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
,,Ich schwöre es.''
(3) Gibt ein Zeuge an, daß er als Mitglied einer Religions- oder
Bekenntnisgemeinschaft eine Beteuerungsformel dieser
Gemeinschaft verwenden wolle, so kann er diese dem Eid anfügen.
(4) 1Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben.
§ 66d [Eidesgleiche Bekräftigung]
(1) 1Gibt ein Zeuge an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen
keinen Eid leisten wolle, so hat er die Wahrheit der
Aussage zu bekräftigen. 2Die Bekräftigung steht dem Eid gleich;
hierauf ist der Zeuge hinzuweisen.
(2) 1Die Wahrheit der Aussage wird in der Weise bekräftigt, daß
der Richter an den Zeugen die Worte richtet: ,,Sie
bekräftigen im Bewußtsein Ihrer Verantwortung vor Gericht,
daß Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts
verschwiegen haben''
und der Zeuge hierauf spricht: ,,Ja''.
(3) 1§ 66c Abs. 3 gilt entsprechend.
§ 66e [Vereidigung Stummer]
1Stumme leisten den Eid in der Weise, daß sie die Worte:
,,Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden,
daß ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit bekundet und
nichts verschwiegen habe''
niederschreiben und unterschreiben. 2Stumme, die nicht schreiben können,
leisten den Eid mit Hilfe eines Dolmetschers durch
Zeichen.
(2) 1§ 66c Abs. 2, 3 und § 66d gelten entsprechend.
§ 67 [Berufung auf früheren Eid]
Wird der Zeuge, nachdem er eidlich vernommen worden ist, in demselben
Vorverfahren oder in demselben Hauptverfahren
nochmals vernommen, so kann der Richter statt der nochmaligen Vereidigung
den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter
Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.
§ 68 [Vernehmung des Zeugen zur Person]
(1) 1Die Vernehmung beginnt damit, daß der Zeuge über Vornamen
und Zunamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort
befragt wird. 2Zeugen, die Wahrnehmungen in amtlicher Eigenschaft gemacht
haben, können statt des Wohnortes den Dienstort
angeben.
(2) 1Besteht Anlaß zu der Besorgnis, daß durch die Angabe
des Wohnortes der Zeuge oder eine andere Person gefährdet
wird, so kann dem Zeugen gestattet werden, statt des Wohnortes seinen
Geschäfts- oder Dienstort oder eine andere
ladungsfähige Anschrift anzugeben. 2Unter der in Satz 1 genannten
Voraussetzung kann der Vorsitzende in der
Hauptverhandlung dem Zeugen gestatten, seinen Wohnort nicht anzugeben.
(3) 1Besteht Anlaß zu der Besorgnis, daß durch die Offenbarung
der Identität oder des Wohn- oder Aufenthaltsortes des
Zeugen Leben, Leib oder Freiheit des Zeugen oder einer anderen Person
gefährdet wird, so kann ihm gestattet werden,
Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität
zu machen. 2Er hat jedoch in der Hauptverhandlung auf Befragen
anzugeben, in welcher Eigenschaft ihm die Tatsachen, die er bekundet,
bekanntgeworden sind. 3Die Unterlagen, die die
Feststellung der Identität des Zeugen gewährleisten, werden
bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. 4Zu den Akten sind sie erst
zu nehmen, wenn die Gefährdung entfällt.
(4) 1Erforderlichenfalls sind dem Zeugen Fragen über solche Umstände,
die seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache
betreffen, insbesondere über seine Beziehungen zu dem Beschuldigten
oder dem Verletzten, vorzulegen.
§ 68a [Entehrende Tatsachen und Vorstrafen]
(1) 1Fragen nach Tatsachen, die dem Zeugen oder einer Person, die im
Sinne des § 52 Abs. 1 sein Angehöriger ist, zur Unehre
gereichen können oder deren persönlichen Lebensbereich betreffen,
sollen nur gestellt werden, wenn es unerläßlich ist.
(2) 1Der Zeuge soll nach Vorstrafen nur gefragt werden, wenn ihre Feststellung
notwendig ist, um über das Vorliegen der
Voraussetzungen des § 60 Nr. 2 oder des § 61 Nr. 4 zu entscheiden
oder um seine Glaubwürdigkeit zu beurteilen.
§ 68b [Beiordnung eines Rechtsanwaltes]
Zeugen, die noch keinen anwaltlichen Beistand haben, kann für
die Dauer der Vernehmung mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn ersichtlich
ist, daß sie ihre Befugnisse bei der Vernehmung nicht
selbst wahrnehmen können und ihren schutzwürdigen Interessen
auf andere Weise nicht Rechnung getragen werden kann. 2Hat
die Vernehmung
1. ein Verbrechen,
2. ein Vergehen nach den §§ 174 bis 174c, 176, 179 Abs. 1
bis 3, §§ 180, 180b, 182, 225 Abs. 1 oder 2 des
Strafgesetzbuches oder
3. ein sonstiges Vergehen von erheblicher Bedeutung, das gewerbs- oder
gewohnheitsmäßig oder von einem Bandenmitglied
oder in anderer Weise organisiert begangen worden ist,
zum Gegenstand, so ist die Beiordnung auf Antrag des Zeugen oder der
Staatsanwaltschaft anzuordnen, soweit die
Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen. 3Für die Beiordnung gelten
§ 141 Abs. 4 und § 142 Abs. 1 entsprechend. 4Die
Entscheidung ist unanfechtbar.
§ 69 [Vernehmung des Zeugen zur Sache]
(1) 1Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm von dem Gegenstand
seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang
anzugeben. 2Vor seiner Vernehmung ist dem Zeugen der Gegenstand der
Untersuchung und die Person des Beschuldigten,
sofern ein solcher vorhanden ist, zu bezeichnen.
(2) 1Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage
sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem das Wissen des
Zeugen beruht, sind nötigenfalls weitere Fragen zu stellen.
(3) 1Die Vorschrift des § 136a gilt für die Vernehmung des Zeugen entsprechend.
§ 70 [Grundlose Zeugnis- oder Eidesverweigerung]
(1) 1Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund
verweigert, so werden dem Zeugen die durch die
Weigerung verursachten Kosten auferlegt. 2Zugleich wird gegen ihn ein
Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht
beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.
(2) 1Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden,
jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des
Verfahrens in dem Rechtszug, auch nicht über die Zeit von sechs
Monaten hinaus.
(3) 1Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im
Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter
zu.
(4) 1Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in
demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum
Gegenstand hat, nicht wiederholt werden.
§ 71 [Entschädigung des Zeugen]
Der Zeuge wird nach dem Gesetz über die Entschädigung von
Zeugen und Sachverständigen entschädigt.
Siebenter Abschnitt
Sachverständige und Augenschein
§ 72 [Anwendung der Vorschriften über Zeugen]
Auf Sachverständige ist der sechste Abschnitt über Zeugen
entsprechend
anzuwenden, soweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende
Vorschriften getroffen sind.
§ 73 [Auswahl]
(1) 1Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung
ihrer Anzahl erfolgt durch den Richter. 2Er soll mit
diesen eine Absprache treffen, innerhalb welcher Frist die Gutachten
erstattet werden können.
(2) 1Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige
öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt
werden, wenn besondere Umstände es fordern.
§ 74 [Ablehnung]
(1) 1Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die
zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. 2Ein
Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß
der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.
(2) 1Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger
und dem Beschuldigten zu. 2Die ernannten
Sachverständigen sind den zur Ablehnung Berechtigten namhaft zu
machen, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen.
(3) 1Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen.
§ 75 [Pflicht des Sachverständigen]
(1) 1Der zum Sachverständigen Ernannte hat der Ernennung Folge
zu leisten, wenn er zur Erstattung von Gutachten der
erforderten Art öffentlich bestellt ist oder wenn er die Wissenschaft,
die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis
Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt
oder wenn er zu ihrer Ausübung öffentlich bestellt oder
ermächtigt ist.
(2) 1Zur Erstattung des Gutachtens ist auch der verpflichtet, welcher sich hierzu vor Gericht bereit erklärt hat.
§ 76 [Weigerungsrecht]
(1) 1Dieselben Gründe, die einen Zeugen berechtigen, das Zeugnis
zu verweigern, berechtigen einen Sachverständigen zur
Verweigerung des Gutachtens. 2Auch aus anderen Gründen kann ein
Sachverständiger von der Verpflichtung zur Erstattung
des Gutachtens entbunden werden.
(2) 1Für die Vernehmung von Richtern, Beamten und anderen Personen
des öffentlichen Dienstes als Sachverständige gelten
die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften. 2Für die Mitglieder
der Bundes- oder einer Landesregierung gelten die für sie
maßgebenden besonderen Vorschriften.
§ 77 [Folgen bei Pflichtenverstoß]
(1) 1Im Falle des Nichterscheinens oder der Weigerung eines zur Erstattung
des Gutachtens verpflichteten Sachverständigen
wird diesem auferlegt, die dadurch verursachten Kosten zu ersetzen.
2Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt.
Im Falle wiederholten Ungehorsams kann neben der Auferlegung der Kosten
das Ordnungsgeld noch einmal festgesetzt
werden.
(2) 1Weigert sich ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger,
nach § 73 Abs. 1 Satz 2 eine angemessene
Frist abzusprechen, oder versäumt er die abgesprochene Frist,
so kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. 2Der
Festsetzung des Ordnungsgeldes muß eine Androhung unter Setzung
einer Nachfrist vorausgehen. 3Im Falle wiederholter
Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld noch einmal festgesetzt
werden.
§ 78 [Richterliche Leitung]
Der Richter hat, soweit ihm dies erforderlich erscheint, die Tätigkeit
der Sachverständigen zu leiten.
§ 79 [Sachverständigeneid]
(1) 1Der Sachverständige kann nach dem Ermessen des Gerichts vereidigt
werden. 2Auf Antrag der Staatsanwaltschaft, des
Angeklagten oder des Verteidigers ist er zu vereidigen.
(2) 1Der Eid ist nach Erstattung des Gutachtens zu leisten; er geht
dahin, daß der Sachverständige das Gutachten unparteiisch
und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet habe.
(3) 1Ist der Sachverständige für die Erstattung von Gutachten
der betreffenden Art im allgemeinen vereidigt, so genügt die
Berufung auf den geleisteten Eid.
§ 80 [Vorbereitung des Gutachtens]
(1) 1Dem Sachverständigen kann auf sein Verlangen zur Vorbereitung
des Gutachtens durch Vernehmung von Zeugen oder
des Beschuldigten weitere Aufklärung verschafft werden.
(2) 1Zu demselben Zweck kann ihm gestattet werden, die Akten einzusehen,
der Vernehmung von Zeugen oder des
Beschuldigten beizuwohnen und an sie unmittelbar Fragen zu stellen.
§ 80a [Vorbereitung des Gutachtens im Vorverfahren]
Ist damit zu rechnen, daß die Unterbringung des Beschuldigten
in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt
oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet werden wird, so soll schon
im Vorverfahren einem Sachverständigen
Gelegenheit zur Vorbereitung des in der Hauptverhandlung zu erstattenden
Gutachtens gegeben werden.
§ 81 [Unterbringung zur Beobachtung]
(1) 1Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand
des Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung
eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß
der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus
gebracht und dort beobachtet wird.
(2) 1Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der Beschuldigte
der Tat dringend verdächtig ist. 2Das Gericht
darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache
und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der
Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(3) 1Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.
(4) 1Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. 2Sie hat aufschiebende Wirkung.
(5) 1Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz
1 darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen
nicht überschreiten.
§ 81a [Körperliche Untersuchung; Blutprobe]
(1) 1Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur
Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das
Verfahren von Bedeutung sind. 2Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben
und andere körperliche Eingriffe, die von
einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken
vorgenommen werden, ohne Einwilligung des
Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit
zu befürchten ist.
(2) 1Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges
durch Verzögerung auch der
Staatsanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes)
zu.
(3) 1Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen
dürfen nur für Zwecke des der Entnahme
zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens
verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten,
sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.
§ 81b [Lichtbilder, Fingerabdrücke und Messungen]
Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens
oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist,
dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch
gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche
Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.
§ 81c [Untersuchung anderer Personen]
(1) 1Andere Personen als Beschuldigte dürfen, wenn sie als Zeugen
in Betracht kommen, ohne ihre Einwilligung nur untersucht
werden, soweit zur Erforschung der Wahrheit festgestellt werden muß,
ob sich an ihrem Körper eine bestimmte Spur oder
Folge einer Straftat befindet.
(2) 1Bei anderen Personen als Beschuldigten sind Untersuchungen zur
Feststellung der Abstammung und die Entnahme von
Blutproben ohne Einwilligung des zu Untersuchenden zulässig, wenn
kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten und die
Maßnahme zur Erforschung der Wahrheit unerläßlich
ist. 2Die Untersuchungen und die Entnahme von Blutproben dürfen stets
nur von einem Arzt vorgenommen werden.
(3) 1Untersuchungen oder Entnahmen von Blutproben können aus den
gleichen Gründen wie das Zeugnis verweigert werden.
Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben
Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen
Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der
Bedeutung ihres Weigerungsrechts keine genügende
Vorstellung, so entscheidet der gesetzliche Vertreter; § 52 Abs.
2 Satz 2 und Abs. 3 gilt entsprechend. 3Ist der gesetzliche
Vertreter von der Entscheidung ausgeschlossen (§ 52 Abs. 2 Satz
2) oder aus sonstigen Gründen an einer rechtzeitigen
Entscheidung gehindert und erscheint die sofortige Untersuchung oder
Entnahme von Blutproben zur Beweissicherung
erforderlich, so sind diese Maßnahmen nur auf besondere Anordnung
des Richters zulässig. 4Der die Maßnahmen anordnende
Beschluß ist unanfechtbar. 5Die nach Satz 3 erhobenen Beweise
dürfen im weiteren Verfahren nur mit Einwilligung des hierzu
befugten gesetzlichen Vertreters verwertet werden.
(4) 1Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 sind unzulässig,
wenn sie dem Betroffenen bei Würdigung aller Umstände nicht
zugemutet werden können.
(5) 1Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges
durch Verzögerung, von den Fällen des
Absatzes 3 Satz 3 abgesehen, auch der Staatsanwaltschaft und ihren
Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu.
2§ 81a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) 1Bei Weigerung des Betroffenen gilt die Vorschrift des § 70
entsprechend. 2Unmittelbarer Zwang darf nur auf besondere
Anordnung des Richters angewandt werden. 3Die Anordnung setzt voraus,
daß der Betroffene trotz Festsetzung eines
Ordnungsgeldes bei der Weigerung beharrt oder daß Gefahr im Verzuge
ist.
§ 81d [Körperliche Untersuchung einer Frau]
(1) 1Kann die körperliche Untersuchung einer Frau das Schamgefühl
verletzen, so wird sie einer Frau oder einem Arzt
übertragen. 2Auf Verlangen der zu untersuchenden Frau soll eine
andere Frau oder ein Angehöriger zugelassen werden.
(2) 1Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn die zu untersuchende Frau in die Untersuchung einwilligt.
§ 81e [Molekulargenetische Untersuchungen]
(1) 1An dem durch Maßnahmen nach § 81a Abs. 1 erlangten
Material dürfen auch molekulargenetische Untersuchungen
durchgeführt werden, soweit sie zur Feststellung der Abstammung
oder der Tatsache, ob aufgefundenes Spurenmaterial von
dem Beschuldigten oder dem Verletzten stammt, erforderlich sind. 2Untersuchungen
nach Satz 1 sind auch zulässig für
entsprechende Feststellungen an dem durch Maßnahmen nach §
81c erlangten Material. 3Feststellungen über andere als die in
Satz 1 bezeichneten Tatsachen dürfen nicht erfolgen; hierauf gerichtete
Untersuchungen sind unzulässig.
(2) 1Nach Absatz 1 zulässige Untersuchungen dürfen auch an
aufgefundenem, sichergestelltem oder beschlagnahmtem
Spurenmaterial durchgeführt werden. 2Absatz 1 Satz 3 und §
81a Absatz 3 erster Halbsatz gelten entsprechend.
§ 81f [Anordnung durch den Richter]
(1) 1Untersuchungen nach § 81e dürfen nur durch den Richter
angeordnet werden. 2In der schriftlichen Anordnung ist der mit
der Untersuchung zu beauftragende Sachverständige zu bestimmen.
(2) 1Mit der Durchführung der Untersuchung nach § 81e sind
Sachverständige zu beauftragen, die öffentlich bestellt oder
nach
dem Verpflichtungsgesetz verpflichtet oder Amtsträger sind, die
der ermittlungsführenden Behörde nicht angehören oder einer
Organisationseinheit dieser Behörde angehören, die von der
ermittlungsführenden Dienststelle organisatorisch und sachlich
getrennt ist. 2Diese haben durch technische und organisatorische Maßnahmen
zu gewährleisten, daß unzulässige
molekulargenetische Untersuchungen und unbefugte Kenntnisnahme Dritter
ausgeschlossen sind. 3Dem Sachverständigen ist
das Untersuchungsmaterial ohne Mitteilung des Namens, der Anschrift
und des Geburtstages und -monats des Betroffenen zu
übergeben. 4Ist der Sachverständige eine nichtöffentliche
Stelle, gilt § 38 des Datenschutzgesetzes mit der Maßgabe, daß
die
Aufsichtsbehörde die Ausführung der Vorschriften über
den Datenschutz auch überwacht, wenn ihr keine hinreichenden
Anhaltspunkte für eine Verletzung dieser Vorschriften vorliegen
und der Sachverständige die personenbezogenen Daten nicht in
Dateien verarbeitet.
§ 81g [DNA-Identifizierung]
(1) 1Zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren
dürfen dem Beschuldigten, der einer Straftat von
erheblicher Bedeutung, insbesondere eines Verbrechens, eines Vergehens
gegen die sexuelle Selbstbestimmung, einer
gefährlichen Körperverletzung, eines Diebstahls in besonders
schwerem Fall oder einer Erpressung verdächtig ist, Körperzellen
entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters molekulargenetisch
untersucht werden, wenn wegen der Art
oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten
oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht,
daß gegen ihn künftig erneut Strafverfahren wegen einer
der vorgenannten Straftaten zu führen sind.
(2) 1Die entnommenen Körperzellen dürfen nur für die
in Absatz 1 genannte molekulargenetische Untersuchung verwendet
werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür
nicht mehr erforderlich sind. 2Bei der Untersuchung dürfen
andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters
erforderlich sind, nicht getroffen
werden; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.
(3) 1§ 81a Abs. 2 und § 81f gelten entsprechend.
§ 82 [Gutachten im Vorverfahren]
Im Vorverfahren hängt es von der Anordnung des Richters ab, ob
die Sachverständigen ihr Gutachten schriftlich oder
mündlich zu erstatten haben.
§ 83 [Neue Begutachtung]
(1) 1Der Richter kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch
andere Sachverständige anordnen, wenn er das
Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) 1Der Richter kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen
anordnen, wenn ein Sachverständiger nach
Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(3) 1In wichtigen Fällen kann das Gutachten einer Fachbehörde eingeholt werden.
§ 84 [Entschädigung von Sachverständigen]
1Der Sachverständige wird nach dem Gesetz über die Entschädigung
von Zeugen und Sachverständigen entschädigt.
§ 85 [Sachverständige Zeugen]
Soweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren
Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich
war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, gelten die Vorschriften
über den Zeugenbeweis.
§ 86 [Augenschein]
Findet die Einnahme eines richterlichen Augenscheins statt, so ist
im Protokoll der vorgefundene Sachbestand festzustellen und
darüber Auskunft zu geben, welche Spuren oder Merkmale, deren
Vorhandensein nach der besonderen Beschaffenheit des
Falles vermutet werden konnte, gefehlt haben.
§ 87 [Leichenschau; Leichenöffnung]
(1) 1Die Leichenschau wird von der Staatsanwaltschaft, auf Antrag der
Staatsanwaltschaft auch vom Richter, unter Zuziehung
eines Arztes vorgenommen. 2Ein Arzt wird nicht zugezogen, wenn dies
zur Aufklärung des Sachverhalts offensichtlich
entbehrlich ist.
(2) 1Die Leichenöffnung wird von zwei Ärzten vorgenommen.
2Einer der Ärzte muß Gerichtsarzt oder Leiter eines öffentlichen
gerichtsmedizinischen oder pathologischen Instituts oder ein von diesem
beauftragter Arzt des Instituts mit gerichtsmedizinischen
Fachkenntnissen sein. 3Dem Arzt, welcher den Verstorbenen in der dem
Tod unmittelbar vorausgegangenen Krankheit
behandelt hat, ist die Leichenöffnung nicht zu übertragen.
4Er kann jedoch aufgefordert werden, der Leichenöffnung
beizuwohnen, um aus der Krankheitsgeschichte Aufschlüsse zu geben.
5Die Staatsanwaltschaft kann an der Leichenöffnung
teilnehmen. 6Auf ihren Antrag findet die Leichenöffnung im Beisein
des Richters statt.
(3) 1Zur Besichtigung oder Öffnung einer schon beerdigten Leiche ist ihre Ausgrabung statthaft.
(4) 1Die Leichenöffnung und die Ausgrabung einer beerdigten Leiche
werden vom Richter angeordnet; die Staatsanwaltschaft
ist zu der Anordnung befugt, wenn der Untersuchungserfolg durch Verzögerung
gefährdet würde. 2Wird die Ausgrabung
angeordnet, so ist zugleich die Benachrichtigung eines Angehörigen
des Toten anzuordnen, wenn der Angehörige ohne
besondere Schwierigkeiten ermittelt werden kann und der Untersuchungszweck
durch die Benachrichtigung nicht gefährdet
wird.
§ 88 [Identifizierung]
1Vor der Leichenöffnung ist, wenn nicht besondere Hindernisse
entgegenstehen, die Persönlichkeit des Verstorbenen,
insbesondere durch Befragung von Personen, die den Verstorbenen gekannt
haben, festzustellen. 2Ist ein Beschuldigter
vorhanden, so ist ihm die Leiche zur Anerkennung vorzuzeigen.
§ 89 [Umfang der Leichenöffnung]
1Die Leichenöffnung muß sich, soweit der Zustand der Leiche
dies gestattet, stets auf die Öffnung der Kopf-, Brust- und
Bauchhöhle erstrecken.
§ 90 [Öffnung der Leiche eines neugeborenen Kindes]
1Bei Öffnung der Leiche eines neugeborenen Kindes ist die Untersuchung
insbesondere auch darauf zu richten, ob es nach
oder während der Geburt gelebt hat und ob es reif oder wenigstens
fähig gewesen ist, das Leben außerhalb des Mutterleibes
fortzusetzen.
§ 91 [Leichenuntersuchung bei Vergiftungsverdacht]
(1) 1Liegt der Verdacht einer Vergiftung vor, so ist die Untersuchung
der in der Leiche oder sonst gefundenen verdächtigen
Stoffe durch einen Chemiker oder durch eine für solche Untersuchungen
bestehende Fachbehörde vorzunehmen.
(2) 1Es kann angeordnet werden, daß diese Untersuchung unter Mitwirkung oder Leitung eines Arztes stattzufinden hat.
§ 92 [Gutachten bei Verdacht einer Geld- oder Wertzeichenfälschung]
(1) 1Liegt der Verdacht einer Geld- oder Wertzeichenfälschung
vor, so sind das Geld oder die Wertzeichen erforderlichenfalls
der Behörde vorzulegen, von der echtes Geld oder echte Wertzeichen
dieser Art in Umlauf gesetzt werden. 2Das Gutachten
dieser Behörde ist über die Unechtheit oder Verfälschung
sowie darüber einzuholen, in welcher Art die Fälschung mutmaßlich
begangen worden ist.
(2) 1Handelt es sich um Geld oder Wertzeichen eines fremden Währungsgebietes,
so kann an Stelle des Gutachtens der
Behörde des fremden Währungsgebietes das einer deutschen
erfordert werden.
§ 93 [Schriftgutachten]
Zur Ermittlung der Echtheit oder Unechtheit eines Schriftstücks
sowie zur Ermittlung seines Urhebers kann eine
Schriftvergleichung unter Zuziehung von Sachverständigen vorgenommen
werden.
Achter Abschnitt
Beschlagnahme, Überwachung des Fernmeldeverkehrs,
Rasterfahndung, Einsatz technischer Mittel, Einsatz Verdeckter
Ermittler und Durchsuchung
§ 94 [Gegenstand der Sicherstellung oder Beschlagnahme]
(1) 1Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung
von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder
in anderer Weise sicherzustellen.
(2) 1Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person
und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf
es der Beschlagnahme.
(3) 1Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.
§ 95 [Pflicht zur Herausgabe]
(1) 1Wer einen Gegenstand der vorbezeichneten Art in seinem Gewahrsam
hat, ist verpflichtet, ihn auf Erfordern vorzulegen
und auszuliefern.
(2) 1Im Falle der Weigerung können gegen ihn die in § 70 bestimmten
Ordnungs- und Zwangsmittel festgesetzt werden. 2Das
gilt nicht bei Personen, die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt
sind.
§ 96 [Akten oder sonstige amtliche Schriftstücke]
Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher
Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch
Behörden und öffentliche Beamte darf nicht gefordert werden,
wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das
Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem
Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile
bereiten würde. 2Satz 1 gilt entsprechend für Akten und sonstige
Schriftstücke, die sich im Gewahrsam eines Mitglieds des
Bundestages oder eines Landtages beziehungsweise eines Angestellten
einer Fraktion des Bundestages oder eines Landtages
befinden, wenn die für die Erteilung einer Aussagegenehmigung
zuständige Stelle eine solche Erklärung abgegeben hat.
§ 97 [Nicht der Beschlagnahme unterliegende Gegenstände]
(1) 1Der Beschlagnahme unterliegen nicht
1. schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den Personen,
die nach § 52 oder § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3b das
Zeugnis verweigern dürfen;
2. Aufzeichnungen, welche die in § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3b Genannten
über die ihnen vom Beschuldigten anvertrauten
Mitteilungen oder über andere Umstände gemacht haben, auf
die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt;
3. andere Gegenstände einschließlich der ärztlichen
Untersuchungsbefunde, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der in
§
53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3b Genannten erstreckt.
(2) 1Diese Beschränkungen gelten nur, wenn die Gegenstände
im Gewahrsam der zur Verweigerung des Zeugnisses
Berechtigten sind. 2Der Beschlagnahme unterliegen auch nicht Gegenstände,
auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der
Ärzte, Zahnärzte, Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder-
und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und
Hebammen erstreckt, wenn sie im Gewahrsam einer Krankenanstalt sind,
sowie Gegenstände, auf die sich das
Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Nr. 3a und 3b genannten
Personen erstreckt, wenn sie im Gewahrsam der in
dieser Vorschrift bezeichneten Beratungsstelle sind. 3Die Beschränkungen
der Beschlagnahme gelten nicht, wenn die zur
Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten einer Teilnahme oder einer
Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig
sind oder wenn es sich um Gegenstände handelt, die durch eine
Straftat hervorgebracht oder zur Begehung einer Straftat
gebraucht oder bestimmt sind oder die aus einer Straftat herrühren.
(3) 1Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitglieder des Bundestages,
eines Landtages oder einer zweiten Kammer
reicht (§ 53 Abs. 1 Nr. 4), ist die Beschlagnahme von Schriftstücken
unzulässig.
(4) 1Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, soweit die in § 53a Genannten das Zeugnis verweigern dürfen.
(5) 1Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Nr.
5 genannten Personen reicht, ist die Beschlagnahme von
Schriftstücken, Ton-, Bild- und Datenträgern, Abbildungen
und anderen Darstellungen, die sich im Gewahrsam dieser Personen
oder der Redaktion, des Verlages, der Druckerei oder der Rundfunkanstalt
befinden, unzulässig. 2Absatz 2 Satz 3 gilt
entsprechend.
§ 98 [Anordnung der Beschlagnahme]
(1) 1Beschlagnahmen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im
Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre
Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet
werden. 2Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in
den Räumen einer Redaktion, eines Verlages, einer Druckerei oder
einer Rundfunkanstalt darf nur durch den Richter
angeordnet werden.
(2) 1Der Beamte, der einen Gegenstand ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt
hat, soll binnen drei Tagen die richterliche
Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon
Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger
anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit
ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen
die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat. 2Der
Betroffene kann jederzeit die richterliche Entscheidung
beantragen. 3Solange die öffentliche Klage noch nicht erhoben
ist, entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die
Beschlagnahme stattgefunden hat. 4Hat bereits eine Beschlagnahme, Postbeschlagnahme
oder Durchsuchung in einem anderen
Bezirk stattgefunden, so entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk
die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, die das
Ermittlungsverfahren führt. 5Der Betroffene kann den Antrag auch
in diesem Fall bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen
Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat. 6Ist dieses Amtsgericht
nach Satz 4 unzuständig, so leitet der Richter den Antrag
dem zuständigen Amtsgericht zu. 7Der Betroffene ist über
seine Rechte zu belehren.
(3) 1Ist nach erhobener öffentlicher Klage die Beschlagnahme durch
die Staatsanwaltschaft oder einen ihrer Hilfsbeamten
erfolgt, so ist binnen drei Tagen dem Richter von der Beschlagnahme
Anzeige zu machen; die beschlagnahmten Gegenstände
sind ihm zur Verfügung zu stellen.
(4) 1Wird eine Beschlagnahme in einem Dienstgebäude oder einer
nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der
Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr
um ihre Durchführung ersucht. 2Die ersuchende
Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. 3Des Ersuchens bedarf es nicht,
wenn die Beschlagnahme in Räumen vorzunehmen ist, die
ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.
§ 98a [Abgleich personenbezogener Daten]
(1) 1Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür
vor, daß eine Straftat von erheblicher Bedeutung
1. auf dem Gebiet des unerlaubten Betäubungsmittel- oder Waffenverkehrs,
der Geld- oder Wertzeichenfälschung,
2. auf dem Gebiet des Staatsschutzes (§§ 74a, 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes),
3. auf dem Gebiet der gemeingefährlichen Straftaten,
4. gegen Leib oder Leben, die sexuelle Selbstbestimmung oder die persönliche
Freiheit,
5. gewerbs- oder gewohnheitsmäßig oder
6. von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise organisiert
begangen worden ist, so dürfen, unbeschadet §§ 94, 110,
161, personenbezogene Daten von Personen, die bestimmte, auf den
Täter vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen,
mit anderen Daten maschinell abgeglichen werden, um
Nichtverdächtige auszuschließen oder Personen festzustellen,
die weitere für die Ermittlungen bedeutsame Prüfungsmerkmale
erfüllen. 2Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, wenn
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise erheblich weniger
erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre.
(2) 1Zu dem in Absatz 1 bezeichneten Zweck hat die speichernde Stelle
die für den Abgleich erforderlichen Daten aus den
Datenbeständen auszusondern und den Strafverfolgungsbehörden
zu übermitteln.
(3) 1Soweit die zu übermittelnden Daten von anderen Daten nur mit
unverhältnismäßigem Aufwand getrennt werden können,
sind auf Anordnung auch die anderen Daten zu übermitteln. 2Ihre
Nutzung ist nicht zulässig.
(4) 1Auf Anforderung der Staatsanwaltschaft hat die speichernde Stelle die Stelle, die den Abgleich durchführt, zu unterstützen.
(5) 1§ 95 Abs. 2 gilt entsprechend.
§ 98b [Anordnung des Datenabgleichs]
(1) 1Der Abgleich und die Übermittlung der Daten dürfen nur
durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die
Staatsanwaltschaft angeordnet werden. 2Hat die Staatsanwaltschaft die
Anordnung getroffen, so beantragt sie unverzüglich die
richterliche Bestätigung. 3Die Anordnung tritt außer Kraft,
wenn sie nicht binnen drei Tagen von dem Richter bestätigt wird.
Die Anordnung ergeht schriftlich. 5Sie muß den zur Übermittlung
Verpflichteten bezeichnen und ist auf die Daten und
Prüfungsmerkmale zu beschränken, die für den Einzelfall
benötigt werden. 6Die Übermittlung von Daten, deren Verwendung
besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen
entgegenstehen, darf nicht
angeordnet werden. 7Die §§ 96, 97, 98 Abs. 1 Satz 2 gelten
entsprechend.
(2) 1Ordnungs- und Zwangsmittel (§ 95 Abs. 2) dürfen nur durch
den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die
Staatsanwaltschaft angeordnet werden; die Festsetzung von Haft bleibt
dem Richter vorbehalten.
(3) 1Sind die Daten auf Datenträgern übermittelt worden, so
sind diese nach Beendigung des Abgleichs unverzüglich
zurückzugeben. 2Personenbezogene Daten, die auf andere Datenträger
übertragen wurden, sind unverzüglich zu löschen,
sobald sie für das Strafverfahren nicht mehr benötigt werden.
3Die durch den Abgleich erlangten personenbezogenen Daten
dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet
werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung
Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 98a Abs.
1 bezeichneten Straftat benötigt werden.
(4) 1§ 163d Abs. 5 gilt entsprechend. 2Nach Beendigung einer Maßnahme
gemäß § 98a ist die Stelle zu unterrichten, die für
die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz
bei öffentlichen Stellen zuständig ist.
§ 98c [Datenabgleich zur Aufklärung einer Straftat]
1Zur Aufklärung einer Straftat oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes
einer Person, nach der für Zwecke eines
Strafverfahrens gefahndet wird, dürfen personenbezogene Daten
aus einem Strafverfahren mit anderen zur Strafverfolgung oder
Strafvollstreckung oder zur Gefahrenabwehr gespeicherten Daten maschinell
abgeglichen werden. 2Entgegenstehende
besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen
bleiben unberührt.
§ 99 [Postbeschlagnahme]
1Zulässig ist die Beschlagnahme der an den Beschuldigten gerichteten
Postsendungen und Telegramme, die sich im Gewahrsam
von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig
Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran
mitwirken. 2Ebenso ist eine Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen
zulässig, bei denen aus vorliegenden
Tatsachen zu schließen ist, daß sie von dem Beschuldigten
herrühren oder für ihn bestimmt sind und daß ihr Inhalt
für die
Untersuchung Bedeutung hat.
§ 100 [Zuständigkeit]
(1) 1Zu der Beschlagnahme (§ 99) ist nur der Richter, bei Gefahr
im Verzug auch die Staatsanwaltschaft
befugt.
(2) 1Die von der Staatsanwaltschaft verfügte Beschlagnahme tritt,
auch wenn sie eine Auslieferung noch nicht zur Folge gehabt
hat, außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von dem Richter
bestätigt wird.
(3) 1Die Öffnung der ausgelieferten Gegenstände steht dem
Richter zu. 2Er kann diese Befugnis der Staatsanwaltschaft
übertragen, soweit dies erforderlich ist, um den Untersuchungserfolg
nicht durch Verzögerung zu gefährden. 3Die Übertragung
ist nicht anfechtbar; sie kann jederzeit widerrufen werden. 4Solange
eine Anordnung nach Satz 2 nicht ergangen ist, legt die
Staatsanwaltschaft die ihr ausgelieferten Gegenstände sofort,
und zwar verschlossene Postsendungen ungeöffnet, dem Richter
vor.
(4) 1Über eine von der Staatsanwaltschaft verfügte Beschlagnahme
entscheidet der nach § 98 zuständige Richter. 2Über die
Öffnung eines ausgelieferten Gegenstandes entscheidet der Richter,
der die Beschlagnahme angeordnet oder bestätigt hat.
§ 100a [Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation]
Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf angeordnet
werden, wenn bestimmte Tatsachen den
Verdacht begründen, daß jemand als Täter oder Teilnehmer
1. a) Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung
des demokratischen Rechtsstaates oder des
Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit
(§§ 80 bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89, 94 bis 100a des
Strafgesetzbuches, § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes),
b) Straftaten gegen die Landesverteidigung (§§ 109d bis 109h
des Strafgesetzbuches),
c) Straftaten gegen die öffentliche Ordnung (§§ 129
bis 130 des Strafgesetzbuches, § 92 Abs. 1 Nr. 7 des Ausländergesetzes),
d) ohne Soldat zu sein, Anstiftung oder Beihilfe zur Fahnenflucht oder
Anstiftung zum Ungehorsam (§§ 16, 19 in Verbindung
mit § 1 Abs. 3 des Wehrstrafgesetzes),
e) Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland
stationierten Truppen der nichtdeutschen
Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages oder der im Land Berlin anwesenden
Truppen einer der Drei Mächte (§§ 89, 94 bis
97, 98 bis 100, 109d bis 109g des Strafgesetzbuches, §§ 16,
19 des Wehrstrafgesetzes in Verbindung mit Artikel 7 des
Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes),
2. eine Geld- oder Wertpapierfälschung (§§ 146, 151,
152 des Strafgesetzbuches),
einen schweren Menschenhandel nach § 181 Abs. 1 Nummer 2, 3 des
Strafgesetzbuches,
einen Mord, einen Totschlag oder einen Völkermord (§§
211, 212, 220a des Strafgesetzbuches),
eine Straftat gegen die persönliche Freiheit (§§ 234,
234a, 239a, 239b des Strafgesetzbuches),
einen Bandendiebstahl (§ 244 Absatz 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches),
oder einen schweren Bandendiebstahl (§ 244a des
Strafgesetzbuches),
einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249
bis 251, 255 des Strafgesetzbuches),
eine Erpressung (§ 253 des Strafgesetzbuches),
eine gewerbsmäßige Hehlerei, eine Bandenhehlerei (§
260 des Strafgesetzbuches) oder eine gewerbsmäßige Bandenhehlerei
(§
260a des Strafgesetzbuches),
eine Geldwäsche, eine Verschleierung unrechtmäßig erlangter
Vermögenswerte nach § 261 Abs. 1, 2 oder 4 des
Strafgesetzbuches,
eine gemeingefährliche Straftat in den Fällen der §§
306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des §
309
Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314 oder
315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c
des
Strafgesetzbuches,
3. eine Straftat nach § 52a Abs. 1 bis 3, § 53 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1, 2, Satz 2 des Waffengesetzes, § 34 Abs. 1 bis 6 des
Außenwirtschaftsgesetzes oder nach § 19 Abs. 1 bis 3, §
20 Abs. 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder §
22a
Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen,
4. eine Straftat nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes
in Bezug genommenen Vorschrift unter
den dort genannten Voraussetzungen oder eine Straftat nach §§
29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, § 30a oder § 30b des
Betäubungsmittelgesetzes oder
5. eine Straftat nach § 92a Abs. 2 oder § 92b des Ausländergesetzes
oder nach § 84 Abs. 3 oder § 84a des
Asylverfahrensgesetzes,
begangen oder in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu
begehen versucht oder durch eine Straftat vorbereitet hat, und
wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes
des Beschuldigten auf andere Weise
aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 2Die Anordnung darf
sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen
richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß
sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm
herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder
daß der Beschuldigte ihren Anschluß benutzt.
§ 100b [Zuständigkeit]
(1) 1Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation (§
100a) darf nur durch den Richter angeordnet werden.
2Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung auch von der Staatsanwaltschaft
getroffen werden. 3Die Anordnung der
Staatsanwaltschaft tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei
Tagen von dem Richter bestätigt wird.
(2) 1Die Anordnung ergeht schriftlich. 2Sie muß Namen und Anschrift
des Betroffenen, gegen den sie sich richtet, und die
Rufnummer oder eine andere Kennung seines Telekommunikationsanschlusses
enthalten. 3In ihr sind Art, Umfang und Dauer
der Maßnahmen zu bestimmen. 4Die Anordnung ist auf höchstens
drei Monate zu befristen. 5Eine Verlängerung um jeweils
nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die in
§ 100a bezeichneten Voraussetzungen fortbestehen.
(3) 1Auf Grund der Anordnung hat jeder, der geschäftsmäßig
Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem
Richter, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen
Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) die
Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen.
2Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen
zu treffen sind, ergibt sich aus § 88 des Telekommunikationsgesetzes
und der auf seiner Grundlage erlassenen
Rechtsverordnung zur technischen und organisatorischen Umsetzung von
Überwachungsmaßnahmen. 3§ 95 Abs. 2 gilt
entsprechend.
(4) 1Liegen die Voraussetzungen des § 100a nicht mehr vor, so sind
die sich aus der Anordnung ergebenden Maßnahmen
unverzüglich zu beenden. 2Die Beendigung ist dem Richter und dem
nach Absatz 3 Verpflichteten mitzuteilen.
(5) 1Die durch die Maßnahmen erlangten personenbezogenen Informationen
dürfen in anderen Strafverfahren zu
Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der
Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung
einer der in § 100a bezeichneten Straftaten benötigt werden.
(6) 1Sind die durch die Maßnahmen erlangten Unterlagen zur Strafverfolgung
nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich
unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft zu vernichten. 2Über die
Vernichtung ist eine Niederschrift anzufertigen.
§ 100c [Ermittlungen ohne Wissen des Betroffenen]
(1) 1Ohne Wissen des Betroffenen
1. dürfen
a) Lichtbilder und Bildaufzeichnungen hergestellt werden,
b) sonstige besondere für Observationszwecke bestimmte technische
Mittel zur Erforschung des Sachverhalts oder zur
Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters verwendet werden, wenn
Gegenstand der Untersuchung eine Straftat von
erheblicher Bedeutung ist, und
wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes
des Täters auf andere Weise weniger
erfolgversprechend oder erschwert wäre,
2. darf das nichtöffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln
abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte
Tatsachen den Verdacht begründen, daß jemand eine in §
100a bezeichnete Straftat begangen hat, und die Erforschung des
Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters
auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert
wäre,
3. darf das in einer Wohnung nichtöffentlich gesprochene Wort
des Beschuldigten mit technischen Mitteln abgehört und
aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen,
daß jemand
a) eine Geldfälschung, eine Wertpapierfälschung (§§
146, 151, 152 des Strafgesetzbuches) oder eine Fälschung von
Zahlungskarten und Vordrucken für Euroschecks (§ 152a des
Strafgesetzbuches),
einen schweren Menschenhandel nach § 181 Abs. 1 Nr. 2, 3 des Strafgesetzbuches,
einen Mord, einen Totschlag oder einen Völkermord (§§
211, 212, 220a des Strafgesetzbuches),
eine Straftat gegen die persönliche Freiheit (§§ 234,
234a, 239a, 239b des Strafgesetzbuches),
einen Bandendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches)
oder einen schweren Bandendiebstahl (§ 244a des
Strafgesetzbuches),
einen schweren Raub (§ 250 Abs. 1 oder Abs. 2 des Strafgesetzbuches),
einen Raub mit Todesfolge (§ 251 des
Strafgesetzbuches) oder eine räuberische Erpressung (§ 255
des Strafgesetzbuches),
eine Erpressung (§ 253 des Strafgesetzbuches) unter den in §
253 Abs. 4 Satz 2 des Strafgesetzbuches genannten
Voraussetzungen,
eine gewerbsmäßige Hehlerei, eine Bandenhehlerei (§
260 des Strafgesetzbuches) oder eine gewerbsmäßige Bandenhehlerei
(§
260a des Strafgesetzbuches),
eine Geldwäsche, eine Verschleierung unrechtmäßig erlangter
Vermögenswerte nach § 261 Abs. 1 bis 4 des
Strafgesetzbuches,
eine Bestechlichkeit (§ 332 des Strafgesetzbuches) oder eine Bestechung
(§ 334 des Strafgesetzbuches),
b) eine Straftat nach § 52a Abs. 1 bis 3, § 53 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1, 2, Satz 2 des Waffengesetzes, § 34 Abs. 1 bis 6 des
Außenwirtschaftsgesetzes oder nach § 19 Abs. 1 bis 3, §
20 Abs. 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder §
22a
Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen,
c) eine Straftat nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes
in Bezug genommenen Vorschrift unter
den dort genannten Voraussetzungen oder eine Straftat nach §§
29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, § 30a oder § 30b des
Betäubungsmittelgesetzes,
d) Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung
des demokratischen Rechtsstaates oder des
Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit
(§§ 80 bis 82, 85, 87, 88, 94 bis 96, auch in Verbindung mit
§ 97b,
§§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
e) eine Straftat nach § 129 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1, §
129a des Strafgesetzbuches oder
f) eine Straftat nach § 92a Abs. 2 oder § 92b des Ausländergesetzes
oder nach § 84 Abs. 3 oder § 84a des
Asylverfahrensgesetzes
begangen hat und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung
des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise
unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre.
(2) 1Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen sich nur gegen den Beschuldigten
richten. 2Gegen andere Personen sind Maßnahmen
nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a zulässig, wenn die Erforschung
des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des
Täters auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder
wesentlich erschwert wäre. 3Maßnahmen nach Absatz 1
Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2 dürfen gegen andere Personen nur angeordnet
werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
anzunehmen ist, daß sie mit dem Täter in Verbindung stehen
oder eine solche Verbindung hergestellt wird, daß die Maßnahme
zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes
des Täters führen wird und dies auf andere Weise
aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 4Maßnahmen
nach Absatz 1 Nr. 3 dürfen nur in Wohnungen des Beschuldigten
durchgeführt werden. 5In Wohnungen anderer Personen sind Maßnahmen
nach Absatz 1 Nr. 3 nur zulässig, wenn auf Grund
bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß der Beschuldigte sich
in diesen aufhält, die Maßnahme in Wohnungen des
Beschuldigten allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts oder zur
Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters führen wird und
dies auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder
aussichtslos wäre.
(3) 1Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
§ 100d [Zuständigkeit der Anordnung]
(1) 1Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 2 dürfen nur
durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die
Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes)
angeordnet werden. 2§ 98b Abs. 1 Satz 2,
§ 100b Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, 4 und 6 gelten sinngemäß.
(2) 1Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nummer 3 dürfen nur
durch die in § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes genannte
Strafkammer des Landgerichts angeordnet werden, in dessen Bezirk die
Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. 2Bei Gefahr im
Verzug kann die Anordnung auch durch den Vorsitzenden getroffen werden.
3Dessen Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie
nicht binnen drei Tagen von der Strafkammer bestätigt wird. 4§
100b Abs. 2 Satz 1 bis 3 gilt sinngemäß.
(3) 1In den Fällen des § 53 Abs. 1 ist eine Maßnahme
nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 unzulässig. 2Dies gilt auch, wenn zu
erwarten
ist, daß sämtliche aus der Maßnahme zu gewinnenden
Erkenntnisse einem Verwertungsverbot unterliegen. 3In den Fällen der
§§ 52 und 53a dürfen aus einer Maßnahme nach §
100c Abs. 1 Nr. 3 gewonnene Erkenntnisse nur verwertet werden, wenn
dies unter Berücksichtigung der Bedeutung des zugrundeliegenden
Vertrauensverhältnisses nicht außer Verhältnis zum Interesse
an der Erforschung des Sachverhaltes oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes
des Täters steht. 4Sind die zur Verweigerung
des Zeugnisses Berechtigten einer Teilnahme oder einer Begünstigung,
Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig, so ist Satz 1
unanwendbar; außerdem muß dieser Umstand bei der Prüfung
der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. 5Über
die
Verwertbarkeit entscheidet im vorbereitenden Verfahren das in Absatz
2 Satz 1 bezeichnete Gericht.
(4) 1Eine Anordnung nach § 100c Absatz 1 Nr. 3 ist auf höchstens
vier Wochen zu befristen. 2Eine Verlängerung um jeweils
nicht mehr als vier Wochen ist zulässig, solange die Voraussetzungen
für die Maßnahme fortbestehen. 3§ 100b Abs. 4 und 6
gilt sinngemäß.
(5) 1Personenbezogene Informationen, die durch die Verwendung technischer
Mittel nach § 100c Abs. 1 Nr. 2 erlangt worden
sind, dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet
werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung
Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 100a
bezeichneten Straftat benötigt werden. 2Personenbezogene
Informationen, die durch eine Maßnahme nach § 100c Abs.
1 Nr. 3 erlangt worden sind, dürfen in anderen Strafverfahren zu
Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der
Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung
einer in § 100c Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Straftat benötigt
werden.
(6) 1Auch nach Erledigung einer Maßnahme nach § 100c Abs.
1 Nr. 3 kann der Beschuldigte, in den Fällen des § 100c Abs.
2 Satz 5 auch der Inhaber dieser Wohnung, die Überprüfung
der Rechtmäßigkeit der Anordnung sowie der Art und Weise des
Vollzugs beantragen. 2Vor Erhebung der öffentlichen Klage entscheidet
das in Absatz 2 Satz 1 genannte, danach das mit der
Sache befaßte Gericht. 3Dieses kann über die Rechtmäßigkeit
in der Entscheidung befinden, die das Verfahren abschließt.
§ 100e [Berichts- und Unterrichtungspflicht]
(1) 1Die Staatsanwaltschaft berichtet der jeweils zuständigen
obersten Justizbehörde spätestens drei Monate nach Beendigung
einer Maßnahme nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 über Anlaß,
Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der Maßnahme sowie über die
erfolgte Benachrichtigung der Beteiligten oder die Gründe, aus
denen die Benachrichtigung bislang unterblieben ist und den
Zeitpunkt, in dem die Benachrichtigung voraussichtlich erfolgen kann.
2Nach Abschluß des Verfahrens wird der Bericht
entsprechend ergänzt. 3Ist die Benachrichtigung nicht innerhalb
von vier Jahren nach Beendigung der Maßnahme erfolgt, ist die
Staatsanwaltschaft jährlich zur erneuten Vorlage eines entsprechenden
Berichtes verpflichtet.
(2) 1Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag auf der Grundlage
von Ländermitteilungen jährlich über die
durchgeführten Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3.
§ 100f [Personenbezogene Informationen]
(1) 1Personenbezogene Informationen, die durch eine Maßnahme
nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 ermittelt worden sind, dürfen nur
für Zwecke eines Strafverfahrens (§ 100d Abs. 5 Satz 2) und
zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für Leben,
Leib oder Freiheit einer Person oder erhebliche Sach- oder Vermögenswerte
verwendet werden.
(2) 1Sind personenbezogene Informationen durch eine polizeirechtliche
Maßnahme erlangt worden, die der Maßnahme nach §
100c Abs. 1 Nr. 3 entspricht, dürfen sie zu Beweiszwecken nur
verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der
Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in §
100c Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Straftat benötigt werden.
§ 101 [Benachrichtigung der Beteiligten]
(1) 1Von den getroffenen Maßnahmen (§§ 81e, 99, 100a,
100b, 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2 und 3, § 100d) sind
die Beteiligten zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung
des Untersuchungszwecks, der öffentlichen Sicherheit, von
Leib oder Leben einer Person sowie der Möglichkeit der weiteren
Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden
Beamten geschehen kann. 2Erfolgt in den Fällen des § 100c
Abs. 1 Nr. 3 die Benachrichtigung nicht binnen sechs Monaten
nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung
der Benachrichtigung der richterlichen Zustimmung. 3Vor
Erhebung der öffentlichen Klage entscheidet das in § 100d
Abs. 2 Satz 1 genannte, danach das mit der Sache befaßte Gericht.
(2) 1Sendungen, deren Öffnung nicht angeordnet worden ist, sind
dem Beteiligten sofort auszuhändigen. 2Dasselbe gilt, soweit
nach der Öffnung die Zurückbehaltung nicht erforderlich ist.
(3) 1Der Teil eines zurückbehaltenen Briefes, dessen Vorenthaltung
nicht durch die Rücksicht auf die Untersuchung geboten
erscheint, ist dem Empfangsberechtigten abschriftlich mitzuteilen.
(4) 1Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen
nach § 100c Abs. 1 Nummer 1 Buchstabe b, Nr. 2 und 3
werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. 2Zu den Akten sind sie
erst zu nehmen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes
1 erfüllt sind.
§ 102 [Durchsuchung beim Verdächtigen]
1Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder
der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig
ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie
seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl
zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn
zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung
von Beweismitteln führen werde.
§ 103 [Durchsuchung bei anderen Personen]
(1) 1Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des
Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer
Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur
dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu
schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache
sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. 2Zum Zwecke der
Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine
Straftat nach § 129a des Strafgesetzbuches oder eine der in
dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine
Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch
zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von
dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der
Beschuldigte in ihm aufhält.
(2) 1Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für
Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder
die er während der Verfolgung betreten hat.
§ 104 [Nächtliche Durchsuchung]
(1) 1Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäftsräume
und das befriedete Besitztum nur bei Verfolgung auf frischer Tat
oder bei Gefahr im Verzug oder dann durchsucht werden, wenn es sich
um die Wiederergreifung eines entwichenen
Gefangenen handelt.
(2) 1Diese Beschränkung gilt nicht für Räume, die zur
Nachtzeit jedermann zugänglich oder die der Polizei als Herbergen
oder
Versammlungsorte bestrafter Personen, als Niederlagen von Sachen, die
mittels Straftaten erlangt sind, oder als Schlupfwinkel
des Glücksspiels, des unerlaubten Betäubungsmittel- und Waffenhandels
oder der Prostitution bekannt sind.
(3) 1Die Nachtzeit umfaßt in dem Zeitraum vom ersten April bis
dreißigsten September die Stunden von neun Uhr abends bis
vier Uhr morgens und in dem Zeitraum vom ersten Oktober bis einunddreißigsten
März die Stunden von neun Uhr abends bis
sechs Uhr morgens.
§ 105 [Zuständigkeit]
(1) 1Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im
Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre
Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet
werden. 2Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet
der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr
im Verzug ist.
(2) 1Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume
oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters
oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein
Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren
Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. 2Die als Gemeindemitglieder
zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte
oder Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sein.
(3) 1Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht
allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der
Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr
um ihre Durchführung ersucht. 2Die ersuchende
Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. 3Des Ersuchens bedarf es nicht,
wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die
ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.
§ 106 [Zuziehung des Inhabers]
(1) 1Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände
darf der Durchsuchung beiwohnen. 2Ist er abwesend, so
ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger,
Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen.
(2) 1Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit zugezogenen Person ist
in den Fällen des § 103 Abs. 1 der Zweck der
Durchsuchung vor deren Beginn bekanntzumachen. 2Diese Vorschrift gilt
nicht für die Inhaber der in § 104 Abs. 2
bezeichneten Räume.
§ 107 [Mitteilung und Verzeichnis]
1Dem von der Durchsuchung Betroffenen ist nach deren Beendigung auf
Verlangen eine schriftliche Mitteilung zu machen, die
den Grund der Durchsuchung (§§ 102, 103) sowie im Falle des
§ 102 die Straftat bezeichnen muß. 2Auch ist ihm auf
Verlangen ein Verzeichnis der in Verwahrung oder in Beschlag genommenen
Gegenstände, falls aber nichts Verdächtiges
gefunden wird, eine Bescheinigung hierüber zu geben.
§ 108 [Erkenntnisse über andere Straftaten]
(1) 1Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden,
die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung
stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten,
so sind sie einstweilen in Beschlag zu nehmen. 2Der
Staatsanwaltschaft ist hiervon Kenntnis zu geben. 3Satz 1 findet keine
Anwendung, soweit eine Durchsuchung nach § 103 Abs.
1 Satz 2 stattfindet.
(2) 1Werden bei einem Arzt Gegenstände im Sinne von Absatz 1 Satz
1 gefunden, die den Schwangerschaftsabbruch einer
Patientin betreffen, ist ihre Verwertung in einem Strafverfahren gegen
die Patientin wegen einer Straftat nach § 218 des
Strafgesetzbuches ausgeschlossen.
§ 109 [Kenntlichmachung]
Die in Verwahrung oder in Beschlag genommenen Gegenstände sind
genau zu verzeichnen und zur Verhütung von
Verwechslungen durch amtliche Siegel oder in sonst geeigneter Weise
kenntlich zu machen.
§ 110 [Durchsicht von Papieren]
(1) 1Die Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen
steht der Staatsanwaltschaft zu.
(2) 1Andere Beamte sind zur Durchsicht der aufgefundenen Papiere nur
dann befugt, wenn der Inhaber die Durchsicht
genehmigt. 2Andernfalls haben sie die Papiere, deren Durchsicht sie
für geboten erachten, in einem Umschlag, der in
Gegenwart des Inhabers mit dem Amtssiegel zu verschließen ist,
an die Staatsanwaltschaft abzuliefern.
(3) 1Dem Inhaber der Papiere oder dessen Vertreter ist die Beidrückung
seines Siegels gestattet; auch ist er, falls demnächst
die Entsiegelung und Durchsicht der Papiere angeordnet wird, wenn möglich,
zur Teilnahme aufzufordern.
§ 110a [Verdeckte Ermittler]
(1) 1Verdeckte Ermittler dürfen zur Aufklärung von Straftaten
eingesetzt werden, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte
dafür vorliegen, daß eine Straftat von erheblicher Bedeutung
1. auf dem Gebiet des unerlaubten Betäubungsmittel- oder Waffenverkehrs,
der Geld- oder Wertzeichenfälschung,
2. auf dem Gebiet des Staatsschutzes (§§ 74a, 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes),
3. gewerbs- oder gewohnheitsmäßig oder
4. von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise organisiert
begangen worden ist. 2Zur Aufklärung von Verbrechen dürfen
Verdeckte Ermittler auch eingesetzt werden, soweit auf Grund
bestimmter Tatsachen die Gefahr der Wiederholung besteht. 3Der Einsatz
ist nur zulässig, soweit die Aufklärung auf andere
Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 4Zur Aufklärung
von Verbrechen dürfen Verdeckte Ermittler außerdem
eingesetzt werden, wenn die besondere Bedeutung der Tat den Einsatz
gebietet und andere Maßnahmen aussichtslos wären.
(2) 1Verdeckte Ermittler sind Beamte des Polizeidienstes, die unter
einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten
Identität (Legende) ermitteln. 2Sie dürfen unter der Legende
am Rechtsverkehr teilnehmen.
(3) 1Soweit es für den Aufbau oder die Aufrechterhaltung der Legende
unerläßlich ist, dürfen entsprechende Urkunden
hergestellt, verändert und gebraucht werden.
§ 110b [Zustimmungserfordernis; Geheimhaltung der Identität]
(1) 1Der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers ist erst nach Zustimmung
der Staatsanwaltschaft zulässig. 2Besteht Gefahr im
Verzug und kann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig
eingeholt werden, so ist sie unverzüglich
herbeizuführen; die Maßnahme ist zu beenden, wenn nicht
die Staatsanwaltschaft binnen drei Tagen zustimmt. 3Die Zustimmung
ist schriftlich zu erteilen und zu befristen. 4Eine Verlängerung
ist zulässig, solange die Voraussetzungen für den Einsatz
fortbestehen.
(2) 1Einsätze,
1. die sich gegen einen bestimmten Beschuldigten richten oder
2. bei denen der Verdeckte Ermittler eine Wohnung betritt, die nicht
allgemein zugänglich ist,
bedürfen der Zustimmung des Richters. 2Bei Gefahr im Verzug genügt
die Zustimmung der Staatsanwaltschaft. 3Kann die
Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig eingeholt werden,
so ist sie unverzüglich herbeizuführen. 4Die Maßnahme
ist zu beenden, wenn nicht der Richter binnen drei Tagen zustimmt.
5Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) 1Die Identität des Verdeckten Ermittlers kann auch nach Beendigung
des Einsatzes geheimgehalten werden. 2Der
Staatsanwalt und der Richter, die für die Entscheidung über
die Zustimmung zu dem Einsatz zuständig sind, können verlangen,
daß die Identität ihnen gegenüber offenbart wird. 3Im
übrigen ist in einem Strafverfahren die Geheimhaltung der Identität
nach
Maßgabe des § 96 zulässig, insbesondere dann, wenn
Anlaß zu der Besorgnis besteht, daß die Offenbarung Leben,
Leib oder
Freiheit des Verdeckten Ermittlers oder einer anderen Person oder die
Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten
Ermittlers gefährden würde.
§ 110c [Befugnisse]
Verdeckte Ermittler dürfen unter Verwendung ihrer Legende eine
Wohnung mit dem Einverständnis des Berechtigten betreten.
2Das Einverständnis darf nicht durch ein über die Nutzung
der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zutrittsrechts
herbeigeführt werden. 3Im übrigen richten sich die Befugnisse
des Verdeckten Ermittlers nach diesem Gesetz und anderen
Rechtsvorschriften.
§ 110d [Benachrichtigung des Wohnungsberechtigten]
(1) 1Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte
Ermittler betreten hat, sind vom Einsatz zu
benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks,
der öffentlichen Sicherheit, von Leib oder Leben
einer Person sowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung des
Verdeckten Ermittlers geschehen kann.
(2) 1Entscheidungen und sonstige Unterlagen über den Einsatz eines
Verdeckten Ermittlers werden bei der Staatsanwaltschaft
verwahrt. 2Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Voraussetzungen
des Absatzes 1 erfüllt sind.
§ 110e [Verwendung der erlangten Informationen]
Die durch den Einsatz des Verdeckten Ermittlers erlangten personenbezogenen
Informationen dürfen in anderen
Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei
Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben,
die zur Aufklärung einer in § 110a Abs. 1 bezeichneten Straftat
benötigt werden; § 100d Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 111 [Kontrollstellen an öffentlichen Orten]
(1) 1Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß eine
Straftat nach § 129a des Strafgesetzbuches, eine der in dieser
Vorschrift bezeichneten Straftaten oder eine Straftat nach § 250
Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, so
können auf öffentlichen Straßen und Plätzen und
an anderen öffentlich zugänglichen Orten Kontrollstellen eingerichtet
werden,
wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Maßnahme
zur Ergreifung des Täters oder zur Sicherstellung von
Beweismitteln führen kann, die der Aufklärung der Straftat
dienen können. 2An einer Kontrollstelle ist jedermann verpflichtet,
seine Identität feststellen und sich sowie mitgeführte Sachen
durchsuchen zu lassen.
(2) 1Die Anordnung, eine Kontrollstelle einzurichten, trifft der Richter;
die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152 des
Gerichtsverfassungsgesetzes) sind hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug
ist.
(3) 1Für die Durchsuchung und die Feststellung der Identität
nach Absatz 1 gelten § 106 Abs. 2 Satz 1, § 107 Satz 2 erster
Halbsatz, die §§ 108, 109, 110 Abs. 1 und 2 sowie die §§
163b und 163c entsprechend.
§ 111a [Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis]
(1) 1Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß
die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§ 69 des
Strafgesetzbuches), so kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluß
die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen. 2Von der
vorläufigen Entziehung können bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen
ausgenommen werden, wenn besondere Umstände die
Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßnahme dadurch
nicht gefährdet wird.
(2) 1Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist aufzuheben,
wenn ihr Grund weggefallen ist oder wenn das Gericht im
Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht.
(3) 1Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wirkt zugleich
als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme des von
einer deutschen Behörde ausgestellten Führerscheins. 2Dies
gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines
Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates
des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen
Wohnsitz im Inland hat.
(4) 1Ist ein Führerschein beschlagnahmt, weil er nach § 69
Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, und
bedarf es einer richterlichen Entscheidung über die Beschlagnahme,
so tritt an deren Stelle die Entscheidung über die vorläufige
Entziehung der Fahrerlaubnis.
(5) 1Ein Führerschein, der in Verwahrung genommen, sichergestellt
oder beschlagnahmt ist, weil er nach § 69 Abs. 3 Satz 2
des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, ist dem Beschuldigten
zurückzugeben, wenn der Richter die vorläufige
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Fehlens der in Absatz 1 bezeichneten
Voraussetzungen ablehnt, wenn er sie aufhebt oder
wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht. 2Wird
jedoch im Urteil ein Fahrverbot nach § 44 des
Strafgesetzbuches verhängt, so kann die Rückgabe des Führerscheins
aufgeschoben werden, wenn der Beschuldigte nicht
widerspricht.
(6) 1In anderen als in Absatz 3 Satz 2 genannten ausländischen
Führerscheinen ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
zu vermerken. 2Bis zur Eintragung dieses Vermerkes kann der Führerschein
beschlagnahmt werden (§ 94 Abs. 3, § 98).
§ 111b [Sicherstellung von Gegenständen]
(1) 1Gegenstände können durch Beschlagnahme nach § 111c
sichergestellt werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden
sind, daß die Voraussetzungen für ihren Verfall oder ihre
Einziehung vorliegen. 2§ 94 Abs. 3 bleibt unberührt.
(2) 1Sind Gründe für die Annahme vorhanden, daß die
Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz oder der Einziehung von
Wertersatz vorliegen, kann zu deren Sicherung nach § 111d der
dingliche Arrest angeordnet werden.
(3) 1Liegen dringende Gründe nicht vor, so hebt der Richter die
in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 genannten Maßnahmen
spätestens nach sechs Monaten auf. 2Reicht die in Satz 1 bezeichnete
Frist wegen der besonderen Schwierigkeit oder des
besonderen Umfangs der Ermittlungen oder wegen eines anderen wichtigen
Grundes nicht aus, so kann der Richter auf Antrag
der Staatsanwaltschaft die Maßnahmen um längstens drei Monate
verlängern, wenn die genannten Gründe ihre Fortdauer
rechtfertigen.
(4) 1Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.
(5) 1Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, soweit der Verfall
nur deshalb nicht angeordnet werden kann, weil die
Voraussetzungen des § 73 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches
vorliegen.
§ 111c [Beschlagnahme]
(1) Die Beschlagnahme einer beweglichen Sache wird in den Fällen
des § 111b dadurch bewirkt,
daß die Sache in Gewahrsam genommen oder die Beschlagnahme durch
Siegel oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird.
(2) 1Die Beschlagnahme eines Grundstückes oder eines Rechtes, das
den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das
unbewegliche Vermögen unterliegt, wird dadurch bewirkt, daß
ein Vermerk über die Beschlagnahme in das Grundbuch
eingetragen wird. 2Die Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung
und die Zwangsverwaltung über den Umfang
der Beschlagnahme bei der Zwangsversteigerung gelten entsprechend.
(3) 1Die Beschlagnahme einer Forderung oder eines anderen Vermögensrechtes,
das nicht den Vorschriften über die
Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, wird
durch Pfändung bewirkt. 2Die Vorschriften der
Zivilprozeßordnung über die Zwangsvollstreckung in Forderungen
und andere Vermögensrechte sind insoweit sinngemäß
anzuwenden. 3Mit der Beschlagnahme ist die Aufforderung zur Abgabe
der in § 840 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung
bezeichneten Erklärungen zu verbinden.
(4) 1Die Beschlagnahme von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen
wird nach Absatz 1 bewirkt. 2Bei solchen
Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen, die im Schiffsregister,
Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an
Luftfahrzeugen eingetragen sind, ist die Beschlagnahme im Register
einzutragen. 3Nicht eingetragene, aber eintragungsfähige
Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge können zu diesem Zweck zur
Eintragung angemeldet werden; die Vorschriften, die bei der
Anmeldung durch eine Person, die auf Grund eines vollstreckbaren Titels
eine Eintragung in das Register verlangen kann,
anzuwenden sind, gelten hierbei entsprechend.
(5) 1Die Beschlagnahme eines Gegenstandes nach den Absätzen 1 bis
4 hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne
des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches; das Verbot umfaßt
auch andere Verfügungen als Veräußerungen.
(6) 1Eine beschlagnahmte bewegliche Sache kann dem Betroffenen
1. gegen sofortige Erlegung des Wertes zurückgegeben oder
2. unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen
weiteren Benutzung bis zum Abschluß des Verfahrens
überlassen
werden. 2Der nach Satz 1 Nr. 1 erlegte Betrag tritt an die Stelle der
Sache. 3Die Maßnahme nach Satz 1 Nr. 2 kann davon
abhängig gemacht werden, daß der Betroffene Sicherheit leistet
oder bestimmte Auflagen erfüllt.
§ 111d [Dinglicher Arrest]
(1) 1Wegen des Verfalls oder der Einziehung von Wertersatz, wegen einer
Geldstrafe oder der voraussichtlich entstehenden
Kosten des Strafverfahrens kann der dingliche Arrest angeordnet werden.
2Wegen einer Geldstrafe und der voraussichtlich
entstehenden Kosten darf der Arrest erst angeordnet werden, wenn gegen
den Beschuldigten ein auf Strafe lautendes Urteil
ergangen ist. 3Zur Sicherung der Vollstreckungskosten sowie geringfügiger
Beträge ergeht kein Arrest.
(2) 1Die §§ 917 und 920 Abs. 1 sowie die §§ 923, 928, 930 bis 932, 934 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß.
(3) 1Ist der Arrest wegen einer Geldstrafe oder der voraussichtlich
entstehenden Kosten angeordnet worden, so ist eine
Vollziehungsmaßnahme auf Antrag des Beschuldigten aufzuheben,
soweit der Beschuldigte den Pfandgegenstand zur
Aufbringung der Kosten seiner Verteidigung, seines Unterhalts oder
des Unterhalts seiner Familie benötigt.
§ 111e [Anordnung der Beschlagnahme und des Arrestes]
(1) 1Zu der Anordnung der Beschlagnahme (§ 111c) und des Arrestes
(§ 111d) ist nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge
auch die Staatsanwaltschaft befugt. 2Zur Anordnung der Beschlagnahme
einer beweglichen Sache (§ 111c Abs. 1) sind bei
Gefahr im Verzuge auch die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft (§
152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) befugt.
(2) 1Hat die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme oder den Arrest angeordnet,
so beantragt sie innerhalb einer Woche die
richterliche Bestätigung der Anordnung. 2Dies gilt nicht, wenn
die Beschlagnahme einer beweglichen Sache angeordnet ist.
Der Betroffene kann in allen Fällen jederzeit die richterliche
Entscheidung beantragen.
(3) 1Die Anordnung der Beschlagnahme und des Arrestes ist dem durch
die Tat Verletzten, soweit er bekannt ist oder im
Verlauf des Verfahrens bekannt wird, unverzüglich mitzuteilen.
(4) 1Ist zu vermuten, daß weiteren Verletzten aus der Tat Ansprüche
erwachsen sind, so soll die Beschlagnahme oder der
Arrest durch einmaliges Einrücken in den Bundesanzeiger oder in
anderer geeigneter Weise bekanntgemacht werden.
§ 111f [Durchführung der Beschlagnahme und Vollziehung
des Arrestes]
(1) 1Die Durchführung der Beschlagnahme (§ 111c) obliegt
der Staatsanwaltschaft, bei beweglichen Sachen (§ 111c Abs. 1)
auch deren Hilfsbeamten. 2§ 98 Abs. 4 gilt entsprechend.
(2) 1Die erforderlichen Eintragungen in das Grundbuch sowie in die in
§ 111c Abs. 4 genannten Register werden auf Ersuchen
der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts bewirkt, welches die Beschlagnahme
angeordnet hat. 2Entsprechendes gilt für die in §
111c Abs. 4 erwähnten Anmeldungen.
(3) 1Soweit die Vollziehung des Arrestes nach den Vorschriften über
die Pfändung in bewegliche Sachen zu bewirken ist, ist
die in § 2 der Justizbeitreibungsordnung bezeichnete Behörde
zuständig. 2Absatz 2 gilt entsprechend. 3Für die Anordnung der
Pfändung eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerkes sowie
für die Pfändung einer Forderung ist der Richter, bei
Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft zuständig.
§ 111g [Wirkung der Beschlagnahme]
(1) 1Die Beschlagnahme eines Gegenstandes nach § 111c wirkt nicht
gegen eine Verfügung des Verletzten, die auf Grund eines
aus der Straftat erwachsenen Anspruches im Wege der Zwangsvollstreckung
oder der Arrestvollziehung erfolgt.
(2) 1Die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung nach Absatz 1 bedarf
der Zulassung durch den Richter, der für die
Beschlagnahme (§ 111c) zuständig ist. 2Die Entscheidung ergeht
durch Beschluß, der von der Staatsanwaltschaft, dem
Beschuldigten und dem Verletzten mit sofortiger Beschwerde angefochten
werden kann. 3Die Zulassung ist zu versagen, wenn
der Verletzte nicht glaubhaft macht, daß der Anspruch aus der
Straftat erwachsen ist. 4§ 294 der Zivilprozeßordnung ist
anzuwenden.
(3) 1Das Veräußerungsverbot nach § 111c Abs. 5 gilt
vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an auch zugunsten von Verletzten,
die während der Dauer der Beschlagnahme in den beschlagnahmten
Gegenstand die Zwangsvollstreckung betreiben oder den
Arrest vollziehen. 2Die Eintragung des Veräußerungsverbotes
im Grundbuch zugunsten des Staates gilt für die Anwendung des
§ 892 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches auch als
Eintragung zugunsten solcher Verletzter, die während der Dauer
der Beschlagnahme als Begünstigte aus dem Veräußerungsverbot
in das Grundbuch eingetragen werden. 3Der Nachweis, daß
der Anspruch aus der Straftat erwachsen ist, kann gegenüber dem
Grundbuchamt durch Vorlage des Zulassungsbeschlusses
geführt werden. 4Die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß
für das Veräußerungsverbot bei den in § 111c Abs.
4 genannten
Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen. 5Die Wirksamkeit des
Veräußerungsverbotes zugunsten des Verletzten wird
durch die Aufhebung der Beschlagnahme nicht berührt.
(4) 1Unterliegt der beschlagnahmte Gegenstand aus anderen als den in
§ 73 Abs. 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches bezeichneten
Gründen nicht dem Verfall oder ist die Zulassung zu Unrecht erfolgt,
so ist der Verletzte Dritten zum Ersatz des Schadens
verpflichtet, der ihnen dadurch entsteht, daß das Veräußerungsverbot
nach Absatz 3 zu seinen Gunsten gilt.
(5) 1Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, wenn der Verfall
eines Gegenstandes angeordnet, die Anordnung aber noch
nicht rechtskräftig ist. 2Sie gelten nicht, wenn der Gegenstand
der Einziehung unterliegt.
§ 111h [Vorrangige Befriedigung des Verletzten]
(1) 1Betreibt der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen
Anspruches die Zwangsvollstreckung oder vollzieht er
einen Arrest in ein Grundstück, in welches ein Arrest nach §
111d vollzogen ist, so kann er verlangen, daß die durch den
Vollzug dieses Arrestes begründete Sicherungshypothek hinter seinem
Recht im Rang zurücktritt. 2Der dem vortretenden Recht
eingeräumte Rang geht nicht dadurch verloren, daß der Arrest
aufgehoben wird. 3Die Zustimmung des Eigentümers zur
Rangänderung ist nicht erforderlich. 4Im übrigen ist §
880 des Bürgerlichen Gesetzbuches sinngemäß anzuwenden.
(2) 1Die Rangänderung bedarf der Zulassung durch den Richter, der
für den Arrest (§ 111d) zuständig ist. 2§ 111g Abs.
2
Satz 2 bis 4 und Abs. 3 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) 1Ist die Zulassung zu Unrecht erfolgt, so ist der Verletzte Dritten
zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihnen durch die
Rangänderung entsteht.
§ 111i [Aufrechterhaltung der Beschlagnahme]
1Soweit im Urteil lediglich deshalb nicht auf Verfall oder Verfall
des Wertersatzes erkannt wird, weil Ansprüche eines
Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches
entgegenstehen oder weil das Verfahren nach den §§ 430
und 442 auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt wird, kann die
Beschlagnahme nach § 111c für die Dauer von höchstens drei
Monaten aufrechterhalten werden, sofern die sofortige Aufhebung gegenüber
dem Verletzten unbillig wäre.
§ 111k [Herausgabe an den Verletzten]
1Bewegliche Sachen, die nach § 94 beschlagnahmt oder sonst sichergestellt
oder nach § 111c Abs. 1 beschlagnahmt worden
sind, sollen dem Verletzten, dem sie durch die Straftat entzogen worden
sind, herausgegeben werden, wenn er bekannt ist,
Ansprüche Dritter nicht entgegenstehen und die Sachen für
Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt werden.
§ 111l [Herausgabe vor Rechtskraft des Urteils]
(1) 1Gegenstände, die nach § 111c beschlagnahmt worden sind,
sowie Gegenstände, die auf Grund eines Arrestes (§ 111d)
gepfändet worden sind, dürfen vor der Rechtskraft des Urteils
veräußert werden, wenn ihr Verderb oder eine wesentliche
Minderung ihres Wertes droht oder ihre Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung
mit unverhältnismäßig großen Kosten oder
Schwierigkeiten verbunden ist. 2Der Erlös tritt an die Stelle
der Gegenstände.
(2) 1Im vorbereitenden Verfahren wird die Notveräußerung
durch die Staatsanwaltschaft angeordnet. 2Ihren Hilfsbeamten (§
152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) steht diese Befugnis zu, wenn
der Gegenstand zu verderben droht, bevor die
Entscheidung der Staatsanwaltschaft herbeigeführt werden kann.
(3) 1Nach Erhebung der öffentlichen Klage trifft die Anordnung
das mit der Hauptsache befaßte Gericht. 2Der
Staatsanwaltschaft steht diese Befugnis zu, wenn der Gegenstand zu
verderben droht, bevor die Entscheidung des Gerichts
herbeigeführt werden kann; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) 1Der Beschuldigte, der Eigentümer und andere, denen Rechte
an der Sache zustehen, sollen vor der Anordnung gehört
werden. 2Die Anordnung sowie Zeit und Ort der Veräußerung
sind ihnen, soweit dies ausführbar erscheint, mitzuteilen.
(5) 1Die Notveräußerung wird nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung
über die Verwertung einer gepfändeten Sache
durchgeführt. 2An die Stelle des Vollstreckungsgerichts (§
764 der Zivilprozeßordnung) tritt in den Fällen der Absätze
2 und 3
Satz 2 die Staatsanwaltschaft, in den Fällen des Absatzes 3 Satz
1 das mit der Hauptsache befaßte Gericht. 3Die nach § 825
der Zivilprozeßordnung zulässige Verwertung kann von Amts
wegen oder auf Antrag der in Absatz 4 genannten Personen, im
Falle des Absatzes 3 Satz 1 auch auf Antrag der Staatsanwaltschaft,
gleichzeitig mit der Notveräußerung oder nachträglich
angeordnet werden.
(6) 1Gegen Anordnungen der Staatsanwaltschaft oder ihrer Hilfsbeamten
im vorbereitenden Verfahren (Absätze 2 und 5) kann
der Betroffene gerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des §
161a Abs. 3 beantragen. 2Gegen Anordnungen der
Staatsanwaltschaft oder ihrer Hilfsbeamten nach Erhebung der öffentlichen
Klage (Absatz 3 Satz 2, Absatz 5) kann der
Betroffene die Entscheidung des mit der Hauptsache befaßten Gerichts
(Absatz 3 Satz 1) beantragen. 3Das Gericht, in
dringenden Fällen der Vorsitzende, kann die Aussetzung der Veräußerung
anordnen.
§ 111m [Beschlagnahme von Schriften]
(1) 1Die Beschlagnahme eines Druckwerks, einer sonstigen Schrift oder
eines Gegenstandes im Sinne des § 74d des
Strafgesetzbuches darf nach § 111b Abs. 1 nicht angeordnet werden,
wenn ihre nachteiligen Folgen, insbesondere die
Gefährdung des öffentlichen Interesses an unverzögerter
Verbreitung offenbar außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache
stehen.
(2) 1Ausscheidbare Teile der Schrift, die nichts Strafbares enthalten,
sind von der Beschlagnahme auszuschließen. 2Die
Beschlagnahme kann in der Anordnung weiter beschränkt werden.
(3) 1In der Anordnung der Beschlagnahme sind die Stellen der Schrift, die zur Beschlagnahme Anlaß geben, zu bezeichnen.
(4) 1Die Beschlagnahme kann dadurch abgewendet werden, daß der
Betroffene den Teil der Schrift, der zur Beschlagnahme
Anlaß gibt, von der Vervielfältigung oder der Verbreitung
ausschließt.
§ 111n [Anordnung der Beschlagnahme eines Druckwerks]
(1) 1Die Beschlagnahme eines periodischen Druckwerks oder eines ihm
gleichstehenden Gegenstandes im Sinne des § 74d des
Strafgesetzbuches darf nur durch den Richter angeordnet werden. 2Die
Beschlagnahme eines anderen Druckwerks oder eines
sonstigen Gegenstandes im Sinne des § 74d des Strafgesetzbuches
kann bei Gefahr im Verzug auch durch die
Staatsanwaltschaft angeordnet werden. 3Die Anordnung der Staatsanwaltschaft
tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei
Tagen von dem Richter bestätigt wird.
(2) 1Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn nicht binnen zwei Monaten
die öffentliche Klage erhoben oder die selbständige
Einziehung beantragt ist. 2Reicht die in Satz 1 bezeichnete Frist wegen
des besonderen Umfanges der Ermittlungen nicht aus, so
kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Frist um weitere
zwei Monate verlängern. 3Der Antrag kann einmal
wiederholt werden.
(3) 1Solange weder die öffentliche Klage erhoben noch die selbständige
Einziehung beantragt worden ist, ist die
Beschlagnahme aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es beantragt.
§ 111o [Arrest wegen Vermögensstrafe]
(1) 1Sind Gründe für die Annahme vorhanden, daß die
Voraussetzungen für die Verhängung einer Vermögensstrafe
vorliegen,
so kann wegen dieser der dingliche Arrest angeordnet werden.
(2) 1Die §§ 917, 928, 930 bis 932, 934 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung
gelten sinngemäß. 2In der Arrestanordnung ist ein
Geldbetrag festzustellen, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung
des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Antrag
auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird. 3Die Höhe
des Betrages bestimmt sich nach den Umständen des
Einzelfalles, namentlich nach der voraussichtlichen Höhe der Vermögensstrafe.
4Diese kann geschätzt werden. 5Das Gesuch
auf Erlaß des Arrestes soll die für die Feststellung des
Geldbetrages erforderlichen Tatsachen enthalten.
(3) 1Zu der Anordnung des Arrestes wegen einer Vermögensstrafe
ist nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch die
Staatsanwaltschaft befugt. 2Hat die Staatsanwaltschaft die Anordnung
getroffen, so beantragt sie innerhalb einer Woche die
richterliche Bestätigung der Anordnung. 3Der Beschuldigte kann
jederzeit die richterliche Entscheidung beantragen.
(4) 1Soweit wegen einer Vermögensstrafe die Vollziehung des Arrestes
in bewegliche Sachen zu bewirken ist, gilt § 111f Abs.
1 entsprechend.
(5) 1Im übrigen finden § 111b Abs. 3, § 111e Abs. 3 und
4, § 111f Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 sowie die §§ 111g und
111h
Anwendung.
§ 111p [Vermögensbeschlagnahme]
(1) 1Unter den Voraussetzungen des § 111o Abs. 1 kann das Vermögen
des Beschuldigten mit Beschlag belegt werden, wenn
die Vollstreckung der zu erwartenden Vermögensstrafe im Hinblick
auf Art oder Umfang des Vermögens oder aus sonstigen
Gründen durch eine Arrestanordnung nach § 111o nicht gesichert
erscheint.
(2) 1Die Beschlagnahme ist auf einzelne Vermögensbestandteile zu
beschränken, wenn dies nach den Umständen, namentlich
nach der zu erwartenden Höhe der Vermögensstrafe, ausreicht,
um deren Vollstreckung sicherzustellen.
(3) 1Mit der Anordnung der Vermögensbeschlagnahme verliert der
Beschuldigte das Recht, das in Beschlag genommene
Vermögen zu verwalten und darüber unter Lebenden zu verfügen.
2In der Anordnung ist die Stunde der Beschlagnahme
anzugeben.
(4) 1§ 111b Abs. 3, § 111o Abs. 3, §§ 291, 292 Abs. 2, § 293 gelten entsprechend.
(5) 1Der Vermögensverwalter hat der Staatsanwaltschaft und dem
Gericht über alle im Rahmen der Verwaltung des
Vermögens erlangten Erkenntnisse, die dem Zweck der Beschlagnahme
dienen können, Mitteilung zu machen.Neunter
Abschnitt
Verhaftung und vorläufige Festnahme
§ 112 [Untersuchungshaft; Haftgründe]
(1) 1Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet
werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein
Haftgrund besteht. 2Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der
Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe
oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis
steht.
(2) 1Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
1. festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist
oder sich verborgen hält,
2. bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr
besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen
werde (Fluchtgefahr), oder
3. das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet,
er werde
a) Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken
oder fälschen oder
b) auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer
Weise einwirken oder
c) andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit
erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) 1Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 129a Abs.
1 oder nach den §§ 211, 212, 220a Abs. 1 Nr. 1, § 226,
306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib
oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach
§ 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig
ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn
ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
§ 112a [Wiederholungs- oder Fortsetzungsgefahr]
(1) 1Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig
ist,
1. eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 179 des Strafgesetzbuches
oder
2. wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend
beeinträchtigende Straftat nach § 125a, nach den §§
224
bis 227, nach den §§ 243, 244, 249 bis 255, 260, nach §
263, nach den §§ 306 bis 306c oder § 316a des Strafgesetzbuches
oder nach § 29 Absatz 1 Nr. 1, 4, 10 oder Abs. 3, § 29a Abs.
1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes
begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen,
daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche
Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde,
die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich
und in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als
einem Jahr zu erwarten ist.
(2) 1Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für
den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und
die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls
nach § 116 Abs. 1, 2 nicht gegeben sind.
§ 113 [Untersuchungshaft bei leichteren Taten]
(1) 1Ist die Tat nur mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder
mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bedroht,
so darf die Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr nicht angeordnet
werden.
(2) 1In diesen Fällen darf die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr
nur angeordnet werden, wenn der Beschuldigte
1. sich dem Verfahren bereits einmal entzogen hatte oder Anstalten
zur Flucht getroffen hat,
2. im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt
hat oder
3. sich über seine Person nicht ausweisen kann.
§ 114 [Haftbefehl]
(1) 1Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des
Richters angeordnet.
(2) 1In dem Haftbefehl sind anzuführen
1. der Beschuldigte,
2. die Tat, deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer
Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die
anzuwendenden Strafvorschriften,
3. der Haftgrund sowie
4. die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der
Haftgrund ergibt, soweit nicht dadurch die Staatssicherheit
gefährdet wird.
(3) 1Wenn die Anwendung des § 112 Abs. 1 Satz 2 naheliegt oder
der Beschuldigte sich auf diese Vorschrift beruft, sind die
Gründe dafür anzugeben, daß sie nicht angewandt wurde.
§ 114a [Bekanntgabe des Haftbefehls]
(1) 1Der Haftbefehl ist dem Beschuldigten bei der Verhaftung bekanntzugeben.
2Ist dies nicht möglich, so ist ihm vorläufig
mitzuteilen, welcher Tat er verdächtig ist. 3Die Bekanntgabe des
Haftbefehls ist in diesem Fall unverzüglich nachzuholen.
(2) 1Der Beschuldigte erhält eine Abschrift des Haftbefehls.
§ 114b [Benachrichtigung der Angehörigen]
(1) 1Von der Verhaftung und jeder weiteren Entscheidung über die
Fortdauer der Haft wird ein Angehöriger des Verhafteten
oder eine Person seines Vertrauens unverzüglich benachrichtigt.
2Für die Anordnung ist der Richter zuständig.
(2) 1Außerdem ist dem Verhafteten selbst Gelegenheit zu geben,
einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens von
der Verhaftung zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Untersuchung
dadurch nicht gefährdet wird.
§ 115 [Vorführung vor den zuständigen Richter]
(1) 1Wird der Beschuldigte auf Grund des Haftbefehls ergriffen, so
ist er unverzüglich dem zuständigen Richter vorzuführen.
(2) 1Der Richter hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung,
spätestens am nächsten Tage, über den Gegenstand
der Beschuldigung zu vernehmen.
(3) 1Bei der Vernehmung ist der Beschuldigte auf die ihn belastenden
Umstände und sein Recht hinzuweisen, sich zur
Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.
2Ihm ist Gelegenheit zu geben, die Verdachts- und Haftgründe zu
entkräften und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen
Gunsten sprechen.
(4) 1Wird die Haft aufrechterhalten, so ist der Beschuldigte über
das Recht der Beschwerde und die anderen Rechtsbehelfe (§
117 Abs. 1, 2, § 118 Abs. 1, 2) zu belehren.
§ 115a [Vorführung vor den Richter des nächsten Amtsgerichts]
(1) 1Kann der Beschuldigte nicht spätestens am Tage nach der Ergreifung
vor den zuständigen Richter gestellt werden, so ist er
unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem
Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.
(2) 1Der Richter hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung,
spätestens am nächsten Tage, zu vernehmen. 2Bei
der Vernehmung wird, soweit möglich, § 115 Abs. 3 angewandt.
3Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Haftbefehl
aufgehoben oder der Ergriffene nicht die in dem Haftbefehl bezeichnete
Person ist, so ist der Ergriffene freizulassen. 4Erhebt
dieser sonst gegen den Haftbefehl oder dessen Vollzug Einwendungen,
die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder hat der
Richter Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der Haft, so teilt er
sie dem zuständigen Richter unverzüglich und auf dem nach
den Umständen angezeigten schnellsten Wege mit.
(3) 1Wird der Beschuldigte nicht freigelassen, so ist er auf sein Verlangen
dem zuständigen Richter zur Vernehmung nach § 115
vorzuführen. 2Der Beschuldigte ist auf dieses Recht hinzuweisen
und gemäß § 115 Abs. 4 zu belehren.
§ 116 [Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls]
(1) 1Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich
wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger
einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen,
daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie
erreicht werden kann. 2In Betracht kommen namentlich
1. die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde
oder einer von ihnen bestimmten
Dienststelle zu melden,
2. die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten
Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der
Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3. die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person
zu verlassen,
4. die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten
oder einen anderen.
(2) 1Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen
Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn
weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen,
daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich
vermindern werden. 2In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit
Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen
keine Verbindung aufzunehmen.
(3) 1Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach §
112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung
hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte
Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft
erreicht wird.
(4) 1Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3
den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
1. der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen
gröblich zuwiderhandelt,
2. der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße
Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich
auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht
gerechtfertigt war, oder
3. neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.
§ 116a [Sicherheitsleistung]
(1) 1Die Sicherheit ist durch Hinterlegung in barem Geld, in Wertpapieren,
durch Pfandbestellung oder durch Bürgschaft
geeigneter Personen zu leisten.
(2) 1Der Richter setzt Höhe und Art der Sicherheit nach freiem Ermessen fest.
(3) 1Der Beschuldigte, der die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls
gegen Sicherheitsleistung beantragt und nicht im
Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnt, ist verpflichtet, eine im Bezirk
des zuständigen Gerichts wohnende Person zum
Empfang von Zustellungen zu bevollmächtigen.
§ 117 [Haftprüfung]
(1) 1Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit
die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl
aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung).
(2) 1Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Beschwerde unzulässig.
2Das Recht der Beschwerde gegen die Entscheidung,
die auf den Antrag ergeht, wird dadurch nicht berührt.
(3) 1Der Richter kann einzelne Ermittlungen anordnen, die für die
künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung der
Untersuchungshaft von Bedeutung sind, und nach Durchführung dieser
Ermittlungen eine neue Prüfung vornehmen.
(4) 1Hat der Beschuldigte noch keinen Verteidiger, so wird ihm ein Verteidiger
für die Dauer der Untersuchungshaft bestellt,
wenn deren Vollzug mindestens drei Monate gedauert hat und die Staatsanwaltschaft
oder der Beschuldigte oder sein
gesetzlicher Vertreter es beantragt. 2Über das Antragsrecht ist
der Beschuldigte zu belehren. 3Die §§ 142, 143 und 145 gelten
entsprechend.
(5) 1Hat die Untersuchungshaft drei Monate gedauert, ohne daß
der Beschuldigte die Haftprüfung beantragt oder
Haftbeschwerde eingelegt hat, so findet die Haftprüfung von Amts
wegen statt, es sei denn, daß der Beschuldigte einen
Verteidiger hat.
§ 118 [Verfahren]
(1) 1Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder
nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach
mündlicher Verhandlung entschieden.
(2) 1Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch im
Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder
von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden.
(3) 1Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten
worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch
auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft
mindestens drei Monate und seit der letzten
mündlichen Verhandlung mindestens zwei Monate gedauert hat.
(4) 1Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange
die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil
ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende
Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.
(5) 1Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen;
sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei
Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden.
§ 118a [Mündliche Verhandlung]
(1) 1Von Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung sind die Staatsanwaltschaft
sowie der Beschuldigte und der Verteidiger zu
benachrichtigen.
(2) 1Der Beschuldigte ist zu der Verhandlung vorzuführen, es sei
denn, daß er auf die Anwesenheit in der Verhandlung
verzichtet hat oder daß der Vorführung weite Entfernung
oder Krankheit des Beschuldigten oder andere nicht zu beseitigende
Hindernisse entgegenstehen. 2Wird der Beschuldigte zur mündlichen
Verhandlung nicht vorgeführt, so muß ein Verteidiger seine
Rechte in der Verhandlung wahrnehmen. 3In diesem Falle ist ihm für
die mündliche Verhandlung ein Verteidiger zu bestellen,
wenn er noch keinen Verteidiger hat. 4Die §§ 142, 143 und
145 gelten entsprechend.
(3) 1In der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten
zu hören. 2Art und Umfang der Beweisaufnahme
bestimmt das Gericht. 3Über die Verhandlung ist eine Niederschrift
aufzunehmen; die §§ 271 bis 273 gelten entsprechend.
(4) 1Die Entscheidung ist am Schluß der mündlichen Verhandlung
zu verkünden. 2Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung
spätestens binnen einer Woche zu erlassen.
§ 118b [Anwendung von Rechtsmittelvorschriften]
Für den Antrag auf Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) und den
Antrag auf mündliche Verhandlung gelten die §§ 297 bis 300
und
302 Abs. 2 entsprechend.
§ 119 [Vollzug der Untersuchungshaft]
(1) 1Der Verhaftete darf nicht mit anderen Gefangenen in demselben
Raum untergebracht werden. 2Er ist auch sonst von
Strafgefangenen, soweit möglich, getrennt zu halten.
(2) 1Mit anderen Untersuchungsgefangenen darf er in demselben Raum untergebracht
werden, wenn er es ausdrücklich
schriftlich beantragt. 2Der Antrag kann jederzeit in gleicher Weise
zurückgenommen werden. 3Der Verhaftete darf auch dann
mit anderen Gefangenen in demselben Raum untergebracht werden, wenn
sein körperlicher oder geistiger Zustand es erfordert.
(3) 1Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt
werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die
Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordert.
(4) 1Bequemlichkeiten und Beschäftigungen darf er sich auf seine
Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zweck der Haft
vereinbar sind und nicht die Ordnung in der Vollzugsanstalt stören.
(5) 1Der Verhaftete darf gefesselt werden, wenn
1. die Gefahr besteht, daß er Gewalt gegen Personen oder Sachen
anwendet, oder wenn er Widerstand leistet,
2. er zu fliehen versucht oder wenn bei Würdigung der Umstände
des Einzelfalles, namentlich der Verhältnisse des
Beschuldigten und der Umstände, die einer Flucht entgegenstehen,
die Gefahr besteht, daß er sich aus dem Gewahrsam
befreien wird,
3. die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung besteht
und wenn die Gefahr durch keine andere, weniger einschneidende Maßnahme
abgewendet werden kann. 2Bei der
Hauptverhandlung soll er ungefesselt sein.
(6) 1Die nach diesen Vorschriften erforderlichen Maßnahmen ordnet
der Richter an. 2In dringenden Fällen kann der
Staatsanwalt, der Anstaltsleiter oder ein anderer Beamter, unter dessen
Aufsicht der Verhaftete steht, vorläufige Maßnahmen
treffen. 3Sie bedürfen der Genehmigung des Richters.
§ 120 [Aufhebung des Haftbefehls]
(1) 1Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der
Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt,
daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache
und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung
und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. 2Er ist
namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die
Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht
bloß vorläufig eingestellt wird.
(2) 1Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.
(3) 1Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft
es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt.
Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung
des Beschuldigten anordnen.
§ 121 [Dauer der Untersuchungshaft]
(1) 1Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder
eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und
Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben
Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten
werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang
der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das
Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) 1In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf
der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des
Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht
die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) 1Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz
2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf
bis zu dessen Entscheidung. 2Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor
die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch
bis zur Verkündung des Urteils. 3Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt
und werden die Akten unverzüglich nach der
Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf
ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.
(4) 1In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes
zuständig ist, entscheidet das nach
§ 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht.
2In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach §
120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen
Stelle der Bundesgerichtshof.
§ 122 [Haftprüfung durch das OLG]
(1) 1In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht
die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem
Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft
für erforderlich hält oder die
Staatsanwaltschaft es beantragt.
(2) 1Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger
zu hören. 2Das Oberlandesgericht kann über die
Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden;
geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.
(3) 1Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft
an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. 2Für die
weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht
zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine
freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.
3Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den
allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die
Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. 4In den Fällen
des §
118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag
auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.
(4) 1Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist
auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten.
2Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten
wiederholt werden.
(5) 1Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.
(6) 1Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft,
so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer
der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für
die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch
nicht zuständig wäre.
(7) 1Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.
§ 122a [Höchstdauer der Untersuchungshaft]
In den Fällen des § 121 Abs. 1 darf der Vollzug der Haft
nicht länger als ein Jahr aufrechterhalten werden, wenn sie auf den
Haftgrund des § 112a gestützt ist.
§ 123 [Aufhebung von Maßnahmen]
(1) 1Eine Maßnahme, die der Aussetzung des Haftvollzugs dient
(§ 116), ist aufzuheben, wenn
1. der Haftbefehl aufgehoben wird oder
2. die Untersuchungshaft oder die erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende
Maßregel der Besserung und Sicherung
vollzogen wird.
(2) 1Unter denselben Voraussetzungen wird eine noch nicht verfallene Sicherheit frei.
(3) 1Wer für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, kann deren
Freigabe dadurch erlangen, daß er entweder binnen einer
vom Gericht zu bestimmenden Frist die Gestellung des Beschuldigten
bewirkt oder die Tatsachen, die den Verdacht einer vom
Beschuldigten beabsichtigten Flucht begründen, so rechtzeitig
mitteilt, daß der Beschuldigte verhaftet werden kann.
§ 124 [Verfall der Sicherheit]
(1) 1Eine noch nicht frei gewordene Sicherheit verfällt der Staatskasse,
wenn der Beschuldigte sich der Untersuchung oder dem
Antritt der erkannten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel
der Besserung und Sicherung entzieht.
(2) 1Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte sowie derjenige, welcher
für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, zu
einer Erklärung aufzufordern. 2Gegen die Entscheidung steht ihnen
nur die sofortige Beschwerde zu. 3Vor der Entscheidung
über die Beschwerde ist ihnen und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit
zur mündlichen Begründung ihrer Anträge sowie zur
Erörterung über durchgeführte Ermittlungen zu geben.
(3) 1Die den Verfall aussprechende Entscheidung hat gegen denjenigen,
welcher für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat,
die Wirkungen eines von dem Zivilrichter erlassenen, für vorläufig
vollstreckbar erklärten Endurteils und nach Ablauf der
Beschwerdefrist die Wirkungen eines rechtskräftigen Zivilendurteils.
§ 125 [Zuständigkeit für Erlaß des Haftbefehls]
(1) 1Vor Erhebung der öffentlichen Klage erläßt der
Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand
begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, auf Antrag
der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar
und Gefahr im Verzug ist, von Amts wegen den Haftbefehl.
(2) 1Nach Erhebung der öffentlichen Klage erläßt den
Haftbefehl das Gericht, das mit der Sache befaßt ist, und, wenn Revision
eingelegt ist, das Gericht, dessen Urteil angefochten ist. 2In dringenden
Fällen kann auch der Vorsitzende den Haftbefehl
erlassen.
§ 126 [Zuständigkeit für Haftvollzug]
(1) 1Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren
richterlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die
Untersuchungshaft oder auf die Aussetzung des Haftvollzugs (§
116) beziehen, der Richter zuständig, der den Haftbefehl
erlassen hat. 2Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so
ist der Richter zuständig, der die vorangegangene
Entscheidung erlassen hat. 3Wird das vorbereitende Verfahren an einem
anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an
einem anderen Ort vollzogen, so kann der Richter, sofern die Staatsanwaltschaft
es beantragt, die Zuständigkeit dem Richter
bei dem Amtsgericht dieses Ortes übertragen. 4Ist der Ort in mehrere
Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung
durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. 5Die Landesregierung
kann diese Ermächtigung auf die
Landesjustizverwaltung übertragen.
(2) 1Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig,
das mit der Sache befaßt ist. 2Nach Einlegung der
Revision ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten
ist. 3Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der
Vorsitzende an. 4In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl
aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die
Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die
Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
(3) 1Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das
angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser
Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des
§ 120 Abs. 1 vorliegen.
(4) 1Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.
§ 126a [Einstweilige Unterbringung]
(1) 1Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß
jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit
oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches)
begangen hat und daß seine Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet
werden wird, so kann das Gericht durch
Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser
Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es
erfordert.
(2) 1Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§
114 bis 115a, 117 bis 119, 125 und 126 entsprechend. 2Hat der
Unterzubringende einen gesetzlichen Vertreter, so ist der Beschluß
auch diesem bekanntzugeben.
(3) 1Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen
der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen
oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht
anordnet. 2Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung
nicht aufgehalten werden. 3§ 120 Abs. 3 gilt
entsprechend.
§ 127 [Vorläufige Festnahme]
(1) 1Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist,
wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht
sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche
Anordnung vorläufig festzunehmen. 2Die
Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft
oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach §
163b Abs. 1.
(2) 1Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind
bei Gefahr im Verzug auch dann zur vorläufigen
Festnahme befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines
Unterbringungsbefehls vorliegen.
(3) 1Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige
Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht
gestellt ist. 2Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung
oder auf Strafverlangen verfolgbar ist.
§ 127a [Absehen von Festnahme]
(1) 1Hat der Beschuldigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen
festen Wohnsitz oder Aufenthalt und liegen die
Voraussetzungen eines Haftbefehls nur wegen Fluchtgefahr vor, so kann
davon abgesehen werden, seine Festnahme
anzuordnen oder aufrechtzuerhalten, wenn
1. nicht damit zu rechnen ist, daß wegen der Tat eine Freiheitsstrafe
verhängt oder eine freiheitsentziehende Maßregel der
Besserung und Sicherung angeordnet wird und
2. der Beschuldigte eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende
Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens leistet.
(2) 1§ 116a Abs. 1 und 3 gilt entsprechend.
§ 127b [Festnahme zur Durchführung der Hauptverhandlung]
(1) 1Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind
zur vorläufigen Festnahme eines auf frischer Tat
Betroffenen oder Verfolgten auch dann befugt, wenn
1. eine unverzügliche Entscheidung im beschleunigten Verfahren
wahrscheinlich ist und
2. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, daß
der Festgenommene der Hauptverhandlung fernbleiben wird.
(2) 1Ein Haftbefehl (§ 128 Abs. 2 Satz 2) darf aus den Gründen
des Absatzes 1 gegen den der Tat dringend Verdächtigen nur
ergehen, wenn die Durchführung der Hauptverhandlung binnen einer
Woche nach der Festnahme zu erwarten ist. 2Der
Haftbefehl ist auf höchstens eine Woche ab dem Tage der Festnahme
zu befristen.
(3) 1Über den Erlaß des Haftbefehls soll der für die
Durchführung des beschleunigten Verfahrens zuständige Richter
entscheiden.
§ 128 [Vorführung vor den Richter]
(1) 1Der Festgenommene ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt
wird, unverzüglich, spätestens am Tage nach der
Festnahme, dem Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er festgenommen
worden ist, vorzuführen. 2Der Richter
vernimmt den Vorgeführten gemäß § 115 Abs. 3.
(2) 1Hält der Richter die Festnahme nicht für gerechtfertigt
oder ihre Gründe für beseitigt, so ordnet er die Freilassung
an.
2Andernfalls erläßt er auf Antrag der Staatsanwaltschaft
oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist, von Amts wegen
einen Haftbefehl oder einen Unterbringungsbefehl. 3§ 115 Abs.
4 gilt entsprechend.
§ 129 [Vorführung nach Anklageerhebung]
1Ist gegen den Festgenommenen bereits die öffentliche Klage erhoben,
so ist er entweder sofort oder auf Verfügung des
Richters, dem er zunächst vorgeführt worden ist, dem zuständigen
Gericht vorzuführen; dieses hat spätestens am Tage nach der
Festnahme über Freilassung, Verhaftung oder einstweilige Unterbringung
des Festgenommenen zu entscheiden.
§ 130 [Antragsstraftaten]
1Wird wegen Verdachts einer Straftat, die nur auf Antrag verfolgbar
ist, ein Haftbefehl erlassen, bevor der Antrag gestellt ist,
so ist der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer, sofort
von dem Erlaß des Haftbefehls in Kenntnis zu setzen und
davon zu unterrichten, daß der Haftbefehl aufgehoben werden wird,
wenn der Antrag nicht innerhalb einer vom Richter zu
bestimmenden Frist, die eine Woche nicht überschreiten soll, gestellt
wird. 2Wird innerhalb der Frist Strafantrag nicht gestellt,
so ist der Haftbefehl aufzuheben. 3Dies gilt entsprechend, wenn eine
Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen
verfolgbar ist. 4§ 120 Abs. 3 ist anzuwenden.
§ 131 [Steckbrief]
(1) 1Auf Grund eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls können
die Staatsanwaltschaft oder der Richter einen
Steckbrief erlassen, wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich
verborgen hält.
(2) 1Ohne Haft- oder Unterbringungsbefehl ist eine steckbriefliche Verfolgung
nur zulässig, wenn ein Festgenommener
entweicht oder sich sonst der Bewachung entzieht. 2In diesen Fällen
kann auch die Polizeibehörde einen Steckbrief erlassen.
(3) 1In dem Steckbrief ist der Verfolgte zu bezeichnen und soweit möglich
zu beschreiben. 2Die Tat, deren er verdächtig ist,
sowie Ort und Zeit ihrer Begehung sind anzugeben.
(4) 1Die §§ 115 und 115a gelten entsprechend.
9a. Abschnitt
Sonstige Maßnahmen zur Sicherstellung der Strafverfolgung
und Strafvollstreckung
§ 132 [Sonstige Maßnahmen]
(1) 1Hat der Beschuldigte, der einer Straftat dringend verdächtig
ist, im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen
Wohnsitz oder Aufenthalt, liegen aber die Voraussetzungen eines Haftbefehls
nicht vor, so kann, um die Durchführung des
Strafverfahrens sicherzustellen, angeordnet werden, daß der Beschuldigte
1. eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe
und die Kosten des Verfahrens leistet und
2. eine im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnende Person zum
Empfang von Zustellungen bevollmächtigt.
§ 116a Abs. 1 gilt entsprechend.
(2) 1Die Anordnung dürfen nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge
auch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152
des Gerichtsverfassungsgesetzes) treffen.
(3) 1Befolgt der Beschuldigte die Anordnung nicht, so können Beförderungsmittel
und andere Sachen, die der Beschuldigte mit
sich führt und die ihm gehören, beschlagnahmt werden. 2Die
§§ 94 und 98 gelten entsprechend.
9b. Abschnitt
Vorläufiges Berufsverbot
§ 132a [Vorläufiges Berufsverbot]
(1) 1Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß
ein Berufsverbot angeordnet werden wird (§ 70 des
Strafgesetzbuches), so kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluß
die Ausübung des Berufs, Berufszweiges,
Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verbieten. 2§ 70 Absatz
3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
(2) 1Das vorläufige Berufsverbot ist aufzuheben, wenn sein Grund
weggefallen ist oder wenn das Gericht im Urteil das
Berufsverbot nicht anordnet.
Zehnter Abschnitt
Vernehmung des Beschuldigten
§ 133 [Ladung]
(1) 1Der Beschuldigte ist zur Vernehmung schriftlich zu laden.
(2) 1Die Ladung kann unter der Androhung geschehen, daß im Falle des Ausbleibens seine Vorführung erfolgen werde.
§ 134 [Vorführung]
(1) 1Die sofortige Vorführung des Beschuldigten kann verfügt
werden, wenn Gründe vorliegen, die den Erlaß eines Haftbefehls
rechtfertigen würden.
(2) 1In dem Vorführungsbefehl ist der Beschuldigte genau zu bezeichnen
und die ihm zur Last gelegte Straftat sowie der Grund
der Vorführung anzugeben.
§ 135 [Sofortige Vernehmung]
1Der Beschuldigte ist unverzüglich dem Richter vorzuführen
und von diesem zu vernehmen. 2Er darf auf Grund des
Vorführungsbefehls nicht länger festgehalten werden als bis
zum Ende des Tages, der dem Beginn der Vorführung folgt.
§ 136 [Erste Vernehmung]
(1) 1Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen,
welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche
Strafvorschriften in Betracht kommen. 2Er ist darauf hinzuweisen, daß
es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der
Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen
und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu
wählenden Verteidiger zu befragen. 3Er ist ferner darüber
zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen
beantragen kann. 4In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch
darauf hingewiesen werden, daß er sich schriftlich äußern
kann.
(2) 1Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen
ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen
und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
(3) 1Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die
Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu
nehmen.
§ 136a [Schutz des Beschuldigten; Verwertungsverbot]
(1) 1Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung
des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch
Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff,
durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch
Täuschung oder durch Hypnose. 2Zwang darf nur angewandt werden,
soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. 3Die
Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme
und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen
Vorteils sind verboten.
(2) 1Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit
des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht
gestattet.
(3) 1Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf
die Einwilligung des Beschuldigten. 2Aussagen, die unter
Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch
dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der
Verwertung zustimmt.
Elfter Abschnitt
Verteidigung
§ 137 [Zulässigkeit der Verteidigung]
(1) 1Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes
eines Verteidigers bedienen. 2Die Zahl der
gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen.
(2) 1Hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Vertreter, so kann auch
dieser selbständig einen Verteidiger wählen. 2Absatz 1
Satz 2 gilt entsprechend.
§ 138 [Rechtsanwälte, Rechtslehrer, andere Personen]
(1) 1Zu Verteidigern können die bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen
Hochschulen gewählt werden.
(2) 1Andere Personen können nur mit Genehmigung des Gerichts und,
wenn der Fall einer notwendigen Verteidigung vorliegt
und der Gewählte nicht zu den Personen gehört, die zu Verteidigern
bestellt werden dürfen, nur in Gemeinschaft mit einer
solchen als Wahlverteidiger zugelassen werden.
§ 138a [Ausschluß eines Verteidigers]
(1) 1Ein Verteidiger ist von der Mitwirkung in einem Verfahren auszuschließen,
wenn er dringend oder in einem die Eröffnung
des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, daß
er
1. an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt
ist,
2. den Verkehr mit dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten
dazu mißbraucht, Straftaten zu begehen oder die
Sicherheit einer Vollzugsanstalt erheblich zu gefährden, oder
3. eine Handlung begangen hat, die für den Fall der Verurteilung
des Beschuldigten Begünstigung, Strafvereitelung oder
Hehlerei wäre.
(2) 1Von der Mitwirkung in einem Verfahren, das eine Straftat nach §
129a des Strafgesetzbuches zum Gegenstand hat, ist ein
Verteidiger auch auszuschließen, wenn bestimmte Tatsachen den
Verdacht begründen, daß er eine der in Absatz 1 Nr. 1 und 2
bezeichneten Handlungen begangen hat oder begeht.
(3) 1Die Ausschließung ist aufzuheben,
1. sobald ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, jedoch nicht allein
deshalb, weil der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt
worden ist,
2. wenn der Verteidiger in einem wegen des Sachverhalts, der zur Ausschließung
geführt hat, eröffneten Hauptverfahren
freigesprochen oder wenn in einem Urteil des Ehren- oder Berufsgerichts
eine schuldhafte Verletzung der Berufspflichten im
Hinblick auf diesen Sachverhalt nicht festgestellt wird,
3. wenn nicht spätestens ein Jahr nach der Ausschließung
wegen des Sachverhalts, der zur Ausschließung geführt hat, das
Hauptverfahren im Strafverfahren oder im ehren- oder berufsgerichtlichen
Verfahren eröffnet oder ein Strafbefehl erlassen
worden ist.
2Eine Ausschließung, die nach Nummer 3 aufzuheben ist, kann befristet,
längstens jedoch insgesamt für die Dauer eines
weiteren Jahres, aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit
oder der besondere Umfang der Sache oder ein
anderer wichtiger Grund die Entscheidung über die Eröffnung
des Hauptverfahrens noch nicht zuläßt.
(4) 1Solange ein Verteidiger ausgeschlossen ist, kann er den Beschuldigten
auch in anderen gesetzlich geordneten Verfahren
nicht verteidigen. 2In sonstigen Angelegenheiten darf er den Beschuldigten,
der sich nicht auf freiem Fuß befindet, nicht
aufsuchen.
(5) 1Andere Beschuldigte kann ein Verteidiger, solange er ausgeschlossen
ist, in demselben Verfahren nicht verteidigen, in
anderen Verfahren dann nicht, wenn diese eine Straftat nach §
129a des Strafgesetzbuches zum Gegenstand haben und die
Ausschließung in einem Verfahren erfolgt ist, das ebenfalls eine
solche Straftat zum Gegenstand hat. 2Absatz 4 gilt
entsprechend.
§ 138b [Ausschluß bei Gefahr für die Sicherheit]
1Von der Mitwirkung in einem Verfahren, das eine der in § 74a
Abs. 1 Nr. 3 und § 120 Abs. 1 Nr. 3 des
Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten oder die Nichterfüllung
der Pflichten nach § 138 des Strafgesetzbuches
hinsichtlich der Straftaten des Landesverrates oder einer Gefährdung
der äußeren Sicherheit nach den §§ 94 bis 96, 97a
und
100 des Strafgesetzbuches zum Gegenstand hat, ist ein Verteidiger auch
dann auszuschließen, wenn auf Grund bestimmter
Tatsachen die Annahme begründet ist, daß seine Mitwirkung
eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland
herbeiführen würde. 2§ 138a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 gilt
entsprechend.
§ 138c [Zuständiges Gericht]
(1) 1Die Entscheidungen nach den §§ 138a und 138b trifft
das Oberlandesgericht. 2Werden im vorbereitenden Verfahren die
Ermittlungen vom Generalbundesanwalt geführt oder ist das Verfahren
vor dem Bundesgerichtshof anhängig, so entscheidet der
Bundesgerichtshof. 3Ist das Verfahren vor einem Senat eines Oberlandesgerichtes
oder des Bundesgerichtshofes anhängig, so
entscheidet ein anderer Senat.
(2) 1Das nach Absatz 1 zuständige Gericht entscheidet nach Erhebung
der öffentlichen Klage bis zum rechtskräftigen Abschluß
des Verfahrens auf Vorlage des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig
ist, sonst auf Antrag der Staatsanwaltschaft. 2Die
Vorlage erfolgt auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen
durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft. 3Soll ein
Verteidiger ausgeschlossen werden, der Mitglied einer Rechtsanwaltskammer
ist, so ist eine Abschrift des Antrages der
Staatsanwaltschaft nach Satz 1 oder die Vorlage des Gerichts dem Vorstand
der zuständigen Rechtsanwaltskammer
mitzuteilen. 4Der Verteidiger kann sich im Verfahren äußern.
(3) 1Das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, kann anordnen,
daß die Rechte des Verteidigers aus den §§ 147 und
148 bis zur Entscheidung des nach Absatz 1 zuständigen Gerichts
über die Ausschließung ruhen; es kann das Ruhen dieser
Rechte auch für die in § 138a Abs. 4 und 5 bezeichneten Fälle
anordnen. 2Vor Erhebung der öffentlichen Klage und nach
rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens trifft die Anordnung
nach Satz 1 das Gericht, das über die Ausschließung des
Verteidigers zu entscheiden hat. 3Die Anordnung ergeht durch unanfechtbaren
Beschluß. 4Für die Dauer der Anordnung hat
das Gericht zur Wahrnehmung der Rechte aus den §§ 147 und
148 einen anderen Verteidiger zu bestellen. 5§ 142 gilt
entsprechend.
(4) 1Legt das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, gemäß
Absatz 2 während der Hauptverhandlung vor, so hat es
zugleich mit der Vorlage die Hauptverhandlung bis zur Entscheidung
durch das nach Absatz 1 zuständige Gericht zu
unterbrechen oder auszusetzen. 2Die Hauptverhandlung kann bis zu dreißig
Tagen unterbrochen werden.
(5) 1Scheidet der Verteidiger aus eigenem Entschluß oder auf Veranlassung
des Beschuldigten von der Mitwirkung in einem
Verfahren aus, nachdem gemäß Absatz 2 der Antrag auf Ausschließung
gegen ihn gestellt oder die Sache dem zur Entscheidung
zuständigen Gericht vorgelegt worden ist, so kann dieses Gericht
das Ausschließungsverfahren weiterführen mit dem Ziel der
Feststellung, ob die Mitwirkung des ausgeschiedenen Verteidigers in
dem Verfahren zulässig ist. 2Die Feststellung der
Unzulässigkeit steht im Sinne der §§ 138a, 138b, 138d
der Ausschließung gleich.
(6) 1Ist der Verteidiger von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen
worden, so können ihm die durch die
Aussetzung verursachten Kosten auferlegt werden. 2Die Entscheidung
hierüber trifft das Gericht, bei dem das Verfahren
anhängig ist.
§ 138d [Verfahren bei Ausschluß eines Verteidigers]
(1) 1Über die Ausschließung des Verteidigers wird nach mündlicher
Verhandlung entschieden.
(2) 1Der Verteidiger ist zu dem Termin der mündlichen Verhandlung
zu laden. 2Die Ladungsfrist beträgt eine Woche; sie kann
auf drei Tage verkürzt werden. 3Die Staatsanwaltschaft, der Beschuldigte
und in den Fällen des § 138c Abs. 2 Satz 3 der
Vorstand der Rechtsanwaltskammer sind von dem Termin zur mündlichen
Verhandlung zu benachrichtigen.
(3) 1Die mündliche Verhandlung kann ohne den Verteidiger durchgeführt
werden, wenn er ordnungsgemäß geladen und in der
Ladung darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit
verhandelt werden kann.
(4) 1In der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten
zu hören. 2Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt
das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. 3Über die
Verhandlung ist eine Niederschrift aufzunehmen; die §§ 271 bis
273
gelten entsprechend.
(5) 1Die Entscheidung ist am Schluß der mündlichen Verhandlung
zu verkünden. 2Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung
spätestens binnen einer Woche zu erlassen.
(6) 1Gegen die Entscheidung, durch die ein Verteidiger aus den in §
138a genannten Gründen ausgeschlossen wird oder die
einen Fall des § 138b betrifft, ist sofortige Beschwerde zulässig.
2Dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer steht ein
Beschwerderecht nicht zu. 3Eine die Ausschließung des Verteidigers
nach § 138a ablehnende Entscheidung ist nicht anfechtbar.
§ 139 [Verteidigung durch Referendar]
1Der als Verteidiger gewählte Rechtsanwalt kann mit Zustimmung
dessen, der ihn gewählt hat, die Verteidigung einem
Rechtskundigen, der die erste Prüfung für den Justizdienst
bestanden hat und darin seit mindestens einem Jahr und drei
Monaten beschäftigt ist, übertragen.
§ 140 [Notwendige Verteidigung]
(1) 1Die Mitwirkung eines Verteidigers ist notwendig, wenn
1. die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht
oder dem Landgericht stattfindet;
2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3. das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4. (aufgehoben)
5. der Beschuldigte sich mindestens drei Monate auf Grund richterlicher
Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer
Anstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der
Hauptverhandlung entlassen wird;
6. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand
des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage
kommt;
7. ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8. der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung
in dem Verfahren ausgeschlossen ist.
(2) 1In anderen Fällen bestellt der Vorsitzende auf Antrag oder
von Amts wegen einen Verteidiger, wenn wegen der Schwere
der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die
Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder
wenn ersichtlich ist, daß sich der Beschuldigte nicht selbst
verteidigen kann, namentlich, weil dem Verletzten nach den §§
397a
und 406g Abs. 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. 2Dem
Antrag eines tauben oder stummen Beschuldigten ist
zu entsprechen.
(3) 1Die Bestellung eines Verteidigers nach Absatz 1 Nr. 5 kann aufgehoben
werden, wenn der Beschuldigte mindestens zwei
Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird.
2Die Bestellung des Verteidigers nach § 117 Abs. 4
bleibt unter den in Absatz 1 Nr. 5 bezeichneten Voraussetzungen für
das weitere Verfahren wirksam, wenn nicht ein anderer
Verteidiger bestellt wird.
§ 141 [Bestellung eines Verteidigers]
(1) 1In den Fällen des § 140 Abs. 1 und 2 wird dem Angeschuldigten,
der noch keinen Verteidiger hat, ein Verteidiger bestellt,
sobald er gemäß § 201 zur Erklärung über
die Anklageschrift aufgefordert worden ist.
(2) 1Ergibt sich erst später, daß ein Verteidiger notwendig ist, so wird er sofort bestellt.
(3) 1Der Verteidiger kann auch schon während des Vorverfahrens
bestellt werden. 2Die Staatsanwaltschaft beantragt dies,
wenn nach ihrer Auffassung in dem gerichtlichen Verfahren die Mitwirkung
eines Verteidigers nach § 140 Abs. 1 oder 2
notwendig sein wird. 3Nach dem Abschluß der Ermittlungen (§
169a) ist er auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu bestellen.
(4) 1Über die Bestellung entscheidet der Vorsitzende des Gerichts,
das für das Hauptverfahren zuständig oder bei dem das
Verfahren anhängig ist.
§ 142 [Auswahl des zu bestellenden Verteidigers]
(1) 1Der zu bestellende Verteidiger wird durch den Vorsitzenden des
Gerichts möglichst aus der Zahl der bei einem Gericht
des Gerichtsbezirks zugelassenen Rechtsanwälte ausgewählt.
2Dem Beschuldigten soll Gelegenheit gegeben werden, innerhalb
einer zu bestimmenden Frist einen Rechtsanwalt zu bezeichnen. 3Der
Vorsitzende bestellt den vom Beschuldigten bezeichneten
Verteidiger, wenn nicht wichtige Gründe entgegenstehen.
(2) 1In den Fällen des § 140 Abs. 1 Nr. 2 und 5 sowie des
§ 140 Abs. 2 können auch Rechtskundige, welche die
vorgeschriebene erste Prüfung für den Justizdienst bestanden
haben und darin seit mindestens einem Jahr und drei Monaten
beschäftigt sind, für den ersten Rechtszug als Verteidiger
bestellt werden, jedoch nicht bei dem Gericht, dessen Richter sie zur
Ausbildung überwiesen sind.
§ 143 [Zurücknahme der Bestellung]
Die Bestellung ist zurückzunehmen, wenn demnächst ein anderer
Verteidiger gewählt wird und dieser die Wahl annimmt.
§ 144 (weggefallen)
§ 145 [Weigerung des Verteidigers]
(1) 1Wenn in einem Falle, in dem die Verteidigung notwendig ist, der
Verteidiger in der Hauptverhandlung ausbleibt, sich
unzeitig entfernt oder sich weigert, die Verteidigung zu führen,
so hat der Vorsitzende dem Angeklagten sogleich einen anderen
Verteidiger zu bestellen. 2Das Gericht kann jedoch auch eine Aussetzung
der Verhandlung beschließen.
(2) 1Wird der notwendige Verteidiger gemäß § 141 Abs.
2 erst im Laufe der Hauptverhandlung bestellt, so kann das Gericht
eine Aussetzung der Verhandlung beschließen.
(3) 1Erklärt der neu bestellte Verteidiger, daß ihm die zur
Vorbereitung der Verteidigung erforderliche Zeit nicht verbleiben
würde, so ist die Verhandlung zu unterbrechen oder auszusetzen.
(4) 1Wird durch die Schuld des Verteidigers eine Aussetzung erforderlich,
so sind ihm die hierdurch verursachten Kosten
aufzuerlegen.
§ 145a [Zustellungen an den Verteidiger]
(1) 1Der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten
befindet, sowie der bestellte Verteidiger gelten als
ermächtigt, Zustellungen und sonstige Mitteilungen für den
Beschuldigten in Empfang zu nehmen.
(2) 1Eine Ladung des Beschuldigten darf an den Verteidiger nur zugestellt
werden, wenn er in einer bei den Akten befindlichen
Vollmacht ausdrücklich zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt
ist. 2§ 116a Abs. 3 bleibt unberührt.
(3) 1Wird eine Entscheidung dem Verteidiger nach Absatz 1 zugestellt,
so wird der Beschuldigte hiervon unterrichtet; zugleich
erhält er formlos eine Abschrift der Entscheidung. 2Wird eine
Entscheidung dem Beschuldigten zugestellt, so wird der
Verteidiger hiervon zugleich unterrichtet, auch wenn eine schriftliche
Vollmacht bei den Akten nicht vorliegt; dabei erhält er
formlos eine Abschrift der Entscheidung.
§ 146 [Gemeinschaftlicher Verteidiger]
1Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte
verteidigen. 2In einem Verfahren kann er auch nicht
gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.
§ 146a [Zurückweisung des Verteidigers]
(1) 1Ist jemand als Verteidiger gewählt worden, obwohl die Voraussetzungen
des § 137 Abs. 1 Satz 2 oder des § 146
vorliegen, so ist er als Verteidiger zurückzuweisen, sobald dies
erkennbar wird; gleiches gilt, wenn die Voraussetzungen des §
146 nach der Wahl eintreten. 2Zeigen in den Fällen des §
137 Abs. 1 Satz 2 mehrere Verteidiger gleichzeitig ihre Wahl an und
wird dadurch die Höchstzahl der wählbaren Verteidiger überschritten,
so sind sie alle zurückzuweisen. 3Über die
Zurückweisung entscheidet das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig
ist oder das für das Hauptverfahren zuständig wäre.
(2) 1Handlungen, die ein Verteidiger vor der Zurückweisung vorgenommen
hat, sind nicht deshalb unwirksam, weil die
Voraussetzungen des § 137 Abs. 1 Satz 2 oder des § 146 vorlagen.
§ 147 [Akteneinsicht des Verteidigers]
(1) 1Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen
oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage
vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke
zu besichtigen.
(2) 1Ist der Abschluß der Ermittlungen noch nicht in den Akten
vermerkt, so kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten
oder einzelne Aktenstücke sowie die Besichtigung der amtlich verwahrten
Beweisstücke versagt werden, wenn sie den
Untersuchungszweck gefährden kann.
(3) 1Die Einsicht in die Niederschriften über die Vernehmung des
Beschuldigten und über solche richterlichen
Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit
gestattet worden ist oder hätte gestattet werden
müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf
dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.
(4) 1Auf Antrag sollen dem Verteidiger, soweit nicht wichtige Gründe
entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der
Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume
oder in seine Wohnung mitgegeben werden. 2Die Entscheidung ist
nicht anfechtbar.
(5) 1Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet während
des vorbereitenden Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im
übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befaßten Gerichts.
(6) 1Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher
entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung
spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. 2Dem Verteidiger
ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur
Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.
§ 148 [Verkehr des Beschuldigten mit dem Verteidiger]
(1) 1Dem Beschuldigten ist, auch wenn er sich nicht auf freiem Fuß
befindet, schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem
Verteidiger gestattet.
(2) 1Befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß und ist
Gegenstand der Untersuchung eine Straftat nach § 129a des
Strafgesetzbuches, so sind Schriftstücke und andere Gegenstände
zurückzuweisen, sofern sich der Absender nicht damit
einverstanden erklärt, daß sie zunächst einem Richter
vorgelegt werden. 2Das gleiche gilt unter den Voraussetzungen des
Satzes 1 für den schriftlichen Verkehr zwischen dem Beschuldigten
und einem Verteidiger in einem anderen gesetzlich
geordneten Verfahren. 3Ist der schriftliche Verkehr nach Satz 1 oder
2 zu überwachen, so sind für das Gespräch zwischen dem
Beschuldigten und dem Verteidiger Vorrichtungen vorzusehen, die die
Übergabe von Schriftstücken und anderen Gegenständen
ausschließen.
§ 148a [Durchführung von Überwachungsmaßnahmen]
(1) 1Für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen
nach § 148 Abs. 2 ist der Richter bei dem Amtsgericht zuständig,
in
dessen Bezirk die Vollzugsanstalt liegt. 2Ist eine Anzeige nach §
138 des Strafgesetzbuches zu erstatten, so sind Schriftstücke
oder andere Gegenstände, aus denen sich die Verpflichtung zur
Anzeige ergibt, vorläufig in Verwahrung zu nehmen; die
Vorschriften über die Beschlagnahme bleiben unberührt.
(2) 1Der Richter, der mit Überwachungsmaßnahmen betraut ist,
darf mit dem Gegenstand der Untersuchung weder befaßt sein
noch befaßt werden. 2Der Richter hat über Kenntnisse, die
er bei der Überwachung erlangt, Verschwiegenheit zu bewahren; §
138 des Strafgesetzbuches bleibt unberührt.
§ 149 [Beistand]
(1) 1Der Ehegatte eines Angeklagten ist in der Hauptverhandlung als
Beistand zuzulassen und auf sein Verlangen zu hören.
2Zeit und Ort der Hauptverhandlung sollen ihm rechtzeitig mitgeteilt
werden.
(2) 1Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten.
(3) 1Im Vorverfahren unterliegt die Zulassung solcher Beistände dem richterlichen Ermessen.
§ 150 (weggefallen)