Vom 16.3.1976, BGBl I S. 581, 2088, 436 (1977)
BGBl III 312-9-1
Zuletzt geändert durch Viertes Gesetz zur Änderung
des Strafvollzugsgesetzes
(4. StrafVollzGÄndG) vom 26.8.1998, BGBl I S.
2461
Erster Abschnitt
Anwendungsbereich
§ 1
Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten
und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung.
Zweiter Abschnitt
Vollzug der Freiheitsstrafe
Erster Titel
Grundsätze
§ 2 Aufgaben des Vollzugs
Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden,
künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen
(Vollzugsziel). 2Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz
der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.
§ 3 Gestaltung des Vollzugs
(1) 1Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen
soweit als möglich angeglichen werden.
(2) 1Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.
(3) 1Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.
§ 4 Stellung des Gefangenen
(1) 1Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner Behandlung und an
der Erreichung des Vollzugszieles mit. 2Seine Bereitschaft hierzu ist zu
wecken und zu fördern.
(2) 1Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen
seiner Freiheit. 2Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält,
dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung
der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der
Ordnung der Anstalt unerläßlich sind.
Zweiter Titel
Planung des Vollzugs
§ 5 Aufnahmeverfahren
(1) 1Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen
sein.
(2) 1Der Gefangene wird über seine Rechte und Pflichten unterrichtet.
(3) 1Nach der Aufnahme wird der Gefangene alsbald ärztlich untersucht und dem Leiter der Anstalt oder der Aufnahmeabteilung vorgestellt.
§ 6 Behandlungsuntersuchung; Beteiligung des Gefangenen
(1) 1Nach dem Aufnahmeverfahren wird damit begonnen, die Persönlichkeit
und die Lebensverhältnisse des Gefangenen zu erforschen. 2Hiervon
kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer
nicht geboten erscheint.
(2) 1Die Untersuchung erstreckt sich auf die Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach seiner Entlassung notwendig ist. 2Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches verurteilt worden sind, ist besonders gründlich zu prüfen, ob die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt angezeigt ist.
(3) 1Die Planung der Behandlung wird mit dem Gefangenen erörtert.
§ 7 Vollzugsplan
(1) 1Auf Grund der Behandlungsuntersuchung (§ 6) wird ein Vollzugsplan
erstellt.
(2) 1Der Vollzugsplan enthält Angaben mindestens über folgende
Behandlungsmaßnahmen:
1. die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,
2. die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt,
3. die Zuweisung zu Wohngruppen und Behandlungsgruppen,
4. den Arbeitseinsatz sowie Maßnahmen der beruflichen Ausbildung
oder Weiterbildung,
5. die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung,
6. besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen,
7. Lockerungen des Vollzugs und
8. notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung.
(3) 1Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren Ergebnissen der Persönlichkeitserforschung in Einklang zu halten. 2Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen.
(4) 1Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind, ist über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt jeweils nach Ablauf von sechs Monaten neu zu entscheiden.
§ 8 Verlegung; Überstellung
(1) 1Der Gefangene kann abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere
für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt
werden,
1. wenn die Behandlung des Gefangenen oder seine Eingliederung nach
der Entlassung hierdurch gefördert wird oder
2. wenn dies aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen
wichtigen Gründen erforderlich ist.
(2) 1Der Gefangene darf aus wichtigem Grund in eine andere Vollzugsanstalt überstellt werden.
§ 9 Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt
(1) 1Ein Gefangener ist in eine sozialtherapeutische Anstalt zu verlegen,
wenn er wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182
des Strafgesetzbuches zu zeitiger Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren
verurteilt worden ist und die Behandlung in einer sozialtherapeutischen
Anstalt nach § 6 Abs. 2 Satz 2 oder § 7 Abs. 4 angezeigt ist.
2Der Gefangene ist zurückzuverlegen, wenn der Zweck der Behandlung
aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen, nicht erreicht
werden kann.
(2) 1Andere Gefangene können mit ihrer Zustimmung in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt werden, wenn die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen der Anstalt zu ihrer Resozialisierung angezeigt sind. 2In diesen Fällen bedarf die Verlegung der Zustimmung des Leiters der sozialtherapeutischen Anstalt.
(3) 1Die §§ 8 und 85 bleiben unberührt.
§ 10 Offener und geschlossener Vollzug
Vgl. auch § 201 Nr. 1, Übergangsbestimmung für bestehende
Anstalten
(1) 1Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder
Abteilung des offenen Vollzugs untergebracht werden, wenn er den besonderen
Anforderungen des offenen Vollzugs genügt und namentlich nicht zu
befürchten ist, daß er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe
entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten
mißbrauchen werde.
(2) 1Im übrigen sind die Gefangenen im geschlossenen Vollzug unterzubringen. 2Ein Gefangener kann auch dann im geschlossenen Vollzug untergebracht oder dorthin zurückverlegt werden, wenn dies zu seiner Behandlung notwendig ist.
§ 11 Lockerungen des Vollzugs
(1) 1Als Lockerung des Vollzugs kann namentlich angeordnet werden,
daß der Gefangene
1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung
unter Aufsicht (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht eines
Vollzugsbediensteten (Freigang) nachgehen darf oder
2. für eine bestimmte Tageszeit die Anstalt unter Aufsicht (Ausführung)
oder ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten (Ausgang) verlassen darf.
(2) 1Diese Lockerungen dürfen mit Zustimmung des Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, daß der Gefangene sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen des Vollzugs zu Straftaten mißbrauchen werde.
§ 12 Ausführung aus besonderen Gründen
Ein Gefangener darf auch ohne seine Zustimmung ausgeführt werden,
wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.
§ 13 Urlaub aus der Haft
(1) 1Ein Gefangener kann bis zu einundzwanzig Kalendertagen in einem
Jahr aus der Haft beurlaubt werden. 2§ 11 Abs. 2 gilt entsprechend.
(2) 1Der Urlaub soll in der Regel erst gewährt werden, wenn der Gefangene sich mindestens sechs Monate im Strafvollzug befunden hat.
(3) 1Ein zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilter Gefangener kann beurlaubt werden, wenn er sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zehn Jahre im Vollzug befunden hat oder wenn er in den offenen Vollzug überwiesen ist.
(4) 1Gefangenen, die sich für den offenen Vollzug eignen, aus besonderen Gründen aber in einer geschlossenen Anstalt untergebracht sind, kann nach den für den offenen Vollzug geltenden Vorschriften Urlaub erteilt werden.
(5) 1Durch den Urlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen.
§ 14 Weisungen; Aufhebung von Lockerungen und Urlaub
(1) 1Der Anstaltsleiter kann dem Gefangenen für Lockerungen und
Urlaub Weisungen erteilen.
(2) 1Er kann Lockerungen und Urlaub widerrufen, wenn
1. er auf Grund nachträglich eingetretener Umstände berechtigt
wäre, die Maßnahmen zu versagen,
2. der Gefangene die Maßnahmen mißbraucht oder
3. der Gefangene Weisungen nicht nachkommt.
Er kann Lockerungen und Urlaub mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen,
wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben.
§ 15 Entlassungsvorbereitung
(1) 1Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Vollzug gelockert werden
(§ 11).
(2) 1Der Gefangene kann in eine offene Anstalt oder Abteilung (§ 10) verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient.
(3) 1Innerhalb von drei Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Sonderurlaub bis zu einer Woche gewährt werden. 2§ 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend.
(4) 1Freigängern (§ 11 Abs. 1 Nr. 1) kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Sonderurlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. 2§ 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend. 3Absatz 3 Satz 1 findet keine Anwendung.
§ 16 Entlassungszeitpunkt
(1) 1Der Gefangene soll am letzten Tag seiner Strafzeit möglichst
frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag entlassen werden.
(2) 1Fällt das Strafende auf einen Sonnabend oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 2. Januar, so kann der Gefangene an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies nach der Länge der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.
(3) 1Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu zwei Tagen vorverlegt werden,
wenn dringende Gründe dafür vorliegen, daß der Gefangene
zu seiner Eingliederung hierauf angewiesen ist.
Dritter Titel
Unterbringung und Ernährung des Gefangenen
§ 17 Unterbringung während der Arbeit und Freizeit
vgl. auch § 201 Nummer 2, Übergangsbestimmung für bestehende
Anstalten.
(1) 1Die Gefangenen arbeiten gemeinsam. 2Dasselbe gilt für Berufsausbildung,
berufliche Weiterbildung sowie arbeitstherapeutische und sonstige Beschäftigung
während der Arbeitszeit.
(2) 1Während der Freizeit können die Gefangenen sich in der Gemeinschaft mit den anderen aufhalten. 2Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen.
(3) 1Die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit
und Freizeit kann eingeschränkt werden,
1. wenn ein schädlicher Einfluß auf andere Gefangene zu
befürchten ist,
2. wenn der Gefangene nach § 6 untersucht wird, aber nicht länger
als zwei Monate,
3. wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert oder
4. wenn der Gefangene zustimmt.
§ 18 Unterbringung während der Ruhezeit
Vgl. auch § 201 Nr. 3, Übergangsbestimmung für bestehende
Anstalten.
(1) 1Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen
untergebracht. 2Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern
ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben
oder Gesundheit eines Gefangenen besteht.
(2) 1Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. 2Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.
§ 19 Ausstattung des Haftraumes durch den Gefangenen und
sein persönlicher Besitz
(1) 1Der Gefangene darf seinen Haftraum in angemessenem Umfang mit
eigenen Sachen ausstatten. 2Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke
von persönlichem Wert werden ihm belassen.
(2) 1Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraumes behindern oder in anderer Weise Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können ausgeschlossen werden.
§ 20 Kleidung
(1) 1Der Gefangene trägt Anstaltskleidung. 2Für die Freizeit
erhält er eine besondere Oberbekleidung.
(2) 1Der Anstaltsleiter gestattet dem Gefangenen, bei einer Ausführung eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, daß er nicht entweichen wird. 2Er kann dies auch sonst gestatten, sofern der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt.
§ 21 Anstaltsverpflegung
1Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich
überwacht. 2Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung
gewährt. 3Dem Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften
seiner Religionsgemeinschaft zu befolgen.
§ 22 Einkauf
(1) 1Der Gefangene kann sich von seinem Hausgeld (§ 47) oder von
seinem Taschengeld (§ 46) aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot
Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen.
2Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und
Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.
(2) 1Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können vom Einkauf ausgeschlossen werden. 2Auf ärztliche Anordnung kann dem Gefangenen der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genußmittel ganz oder teilweise untersagt werden, wenn zu befürchten ist, daß sie seine Gesundheit ernsthaft gefährden. 3In Krankenhäusern und Krankenabteilungen kann der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genußmittel auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden.
(3) 1Verfügt der Gefangene ohne eigenes Verschulden nicht über
Haus- oder Taschengeld, wird ihm gestattet, in angemessenem Umfang vom
Eigengeld einzukaufen.
Vierter Titel
Besuche, Schriftwechsel sowie Urlaub, Ausgang und
Ausführung aus besonderem Anlaß
§ 23 Grundsatz
Der Gefangene hat das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt
im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu verkehren. Der Verkehr mit
Personen außerhalb der Anstalt ist zu fördern.
§ 24 Recht auf Besuch
(1) 1Der Gefangene darf regelmäßig Besuch empfangen. 2Die
Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat. 3Das Weitere
regelt die Hausordnung.
(2) 1Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung des Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht vom Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung des Gefangenen aufgeschoben werden können.
(3) 1Aus Gründen der Sicherheit kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, daß sich der Besucher durchsuchen läßt.
§ 25 Besuchsverbot
Der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen,
1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
2. bei Besuchern, die nicht Angehörige des Gefangenen im Sinne
des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, daß sie
einen schädlichen Einfluß auf den Gefangenen haben oder seine
Eingliederung behindern würden.
§ 26 Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten und
Notaren
Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten oder Notaren
in einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. 2§
24 Abs. 3 gilt entsprechend. 3Eine inhaltliche Überprüfung der
vom Verteidiger mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen
ist nicht zulässig. 4§ 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.
§ 27 Überwachung der Besuche
(1) 1Die Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der
Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden, es sei denn,
es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, daß es der Überwachung
nicht bedarf. 2Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit
dies im Einzelfall aus diesen Gründen erforderlich ist.
(2) 1Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Besucher oder Gefangene gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die auf Grund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen trotz Abmahnung verstoßen. 2Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerläßlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
(3) 1Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht.
(4) 1Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. 2Dies gilt nicht für die bei dem Besuch des Verteidigers übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen sowie für die bei dem Besuch eines Rechtsanwalts oder Notars zur Erledigung einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen; bei dem Besuch eines Rechtsanwalts oder Notars kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden. 3§ 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.
§ 28 Recht auf Schriftwechsel
(1) 1Der Gefangene hat das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden
und zu empfangen.
(2) 1Der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen
untersagen,
1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
2. bei Personen, die nicht Angehörige des Gefangenen im Sinne
des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, daß der
Schriftwechsel einen schädlichen Einfluß auf den Gefangenen
haben oder seine Eingliederung behindern würde.
§ 29 Überwachung des Schriftwechsels
(1) 1Der Schriftwechsel des Gefangenen mit seinem Verteidiger wird
nicht überwacht. 2Liegt dem Vollzug der Freiheitsstrafe eine Straftat
nach § 129a des Strafgesetzbuches zugrunde, gelten § 148 Abs.
2, § 148a der Strafprozeßordnung entsprechend; dies gilt nicht,
wenn der Gefangene sich in einer Einrichtung des offenen Vollzugs befindet
oder wenn ihm Lockerungen des Vollzugs gemäß § 11 Abs.
1 Nr. 1 oder 2 zweiter Halbsatz oder Urlaub gemäß § 13
oder § 15 Abs. 3 gewährt worden sind und ein Grund, der den Anstaltsleiter
nach § 14 Abs. 2 zum Widerruf oder zur Zurücknahme von Lockerungen
und Urlaub ermächtigt, nicht vorliegt. 3Satz 2 gilt auch, wenn gegen
einen Strafgefangenen im Anschluß an die dem Vollzug der Freiheitsstrafe
zugrundeliegende Verurteilung eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat
nach § 129a des Strafgesetzbuches zu vollstrecken ist.
(2) 1Nicht überwacht werden ferner Schreiben des Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, soweit die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. 2Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die Europäische Kommission für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuß zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. 3Schreiben der in den Sätzen 1 und 2 genannten Stellen, die an den Gefangenen gerichtet sind, werden nicht überwacht, sofern die Identität des Absenders zweifelsfrei feststeht.
(3) 1Der übrige Schriftwechsel darf überwacht werden, soweit es aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.
§ 30 Weiterleitung von Schreiben; Aufbewahrung
(1) 1Der Gefangene hat Absendung und Empfang seiner Schreiben durch
die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) 1Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(3) 1Der Gefangene hat eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird; er kann sie verschlossen zu seiner Habe geben.
§ 31 Anhalten von Schreiben
(1) 1Der Anstaltsleiter kann Schreiben anhalten,
1. wenn das Ziel des Vollzugs oder die Sicherheit oder Ordnung der
Anstalt gefährdet würde,
2. wenn die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder
Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
3. wenn sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen
von Anstaltsverhältnissen enthalten,
4. wenn sie grobe Beleidigungen enthalten,
5. wenn sie die Eingliederung eines anderen Gefangenen gefährden
können oder
6. wenn sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne
zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefaßt sind.
(2) 1Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn der Gefangene auf der Absendung besteht.
(3) 1Ist ein Schreiben angehalten worden, wird das dem Gefangenen mitgeteilt. 2Angehaltene Schreiben werden an den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, behördlich verwahrt.
(4) 1Schreiben, deren Überwachung nach § 29 Abs. 1 und 2 ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.
§ 32 Ferngespräche und Telegramme
Dem Gefangenen kann gestattet werden, Ferngespräche zu führen
oder Telegramme aufzugeben. 2Im übrigen gelten für Ferngespräche
die Vorschriften über den Besuch und für Telegramme die Vorschriften
über den Schriftwechsel entsprechend. 3Ist die Überwachung der
fernmündlichen Unterhaltung erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung
dem Gesprächspartner des Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der
Verbindung durch die Vollzugsbehörde oder den Gefangenen mitzuteilen.
4Der Gefangene ist rechtzeitig vor Beginn der fernmündlichen Unterhaltung
über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht
nach Satz 3 zu unterrichten.
§ 33 Pakete
(1) 1Der Gefangene darf dreimal jährlich in angemessenen Abständen
ein Paket mit Nahrungs- und Genußmitteln empfangen. 2Die Vollzugsbehörde
kann Zeitpunkt und Höchstmengen für die Sendung und für
einzelne Gegenstände festsetzen. 3Der Empfang weiterer Pakete oder
solcher mit anderem Inhalt bedarf ihrer Erlaubnis. 4Für den Ausschluß
von Gegenständen gilt § 22 Abs. 2 entsprechend.
(2) 1Pakete sind in Gegenwart des Gefangenen zu öffnen. 2Ausgeschlossene Gegenstände können zu seiner Habe genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. 3Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können, dürfen vernichtet werden. 4Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden dem Gefangenen eröffnet.
(3) 1Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerläßlich ist.
(4) 1Dem Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. 2Die Vollzugsbehörde kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüfen.
§ 34 (weggefallen)
§ 35 Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem
Anlaß
(1) 1Aus wichtigem Anlaß kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen
Ausgang gewähren oder ihn bis zu sieben Tagen beurlauben; der Urlaub
aus anderem wichtigen Anlaß als wegen einer lebensgefährlichen
Erkrankung oder wegen des Todes eines Angehörigen darf sieben Tage
im Jahr nicht übersteigen. 2§ 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und
§ 14 gelten entsprechend.
(2) 1Der Urlaub nach Absatz 1 wird nicht auf den regelmäßigen Urlaub angerechnet.
(3) 1Kann Ausgang oder Urlaub aus den in § 11 Abs. 2 genannten Gründen nicht gewährt werden, kann der Anstaltsleiter den Gefangenen ausführen lassen. 2Die Aufwendungen hierfür hat der Gefangene zu tragen. 3Der Anspruch ist nicht geltend zu machen, wenn dies die Behandlung oder die Eingliederung behindern würde.
§ 36 Gerichtliche Termine
(1) 1Der Anstaltsleiter kann einem Gefangenen zur Teilnahme an einem
gerichtlichen Termin Ausgang oder Urlaub erteilen, wenn anzunehmen ist,
daß er der Ladung folgt und keine Entweichungs- oder Mißbrauchsgefahr
(§ 11 Abs. 2) besteht. 2§ 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend.
(2) 1Wenn ein Gefangener zu einem gerichtlichen Termin geladen ist und Ausgang oder Urlaub nicht gewährt wird, läßt der Anstaltsleiter ihn mit seiner Zustimmung zu dem Termin ausführen, sofern wegen Entweichungs- oder Mißbrauchsgefahr (§ 11 Abs. 2) keine überwiegenden Gründe entgegenstehen. 2Auf Ersuchen eines Gerichts läßt er den Gefangenen vorführen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt.
(3) 1Die Vollzugsbehörde unterrichtet das Gericht über das
Veranlaßte.
Fünfter Titel
Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung
§ 37 Zuweisung
(1) 1Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, Ausbildung und
Weiterbildung dienen insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für eine
Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder
zu fördern.
(2) 1Die Vollzugsbehörde soll dem Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei seine Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen.
(3) 1Geeigneten Gefangenen soll Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden.
(4) 1Kann einem arbeitsfähigen Gefangenen keine wirtschaftlich ergiebige Arbeit oder die Teilnahme an Maßnahmen nach Absatz 3 zugewiesen werden, wird ihm eine angemessene Beschäftigung zugeteilt.
(5) 1Ist ein Gefangener zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, soll er arbeitstherapeutisch beschäftigt werden.
§ 38 Unterricht
(1) 1Für geeignete Gefangene, die den Abschluß der Hauptschule
nicht erreicht haben, soll Unterricht in den zum Hauptschulabschluß
führenden Fächern oder ein der Sonderschule entsprechender Unterricht
vorgesehen werden. 2Bei der beruflichen Ausbildung ist berufsbildender
Unterricht vorzusehen; dies gilt auch für die berufliche Weiterbildung,
soweit die Art der Maßnahme es erfordert.
(2) 1Unterricht soll während der Arbeitszeit stattfinden.
§ 39 Freies Beschäftigungsverhältnis; Selbstbeschäftigung
(1) 1Dem Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung
oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses
außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplanes
dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach
der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht
überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen. 2§ 11 Abs.
1 Nr. 1, Abs. 2 und § 14 bleiben unberührt.
(2) 1Dem Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.
(3) 1Die Vollzugsbehörde kann verlangen, daß ihr das Entgelt zur Gutschrift für den Gefangenen überwiesen wird.
§ 40 Abschlußzeugnis
Aus dem Abschlußzeugnis über eine ausbildende oder weiterbildende
Maßnahme darf die Gefangenschaft eines Teilnehmers nicht erkennbar
sein.
§ 41 Arbeitspflicht
(1) 1Der Gefangene ist verpflichtet, eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen
Fähigkeiten angemessene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige
Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung er auf Grund seines
körperlichen Zustandes in der Lage ist. 2Er kann jährlich bis
zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden,
mit seiner Zustimmung auch darüber hinaus. 3Die Sätze 1 und 2
gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind, und nicht
für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote
zum Schutz erwerbstätiger Mütter bestehen.
(2) 1Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 37 Abs. 3 bedarf der Zustimmung des Gefangenen. 2Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden.
(3) Red. Anmerkung1Die Beschäftigung in einem von privaten Unternehmen
unterhaltenen Betrieb (§ 149 Abs. 4) bedarf der Zustimmung des Gefangenen.
2Der Widerruf der Zustimmung wird erst wirksam, wenn der Arbeitsplatz von
einem anderen Gefangenen eingenommen werden kann, spätestens nach
sechs Wochen.
§ 41 Abs. 3 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt
(§ 198 Abs. 3 und Abs. 4).
§ 42 Freistellung von der Arbeitspflicht
(1) 1Hat der Gefangene ein Jahr lang zugewiesene Tätigkeit nach
§ 37 oder Hilfstätigkeiten nach § 41 Abs. 1 Satz 2 ausgeübt,
so kann er beanspruchen, achtzehn Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt
zu werden. 2Zeiten, in denen der Gefangene infolge Krankheit an seiner
Arbeitsleistung verhindert war, werden auf das Jahr bis zu sechs Wochen
jährlich angerechnet.
(2) 1Auf die Zeit der Freistellung wird Urlaub aus der Haft (§§ 13, 35) angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes eines Angehörigen erteilt worden ist.
(3) 1Der Gefangene erhält für die Zeit der Freistellung seine zuletzt gezahlten Bezüge weiter.
(4) 1Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des StrafVollzugs bleiben unberührt.
§ 43 Arbeitsentgelt
(1) 1Übt der Gefangene eine zugewiesene Arbeit, sonstige Beschäftigung
oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Absatz 1 Satz 2 aus, so erhält
er ein Arbeitsentgelt. 2Der Bemessung des Arbeitsentgelts ist der in §
200 bestimmte Satz der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten
Buches Sozialgesetzbuch zugrunde zu legen (Eckvergütung). 3Ein Tagessatz
ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt
kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(2) 1Das Arbeitsentgelt kann je nach der Leistung des Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 275 vom Hundert der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen des Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.
(3) 1Übt ein Gefangener zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhält er ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht.
(4) 1Das Arbeitsentgelt ist dem Gefangenen schriftlich bekanntzugeben.
§ 44 Ausbildungsbeihilfe
(1) 1Nimmt der Gefangene an einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung
oder an einem Unterricht teil und ist er zu diesem Zweck von seiner Arbeitspflicht
freigestellt, so erhält er eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihm keine
Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem
Anlaß gewährt werden. 2Der Nachrang der Sozialhilfe nach §
2 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes wird nicht berührt.
(2) 1Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt § 43 Abs. 1 und 2 entsprechend.
(3) 1Nimmt der Gefangene während der Arbeitszeit stunden- oder tageweise am Unterricht oder an anderen zugewiesenen Maßnahmen gemäß § 37 Abs. 3 teil, so erhält er in Höhe des ihm dadurch entgehenden Arbeitsentgelts eine Ausbildungsbeihilfe.
§ 45 Ausfallentschädigung
§ 45 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt (§
198 Abs. 3).
(1) 1Kann einem arbeitsfähigen Gefangenen aus Gründen, die
nicht in seiner Person liegen, länger als eine Woche eine Arbeit oder
Beschäftigung im Sinne des § 37 Abs. 4 nicht zugewiesen werden,
erhält er eine Ausfallentschädigung.
(2) 1Wird ein Gefangener nach Beginn der Arbeit oder Beschäftigung infolge Krankheit länger als eine Woche an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so erhält er ebenfalls eine Ausfallentschädigung. 2Gleiches gilt für Gefangene, die eine Ausbildungsbeihilfe nach § 44 oder Ausfallentschädigung nach Absatz 1 bezogen haben.
(3) 1Werdende Mütter, die eine Arbeit oder Beschäftigung im Sinne des § 37 nicht verrichten, erhalten Ausfallentschädigung in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung und bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zu zwölf Wochen nach der Entbindung.
(4) 1Die Ausfallentschädigung darf 60 vom Hundert der Eckvergütung nach § 43 Abs. 1 nur dann unterschreiten, wenn der Gefangene das Mindestentgelt des § 43 Abs. 2 vor der Arbeitslosigkeit oder Krankheit nicht erreicht hat.
(5) 1Ausfallentschädigung wird unbeschadet der Regelung nach Absatz 3 insgesamt bis zur Höchstdauer von sechs Wochen jährlich gewährt. 2Eine weitere Ausfallentschädigung wird erst gewährt, wenn der Gefangene erneut wenigstens ein Jahr Arbeitsentgelt oder Ausbildungsbeihilfe bezogen hat.
(6) 1Soweit der Gefangene nach § 566 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung Übergangsgeld erhält, ruht der Anspruch auf Ausfallentschädigung.
§ 46 Taschengeld
§ 46 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt (§
198 Abs. 3). Bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes gilt die
Übergangsfassung gemäß § 199 Abs. 2 Nr. 1.
Wenn ein Gefangener wegen Alters oder Gebrechlichkeit nicht mehr arbeitet
oder ihm eine Ausfallentschädigung nicht oder nicht mehr gewährt
wird, erhält er ein angemessenes Taschengeld, falls er bedürftig
ist. 2Gleiches gilt für Gefangene, die für eine Beschäftigung
nach § 37 Abs. 5 kein Arbeitsentgelt erhalten.
§ 47 Hausgeld
§ 47 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt (§
198 Abs. 3). Bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes gilt die
Übergangsfassung gemäß § 199 Abs. 2 Nr. 2.
(1) 1Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen
mindestens dreißig Deutsche Mark monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld
(§ 46) für den Einkauf (§ 22 Abs. 1) oder anderweit verwenden.
(2) 1Der Mindestbetrag des Hausgeldes erhöht sich um jeweils zehn vom Hundert der dreihundert Deutsche Mark übersteigenden monatlichen Bezüge. 2Die Vollzugsbehörde kann höhere Beträge von der Höhe des Überbrückungsgeldes abhängig machen.
(3) 1Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.
§ 48 Rechtsverordnung
Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen
mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mit Zustimmung
des Bundesrates zur Durchführung der §§ 43 bis 45 Rechtsverordnungen
über die Vergütungsstufen zu erlassen.
§ 49 Unterhaltsbeitrag
§ 49 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt (§
198 Abs. 3).
(1) 1Auf Antrag des Gefangenen ist zur Erfüllung einer gesetzlichen
Unterhaltspflicht aus seinen Bezügen an den Berechtigten oder einen
Dritten ein Unterhaltsbeitrag zu zahlen.
(2) 1Reichen die Einkünfte des Gefangenen nach Abzug des Hausgeldes und des Unterhaltsbeitrages nicht aus, um den Haftkostenbeitrag zu begleichen, so wird ein Unterhaltsbeitrag nur bis zur Höhe des nach § 850c der Zivilprozeßordnung unpfändbaren Betrages gezahlt. 2Bei der Bemessung des nach Satz 1 maßgeblichen Betrages wird die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen um eine vermindert.
§ 50 Haftkostenbeitrag
§ 50 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt (§
198 Abs. 3). Bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes gilt die
Übergangsfassung gemäß § 199 Abs. 2 Nr. 3.
(1) 1Von den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und von den Bezügen
der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis
stehen (§ 39 Abs. 1), darf ein Haftkostenbeitrag in Höhe des
Betrages einbehalten werden, der nach § 160 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung
durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. 2Der
Bundesminister der Justiz stellt den Durchschnittsbetrag für jedes
Kalenderjahr nach den am 1. Oktober des vorhergehenden Jahres geltenden
Bewertungen der Sachbezüge fest und macht ihn im Bundesanzeiger bekannt.
3Der Haftkostenbeitrag darf auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge,
jedoch nicht zu Lasten des Hausgeldes oder des Unterhaltsbeitrages angesetzt
werden.
(2) 1Die Selbstbeschäftigung (§ 39 Abs. 2) kann davon abhängig gemacht werden, daß der Gefangene den Haftkostenbeitrag monatlich im voraus entrichtet.
§ 51 Überbrückungsgeld
(1) 1Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen
der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis
stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen
(§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das
den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten
für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.
(2) 1Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. 2Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. 4Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.
(3) 1Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.
(4) 1Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. 2Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. 3Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.
(5) 1Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. 2Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf.
§ 52 Eigengeld
Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag,
Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen
werden, sind dem Gefangenen zum Eigengeld gutzuschreiben.
Sechster Titel
Religionsausübung
§ 53 Seelsorge
(1) 1Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger
seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. 2Auf seinen Wunsch ist
ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung
zu treten.
(2) 1Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. 2Sie dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden.
(3) 1Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
§ 54 Religiöse Veranstaltungen
(1) 1Der Gefangene hat das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen
Veranstaltungen seines Bekenntnisses teilzunehmen.
(2) 1Zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft wird der Gefangene zugelassen, wenn deren Seelsorger zustimmt.
(3) 1Der Gefangene kann von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 55 Weltanschauungsgemeinschaften
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die
§§ 53 und 54 entsprechend.
Siebter Titel
Gesundheitsfürsorge
§ 56 Allgemeine Regeln
(1) 1Für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen
ist zu sorgen. 2§ 101 bleibt unberührt.
(2) 1Der Gefangene hat die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.
§ 57 Gesundheitsuntersuchungen, medizinische Vorsorgeleistungen
(1) 1Gefangene, die das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet
haben, haben jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung
zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung
von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit.
(2) 1Gefangene haben höchstens einmal jährlich Anspruch auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen, Frauen frühestens vom Beginn des zwanzigsten Lebensjahres an, Männer frühestens vom Beginn des fünfundvierzigsten Lebensjahres an.
(3) 1Voraussetzung für die Untersuchungen nach den Absätzen
1 und 2 ist, daß
1. es sich um Krankheiten handelt, die wirksam behandelt werden können,
2. das Vor- oder Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnostische
Maßnahmen erfaßbar ist,
3. die Krankheitszeichen medizinisch-technisch genügend eindeutig
zu erfassen sind,
4. genügend Ärzte und Einrichtungen vorhanden sind, um die
aufgefundenen Verdachtsfälle eingehend zu diagnostizieren und zu behandeln.
(4) 1Gefangene Frauen haben für ihre Kinder, die mit ihnen in der Vollzugsanstalt untergebracht sind, bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die die körperliche oder geistige Entwicklung ihrer Kinder in nicht geringfügigem Maße gefährden.
(5) 1Gefangene, die das vierzehnte, aber noch nicht das zwanzigste Lebensjahr vollendet haben, können sich zur Verhütung von Zahnerkrankungen einmal in jedem Kalenderhalbjahr zahnärztlich untersuchen lassen. 2Die Untersuchungen sollen sich auf den Befund des Zahnfleisches, die Aufklärung über Krankheitsursachen und ihre Vermeidung, das Erstellen von diagnostischen Vergleichen zur Mundhygiene, zum Zustand des Zahnfleisches und zur Anfälligkeit gegenüber Karieserkrankungen, auf die Motivation und Einweisung bei der Mundpflege sowie auf Maßnahmen zur Schmelzhärtung der Zähne erstrecken.
(6) 1Gefangene haben Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung
mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,
1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich
zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
2. einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes
entgegenzuwirken oder
3. Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.
§ 58 Krankenbehandlung
Gefangene haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig
ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. 2Die Krankenbehandlung
umfaßt insbesondere
1. ärztliche Behandlung,
2. zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung
mit Zahnersatz,
3. Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
4. medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation sowie
Belastungserprobung und Arbeitstherapie, soweit die Belange des Vollzugs
dem nicht entgegenstehen.
§ 59 Versorgung mit Hilfsmitteln
1Gefangene haben Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen,
Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln,
die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung
zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, sofern dies nicht mit Rücksicht
auf die Kürze des Freiheitsentzugs ungerechtfertigt ist und soweit
die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen
Lebens anzusehen sind. 2Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung,
Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung
in ihrem Gebrauch, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.
3Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen besteht nur bei einer
Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien. 4Anspruch
auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht nur in medizinisch zwingend erforderlichen
Ausnahmefällen.
§ 60 Krankenbehandlung im Urlaub
Während eines Urlaubs oder Ausgangs hat der Gefangene gegen die
Vollzugsbehörde nur einen Anspruch auf Krankenbehandlung in der für
ihn zuständigen Vollzugsanstalt.
§ 61 Art und Umfang der Leistungen
Für die Art der Gesundheitsuntersuchungen und medizinischen Vorsorgeleistungen
sowie für den Umfang dieser Leistungen und der Leistungen zur Krankenbehandlung
einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln gelten die entsprechenden
Vorschriften des Sozialgesetzbuchs und die auf Grund dieser Vorschriften
getroffenen Regelungen.
§ 62 Zuschüsse zu Zahnersatz und Zahnkronen
Die Landesjustizverwaltungen bestimmen durch allgemeine Verwaltungsvorschriften
die Höhe der Zuschüsse zu den Kosten der zahnärztlichen
Behandlung und der zahntechnischen Leistungen bei der Versorgung mit Zahnersatz.
2Sie können bestimmen, daß die gesamten Kosten übernommen
werden.
§ 62a Ruhen der Ansprüche
Der Anspruch auf Leistungen nach den §§ 57 bis 59 ruht, solange
der Gefangene auf Grund eines freien Beschäftigungsverhältnisses
(§ 39 Absatz 1) krankenversichert ist.
§ 63 Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung
1Mit Zustimmung des Gefangenen soll die Vollzugsbehörde ärztliche
Behandlung, namentlich Operationen oder prothetische Maßnahmen durchführen
lassen, die seine soziale Eingliederung fördern. 2Er ist an den Kosten
zu beteiligen, wenn dies nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen
gerechtfertigt ist und der Zweck der Behandlung dadurch nicht in Frage
gestellt wird.
§ 64 Aufenthalt im Freien
Arbeitet ein Gefangener nicht im Freien, so wird ihm täglich mindestens
eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dies
zu der festgesetzten Zeit zuläßt.
§ 65 Verlegung
(1) 1Ein kranker Gefangener kann in ein Anstaltskrankenhaus oder in
eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt
verlegt werden.
(2) 1Kann die Krankheit eines Gefangenen in einer Vollzugsanstalt oder
einem Anstaltskrankenhaus nicht erkannt oder behandelt werden oder ist
es nicht möglich, den Gefangenen rechtzeitig in ein Anstaltskrankenhaus
zu verlegen, ist dieser in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs
zu bringen. 2Ist während des Aufenthalts des Gefangenen in einem Krankenhaus
die Strafvollstreckung unterbrochen worden, hat der Versicherte nach den
Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf die erforderlichen
LeistungenRed. Anmerkung.
§ 65 Abs. 2 Satz 2 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft
gesetzt (§ 198 Abs. 3).
§ 66 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall
(1) 1Wird ein Gefangener schwer krank, so ist ein Angehöriger,
eine Person seines Vertrauens oder der gesetzliche Vertreter unverzüglich
zu benachrichtigen. 2Dasselbe gilt, wenn ein Gefangener stirbt.
(2) 1Dem Wunsch des Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen,
soll nach Möglichkeit entsprochen werden.
Achter Titel
Freizeit
§ 67 Allgemeines
Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich in seiner Freizeit zu beschäftigen.
2Er soll Gelegenheit erhalten, am Unterricht einschließlich Sport,
an Fernunterricht, Lehrgängen und sonstigen Veranstaltungen der Weiterbildung,
an Freizeitgruppen, Gruppengesprächen sowie an Sportveranstaltungen
teilzunehmen und eine Bücherei zu benutzen.
§ 68 Zeitungen und Zeitschriften
(1) 1Der Gefangene darf Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem
Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen.
(2) 1Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung
mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. 2Einzelne Ausgaben oder Teile
von Zeitungen oder Zeitschriften können dem Gefangenen vorenthalten
werden, wenn sie das Ziel des Vollzugs oder die Sicherheit oder Ordnung
der Anstalt erheblich gefährden würden.
§ 69 Hörfunk und Fernsehen
(1) 1Der Gefangene kann am Hörfunkprogramm der Anstalt sowie am
gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. 2Die Sendungen sind so auszuwählen,
daß Wünsche und Bedürfnisse nach staatsbürgerlicher
Information, Bildung und Unterhaltung angemessen berücksichtigt werden.
3Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt
oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung
der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerläßlich ist.
(2) 1Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte werden unter den Voraussetzungen des § 70 zugelassen.
§ 70 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung
(1) 1Der Gefangene darf in angemessenem Umfang Bücher und andere
Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen.
(2) 1Dies gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die
Benutzung des Gegenstands
1. mit Strafe oder Geldbuße bedroht wäre oder
2. das Ziel des Vollzugs oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt
gefährden würde.
(3) 1Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 widerrufen
werden.
Neunter Titel
Soziale Hilfe
§ 71 Grundsatz
Der Gefangene kann die soziale Hilfe der Anstalt in Anspruch nehmen,
um seine persönlichen Schwierigkeiten zu lösen. 2Die Hilfe soll
darauf gerichtet sein, den Gefangenen in die Lage zu versetzen, seine Angelegenheiten
selbst zu ordnen und zu regeln.
§ 72 Hilfe bei der Aufnahme
(1) 1Bei der Aufnahme wird dem Gefangenen geholfen, die notwendigen
Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen
und seine Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen.
(2) 1Der Gefangene ist über die Aufrechterhaltung einer Sozialversicherung zu beraten.
§ 73 Hilfe während des Vollzugs
Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte
und Pflichten wahrzunehmen, namentlich sein Wahlrecht auszuüben sowie
für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und einen durch seine Straftat
verursachten Schaden zu regeln.
§ 74 Hilfe zur Entlassung
Um die Entlassung vorzubereiten, ist der Gefangene bei der Ordnung
seiner persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten
zu beraten. 2Die Beratung erstreckt sich auch auf die Benennung der für
Sozialleistungen zuständigen Stellen. 3Dem Gefangenen ist zu helfen,
Arbeit, Unterkunft und persönlichen Beistand für die Zeit nach
der Entlassung zu finden.
§ 75 Entlassungsbeihilfe
(1) 1Der Gefangene erhält, soweit seine eigenen Mittel nicht ausreichen,
von der Anstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie eine Überbrückungsbeihilfe
und erforderlichenfalls ausreichende Kleidung.
(2) 1Bei der Bemessung der Höhe der Überbrückungsbeihilfe sind die Dauer des Freiheitsentzuges, der persönliche Arbeitseinsatz des Gefangenen und die Wirtschaftlichkeit seiner Verfügungen über Eigengeld und Hausgeld während der Strafzeit zu berücksichtigen. 2§ 51 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. 3Die Überbrückungsbeihilfe kann ganz oder teilweise auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.
(3) 1Der Anspruch auf Beihilfe zu den Reisekosten und die ausgezahlte
Reisebeihilfe sind unpfändbar. 2Für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe
und für Bargeld nach Auszahlung einer Überbrückungsbeihilfe
an den Gefangenen gilt § 51 Abs. 4 Satz 1 und 3, Abs. 5 entsprechend.
Zehnter Titel
Besondere Vorschriften für den Frauenstrafvollzug
§ 76 Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft
(1) 1Bei einer Schwangeren oder einer Gefangenen, die unlängst
entbunden hat, ist auf ihren Zustand Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften
des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mutter über die Gestaltung
des Arbeitsplatzes sind entsprechend anzuwenden.
(2) 1Die Gefangene hat während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung und auf Hebammenhilfe in der Vollzugsanstalt. 2Zur ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft gehören insbesondere Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft sowie Vorsorgeuntersuchungen einschließlich der laborärztlichen Untersuchungen.
(3) 1Zur Entbindung ist die Schwangere in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. 2Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt, so ist die Entbindung in einer Vollzugsanstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen. 3Bei der Entbindung wird Hilfe durch eine Hebamme und, falls erforderlich, durch einen Arzt gewährt.
§ 77 Arznei-, Verband- und Heilmittel
Bei Schwangerschaftsbeschwerden und im Zusammenhang mit der Entbindung
werden Arznei-, Verband- und Heilmittel geleistet.
§ 78 Art, Umfang und Ruhen der Leistungen bei Schwangerschaft
und Mutterschaft
Die §§ 60, 61, 62a und 65 gelten für die Leistungen
nach den §§ 76 und 77 entsprechend.
§ 79 Geburtsanzeige
In der Anzeige der Geburt an den Standesbeamten dürfen die Anstalt
als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis des Anzeigenden
zur Anstalt und die Gefangenschaft der Mutter nicht vermerkt sein.
§ 80 Mütter mit Kindern
(1) 1Ist das Kind einer Gefangenen noch nicht schulpflichtig, so kann
es mit Zustimmung des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts in der
Vollzugsanstalt untergebracht werden, in der sich seine Mutter befindet,
wenn dies seinem Wohl entspricht. 2Vor der Unterbringung ist das Jugendamt
zu hören.
(2) 1Die Unterbringung erfolgt auf Kosten des für das Kind Unterhaltspflichtigen.
2Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann abgesehen werden,
wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind gefährdet
würde.
Elfter Titel
Sicherheit und Ordnung
§ 81 Grundsatz
(1) 1Das Verantwortungsbewußtsein des Gefangenen für ein
geordnetes Zusammenleben in der Anstalt ist zu wecken und zu fördern.
(2) 1Die Pflichten und Beschränkungen, die dem Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, daß sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und den Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 82 Verhaltensvorschriften
(1) 1Der Gefangene hat sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit,
Freizeit, Ruhezeit) zu richten. 2Er darf durch sein Verhalten gegenüber
Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete
Zusammenleben nicht stören.
(2) 1Der Gefangene hat die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen, auch wenn er sich durch sie beschwert fühlt. Einen ihm zugewiesenen Bereich darf er nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(3) 1Seinen Haftraum und die ihm von der Anstalt überlassenen Sachen hat er in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) 1Der Gefangene hat Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 83 Persönlicher Gewahrsam; Eigengeld
(1) 1Der Gefangene darf nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen,
die ihm von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen
werden. 2Ohne Zustimmung darf er Sachen von geringem Wert von einem anderen
Gefangenen annehmen; die Vollzugsbehörde kann Annahme und Gewahrsam
auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(2) 1Eingebrachte Sachen, die der Gefangene nicht in Gewahrsam haben darf, sind für ihn aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. 2Geld wird ihm als Eigengeld gutgeschrieben. 3Dem Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, seine Sachen, die er während des Vollzugs und für seine Entlassung nicht benötigt, abzusenden oder über sein Eigengeld zu verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.
(3) 1Weigert sich ein Gefangener, eingebrachtes Gut, dessen Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Anstalt zu verbringen, so ist die Vollzugsbehörde berechtigt, diese Gegenstände auf Kosten des Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.
(4) 1Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, dürfen von der Vollzugsbehörde vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.
§ 84 Durchsuchung
(1) 1Gefangene, ihre Sachen und die Hafträume dürfen durchsucht
werden. 2Die Durchsuchung männlicher Gefangener darf nur von Männern,
die Durchsuchung weiblicher Gefangener darf nur von Frauen vorgenommen
werden. 3Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) 1Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. 2Sie darf bei männlichen Gefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. 3Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. 4Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) 1Der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, daß Gefangene bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchern und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.
§ 85 Sichere Unterbringung
Ein Gefangener kann in eine Anstalt verlegt werden, die zu seiner sicheren
Unterbringung besser geeignet ist, wenn in erhöhtem Maß Fluchtgefahr
gegeben ist oder sonst sein Verhalten oder sein Zustand eine Gefahr für
die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt.
§ 86 Erkennungsdienstliche Maßnahmen
(1) 1Zur Sicherung des Vollzugs sind als erkennungsdienstliche Maßnahmen
zulässig
1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken,
2. die Aufnahme von Lichtbildern,
3. die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale,
4. Messungen.
(2) 1Die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen werden zu den Gefangenenpersonalakten genommen. 2Sie können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden. 3Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nur für die in Absatz 1, § 87 Abs. 2 und § 180 Abs. 2 Nr. 4 genannten Zwecke verarbeitet und genutzt werden.
(3) 1Personen, die aufgrund des Absatzes 1 erkennungsdienstlich behandelt worden sind, können nach der Entlassung aus dem Vollzug verlangen, daß die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen mit Ausnahme von Lichtbildern und der Beschreibung von körperlichen Merkmalen vernichtet werden, sobald die Vollstreckung der richterlichen Entscheidung, die dem Vollzug zugrunde gelegen hat, abgeschlossen ist. 2Sie sind über dieses Recht bei der erkennungsdienstlichen Behandlung und bei der Entlassung aufzuklären.
§ 87 Festnahmerecht
(1) 1Ein Gefangener, der entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis
außerhalb der Anstalt aufhält, kann durch die Vollzugsbehörde
oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Anstalt zurückgebracht
werden.
(2) 1Nach § 86 Abs. 1 erhobene und nach § 179 erhobene und zur Identifizierung oder Festnahme erforderliche Daten dürfen den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme des entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltenden Gefangenen erforderlich ist.
§ 88 Besondere Sicherungsmaßnahmen
(1) 1Gegen einen Gefangenen können besondere Sicherungsmaßnahmen
angeordnet werden, wenn nach seinem Verhalten oder auf Grund seines seelischen
Zustandes in erhöhtem Maß Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten
gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstverletzung
besteht.
(2) 1Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
2. die Beobachtung bei Nacht,
3. die Absonderung von anderen Gefangenen,
4. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende
Gegenstände und
6. die Fesselung.
(3) 1Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1, 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) 1Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Absatzes 1 in erhöhtem Maß Fluchtgefahr besteht.
(5) 1Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert.
§ 89 Einzelhaft
(1) 1Die unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen (Einzelhaft) ist
nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person des Gefangenen
liegen, unerläßlich ist.
(2) 1Einzelhaft von mehr als drei Monaten Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. 2Diese Frist wird nicht dadurch unterbrochen, daß der Gefangene am Gottesdienst oder an der Freistunde teilnimmt.
§ 90 Fesselung
In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den
Füßen angelegt werden. 2Im Interesse des Gefangenen kann der
Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen. 3Die Fesselung wird
zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.
§ 91 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen
(1) 1Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter
an. 2Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete der Anstalt
diese Maßnahmen vorläufig anordnen. 3Die Entscheidung des Anstaltsleiters
ist unverzüglich einzuholen.
(2) 1Wird ein Gefangener ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet sein seelischer Zustand den Anlaß der Maßnahme, ist vorher der Arzt zu hören. 2Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird seine Stellungnahme unverzüglich eingeholt.
§ 92 Ärztliche Überwachung
(1) 1Ist ein Gefangener in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht
oder gefesselt (§ 88 Abs. 2 Nr. 5 und 6), so sucht ihn der Anstaltsarzt
alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. 2Dies gilt nicht
bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung
oder eines Transportes (§ 88 Abs. 4).
(2) 1Der Arzt ist regelmäßig zu hören, solange einem Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird.
§ 93 Ersatz von Aufwendungen
(1) 1Der Gefangene ist verpflichtet, der Vollzugsbehörde Aufwendungen
zu ersetzen, die er durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige
Selbstverletzung oder Verletzung eines anderen Gefangenen verursacht hat.
2Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Red. Anmerkung 1Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch der den Mindestbetrag übersteigende Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.
(3) 1Für die in Absatz 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(4) 1Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 genannten
Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Behandlung des Gefangenen
oder seine Eingliederung behindert würde.
§ 93 Abs. 2 wird durch besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt
(§ 198 Abs. 3). Bis zum Inkrafttreten des besonderen Bundesgesetzes
gilt die Übergangsfassung gemäß § 199 Abs. 2 Nummer
4.
Zwölfter Titel
Unmittelbarer Zwang
§ 94 Allgemeine Voraussetzungen
(1) 1Bedienstete der Justizvollzugsanstalten dürfen unmittelbaren
Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig
durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht
werden kann.
(2) 1Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(3) 1Das Recht zu unmittelbarem Zwang auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 95 Begriffsbestimmungen
(1) 1Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen
durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) 1Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) 1Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln.
(4) 1Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schußwaffen sowie Reizstoffe.
§ 96 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) 1Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des
unmittelbaren Zwanges sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen
und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) 1Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 97 Handeln auf Anordnung
(1) 1Wird unmittelbarer Zwang von einem Vorgesetzten oder einer sonst
befugten Person angeordnet, sind Vollzugsbedienstete verpflichtet, ihn
anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde
oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) 1Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. 2Befolgt der Vollzugsbedienstete sie trotzdem, trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, daß dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) 1Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung hat der Vollzugsbedienstete dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. 2Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an einen Vorgesetzten (§ 38 Abs. 2 und 3 des Beamtenrechtsrahmengesetzes) sind nicht anzuwenden.
§ 98 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. 2Die Androhung darf nur
dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer
Zwang sofort angewendet werden muß, um eine rechtswidrige Tat, die
den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine
gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 99 Allgemeine Vorschriften für den Schußwaffengebrauch
(1) 1Schußwaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere
Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits erfolglos waren oder
keinen Erfolg versprechen. 2Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig,
wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird.
(2) 1Schußwaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten gebrauchen und nur, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. 2Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) 1Der Gebrauch von Schußwaffen ist vorher anzudrohen. 2Als Androhung gilt auch ein Warnschuß. 3Ohne Androhung dürfen Schußwaffen nur dann gebraucht werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
§ 100 Besondere Vorschriften für den Schußwaffengebrauch
(1) 1Gegen Gefangene dürfen Schußwaffen gebraucht werden,
1. wenn sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug
trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen,
2. wenn sie eine Meuterei (§ 121 des Strafgesetzbuches) unternehmen
oder
3. um ihre Flucht zu vereiteln oder um sie wiederzuergreifen.
2Um die Flucht aus einer offenen Anstalt zu vereiteln, dürfen
keine Schußwaffen gebraucht werden.
(2) 1Gegen andere Personen dürfen Schußwaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen.
§ 101 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
(1) 1Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung
sind zwangsweise nur bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für
die Gesundheit des Gefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer
Personen zulässig; die Maßnahmen müssen für die Beteiligten
zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder
Gesundheit des Gefangenen verbunden sein. 2Zur Durchführung der Maßnahmen
ist die Vollzugsbehörde nicht verpflichtet, solange von einer freien
Willensbestimmung des Gefangenen ausgegangen werden kann.
(2) 1Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Falle des Absatzes 1 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.
(3) 1Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung
eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster
Hilfe für den Fall, daß ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar
und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist.
Dreizehnter Titel
Disziplinarmaßnahmen
§ 102 Voraussetzungen
(1) 1Verstößt ein Gefangener schuldhaft gegen Pflichten,
die ihm durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind,
kann der Anstaltsleiter gegen ihn Disziplinarmaßnahmen anordnen.
(2) 1Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, den Gefangenen zu verwarnen.
(3) 1Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
§ 103 Arten der Disziplinarmaßnahmen
(1) 1Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind:
1. Verweis,
2. die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über
das Hausgeld und des Einkaufs bis zu drei Monaten,
3. die Beschränkung oder der Entzug des Lesestoffs bis zu zwei
Wochen sowie des Hörfunk- und Fernsehempfangs bis zu drei Monaten;
der gleichzeitige Entzug jedoch nur bis zu zwei Wochen,
4. die Beschränkung oder der Entzug der Gegenstände für
eine Beschäftigung in der Freizeit oder der Teilnahme an gemeinschaftlichen
Veranstaltungen bis zu drei Monaten,
5. die getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier
Wochen,
6. (weggefallen)
7. der Entzug der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung bis zu
vier Wochen unter Wegfall der in diesem Gesetz geregelten Bezüge,
8. die Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb
der Anstalt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten,
9. Arrest bis zu vier Wochen.
(2) 1Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(3) 1Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
(4) 1Die Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 3 bis 8 sollen möglichst nur angeordnet werden, wenn die Verfehlung mit den zu beschränkenden oder zu entziehenden Befugnissen im Zusammenhang steht. 2Dies gilt nicht bei einer Verbindung mit Arrest.
§ 104 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen; Aussetzung
zur Bewährung
(1) 1Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) 1Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) 1Wird die Verfügung über das Hausgeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen.
(4) 1Wird der Verkehr des Gefangenen mit Personen außerhalb der Anstalt eingeschränkt, ist ihm Gelegenheit zu geben, dies einer Person, mit der er im Schriftwechsel steht oder die ihn zu besuchen pflegt, mitzuteilen. 2Der Schriftwechsel mit den in § 29 Abs. 1 und 2 genannten Empfängern, mit Gerichten und Justizbehörden in der Bundesrepublik sowie mit Rechtsanwälten und Notaren in einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache bleibt unbeschränkt.
(5) 1Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. 2Der Gefangene kann in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muß, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse des Gefangenen aus den §§ 19, 20, 22, 37, 38, 68 bis 70.
§ 105 Disziplinarbefugnis
(1) 1Disziplinarmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. 2Bei
einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Anstalt zum Zwecke der Verlegung
ist der Leiter der Bestimmungsanstalt zuständig.
(2) 1Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung des Gefangenen gegen den Anstaltsleiter richtet.
(3) 1Disziplinarmaßnahmen, die gegen einen Gefangenen in einer anderen Vollzugsanstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. 2§ 104 Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 106 Verfahren
(1) 1Der Sachverhalt ist zu klären. 2Der Gefangene wird gehört.
3Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung
des Gefangenen wird vermerkt.
(2) 1Bei schweren Verstößen soll der Anstaltsleiter sich vor der Entscheidung in einer Konferenz mit Personen besprechen, die bei der Behandlung des Gefangenen mitwirken. 2Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen einen Gefangenen, der sich in ärztlicher Behandlung befindet, oder gegen eine Schwangere oder eine stillende Mutter ist der Anstaltsarzt zu hören.
(3) 1Die Entscheidung wird dem Gefangenen vom Anstaltsleiter mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefaßt.
§ 107 Mitwirkung des Arztes
(1) 1Bevor der Arrest vollzogen wird, ist der Arzt zu hören. 2Während
des Arrestes steht der Gefangene unter ärztlicher Aufsicht.
(2) 1Der Vollzug des Arrestes unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn
die Gesundheit des Gefangenen gefährdet würde.
Vierzehnter Titel
Rechtsbehelfe
§ 108 Beschwerderecht
(1) 1Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich mit Wünschen,
Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die ihn selbst
betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden. 2Regelmäßige
Sprechstunden sind einzurichten.
(2) 1Besichtigt ein Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt,
so ist zu gewährleisten, daß ein Gefangener sich in
Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an ihn wenden kann.
(3) 1Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.
§ 109 Antrag auf gerichtliche Entscheidung
(1) 1Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten
auf dem Gebiet des StrafVollzugs kann gerichtliche
Entscheidung beantragt werden. 2Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung
zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen
Maßnahme begehrt werden.
(2) 1Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig,
wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder
ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(3) 1Das Landesrecht kann vorsehen, daß der Antrag erst nach vorausgegangenem
Verwaltungsvorverfahren gestellt werden
kann.
§ 110 Zuständigkeit
Über den Antrag entscheidet die Strafvollstreckungskammer, in
deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.
2Durch die Entscheidung in einem Verwaltungsvorverfahren nach §
109 Abs. 3 ändert sich die Zuständigkeit der
Strafvollstreckungskammer nicht.
§ 111 Beteiligte
(1) 1Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens sind
1. der Antragsteller,
2. die Vollzugsbehörde, die die angefochtene Maßnahme angeordnet
oder die beantragte abgelehnt oder unterlassen hat.
(2) 1In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof
ist Beteiligte nach Absatz 1 Nr. 2 die
zuständige Aufsichtsbehörde.
§ 112 Antragsfrist; Wiedereinsetzung
(1) 1Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher
Bekanntgabe der Maßnahme oder ihrer
Ablehnung schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle
des Gerichts gestellt werden. 2Soweit ein
Verwaltungsvorverfahren (§ 109 Abs. 3) durchzuführen ist,
beginnt die Frist mit der Zustellung oder schriftlichen Bekanntgabe
des Widerspruchsbescheides.
(2) 1War der Antragsteller ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten,
so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand zu gewähren.
(3) 1Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall
des Hindernisses zu stellen. 2Die Tatsachen zur
Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren
über den Antrag glaubhaft zu machen. 3Innerhalb der
Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. 4Ist
dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne
Antrag gewährt werden.
(4) 1Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der
Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig, außer wenn der
Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich
war.
§ 113 Vornahmeantrag
(1) 1Wendet sich der Antragsteller gegen das Unterlassen einer Maßnahme,
kann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung
nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme der
Maßnahme gestellt werden, es sei denn, daß eine frühere
Anrufung des Gerichts wegen besonderer Umstände des Falles geboten
ist.
(2) 1Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß die beantragte
Maßnahme noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das
Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. 2Die Frist
kann verlängert werden. 3Wird die beantragte
Maßnahme in der gesetzten Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit
in der Hauptsache erledigt.
(3) 1Der Antrag nach Absatz 1 ist nur bis zum Ablauf eines Jahres seit
der Stellung des Antrags auf Vornahme der Maßnahme
zulässig, außer wenn die Antragstellung vor Ablauf der Jahresfrist
infolge höherer Gewalt unmöglich war oder unter den
besonderen Verhältnissen des Einzelfalles unterblieben ist.
§ 114 Aussetzung der Maßnahme
(1) 1Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende
Wirkung.
(2) 1Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung
eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert
wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem
sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. 2Das Gericht kann auch eine
einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. 3Die Entscheidungen
sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht
jederzeit geändert oder aufgehoben werden.
(3) 1Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.
§ 115 Gerichtliche Entscheidung
(1) 1Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch
Beschluß.
(2) 1Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch
in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die
Maßnahme und, soweit ein Verwaltungsvorverfahren vorhergegangen
ist, den Widerspruchsbescheid auf. 2Ist die Maßnahme
schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie
die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen
hat, soweit die Sache spruchreif ist.
(3) 1Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder
anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die
Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein
berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(4) 1Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig
und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten
verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde
aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn
die Sache spruchreif ist. 2Anderenfalls spricht es die Verpflichtung
aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts zu bescheiden.
(5) 1Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem
Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme
oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen
Grenzen des Ermessens überschritten sind oder
von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
Weise Gebrauch gemacht ist.
§ 116 Rechtsbeschwerde
(1) 1Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer
ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten
ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) 1Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß
die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.
Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig
angewendet worden ist.
(3) 1Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. 2§ 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) 1Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung
über die Beschwerde entsprechend, soweit
dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
§ 117 Zuständigkeit für die Rechtsbeschwerde
Über die Rechtsbeschwerde entscheidet ein Strafsenat des Oberlandesgerichts,
in dessen Bezirk die
Strafvollstreckungskammer ihren Sitz hat.
§ 118 Form; Frist; Begründung
(1) 1Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung
angefochten wird, binnen eines Monats nach
Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. 2In dieser
Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit
die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. 3Die
Anträge sind zu begründen.
(2) 1Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung
wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder
wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. 2Ersterenfalls
müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen
angegeben werden.
(3) 1Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer
von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zur
Niederschrift der Geschäftsstelle tun.
§ 119 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde
(1) 1Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch
Beschluß.
(2) 1Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge
und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens
gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der
Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.
(3) 1Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf
keiner Begründung, wenn der Strafsenat die
Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich
unbegründet erachtet.
(4) 1Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird,
ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. 2Der Strafsenat
kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die
Sache spruchreif ist. 3Sonst ist die Sache zur neuen
Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
(5) 1Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.
§ 120 Entsprechende Anwendung anderer Vorschriften
(1) 1Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, sind die
Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend
anzuwenden.
(2) 1Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
§ 121 Kosten des Verfahrens
(1) 1In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu
bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen zu tragen sind.
(2) 1Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt,
trägt er die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen. 2Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung
nach Absatz 1 in anderer Weise als durch
Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über
die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen
nach billigem Ermessen.
(3) 1Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.
(4) 1Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.
(5) 1Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109 ff.
kann auch ein den fünffachen Tagessatz der Eckvergütung nach
§ 43
Abs. 1 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch
genommen werden.
Fünfzehnter Titel
Strafvollstreckung und Untersuchungshaft
§ 122
(1) 1Wird Untersuchungshaft zum Zwecke der Strafvollstreckung unterbrochen
oder wird gegen einen Strafgefangenen in anderer Sache Untersuchungshaft
angeordnet, so unterliegt der Gefangene abweichend von § 4 Abs. 2
auch denjenigen Beschränkungen seiner Freiheit, die der Zweck der
Untersuchungshaft erfordert. 2Die notwendigen Maßnahmen ordnet der
nach § 126 der Strafprozeßordnung zuständige Richter an.
3§ 119 Abs. 6 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.
(2) 1§ 148 Abs. 2, § 148a der Strafprozeßordnung sind
anzuwenden.
Sechzehnter Titel
Sozialtherapeutische Anstalten
§ 123 Sozialtherapeutische Anstalten und Abteilungen
(1) 1Für den Vollzug nach § 9 sind von den übrigen Vollzugsanstalten
getrennte sozialtherapeutische Anstalten vorzusehen.
(2) 1Aus besonderen Gründen können auch sozialtherapeutische Abteilungen in anderen Vollzugsanstalten eingerichtet werden. Für diese Abteilungen gelten die Vorschriften über die sozialtherapeutische Anstalt entsprechend.
§ 124 Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung
(1) 1Der Anstaltsleiter kann dem Gefangenen zur Vorbereitung der Entlassung
Sonderurlaub bis zu sechs Monaten gewähren. § 11 Absatz 2 und
§ 13 Abs. 5 gelten entsprechend.
(2) 1Dem Beurlaubten sollen für den Urlaub Weisungen erteilt werden. 2Er kann insbesondere angewiesen werden, sich einer von der Anstalt bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen und jeweils für kurze Zeit in die Anstalt zurückzukehren.
(3) 1§ 14 Abs. 2 gilt entsprechend. 2Der Urlaub wird widerrufen, wenn dies für die Behandlung des Gefangenen notwendig ist.
§ 125 Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
(1) 1Ein früherer Gefangener kann auf seinen Antrag vorübergehend
wieder in die sozialtherapeutische Anstalt aufgenommen werden, wenn das
Ziel seiner Behandlung gefährdet und ein Aufenthalt in der Anstalt
aus diesem Grunde gerechtfertigt ist. 2Die Aufnahme ist jederzeit widerruflich.
(2) 1Gegen den Aufgenommenen dürfen Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden.
(3) 1Auf seinen Antrag ist der Aufgenommene unverzüglich zu entlassen.
§ 126 Nachgehende Betreuung
Die Zahl der Fachkräfte für die sozialtherapeutische Anstalt
ist so zu bemessen, daß auch eine nachgehende Betreuung der Gefangenen
gewährleistet ist, soweit diese anderweitig nicht sichergestellt werden
kann.
§§ 127 bis 128 (aufgehoben)